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Moneyguard: Ricardo nimmt Stellung zu Treuhand-Funktion
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Moneyguard: Ricardo nimmt Stellung zu Treuhand-Funktion

Mit dem Service Moneyguard will Ricardo verhindern können, dass Käufer ihre Ware bezahlen, aber nicht erhalten. Die Nutzung bedeutet aber Zusatzkosten – für viele Nutzer der Plattform ein Reizthema.
21. Januar 2025

     

Das Online-Auktionshaus Ricardo.ch der Swiss Marketplace Group (SMG) hat mit Moneyguard Ende 2023 einen Service eingeführt, der Betrug unterbinden und damit die Nutzerschaft schützen soll. Wenn die Funktion beim Kauf aktiviert ist, wird der bezahlte Betrag von Ricardo zurückgehalten und erst dann an den Verkäufer ausgezahlt, wenn der Nutzer den Erhalt der Ware bestätigt hat. Grundsätzlich ist das natürlich sinnvoll, die Kunden kritisieren aber, dass Ricardo damit die Gebühren im Verkaufsprozess – einmal mehr – erhöht.

Die neuen Gebühren für Moneyguard betragen zwischen 2 und 5 Prozent des Verkaufspreises (abhängig vom Preis), mindestens werden aber 50 Rappen fällig, wenn der Dienst aktiviert ist. Diese Kosten fallen zusätzlich zu den Gebühren an, die sich Ricardo für einen erfolgreichen Verkauf bereits nimmt, was je nach Kategorie zwischen 8 und 12 Prozent sind. Für einen PC, der für 1000 Franken verkauft wird, nimmt sich Ricardo also 120 Franken Erfolgsprovision und neu nochmal 20 bis 50 Franken für den Käuferschutz. Diese Gebühren, so Ricardo, würden genutzt, um die Kosten für die Dienstleistung und für die Schlichtung bei allfälligen Streitigkeiten zu decken sowie für die Weiterentwicklung des Moneyguard-Dienstes.

Wenig überraschend stösst das vielen Nutzern sauer auf. Mehrere Medienplattformen, darunter das SRF-Konsumentenmagazin "Espresso" und "Beobachter" berichteten bereits von schlechten Feedbacks, etwa auf der Bewertungsplattform Trustpilot. Die Nutzer sprechen von Abzocke und wenden dem Marktplatz den Rücken zu.

Opt-in/-out

Dass es sich, wie den genannten Medienberichten zu entnehmen war, um eine Vielzahl Nutzer handelt, die ein Problem mit Moneyguard haben, sieht Ricardo anders: Moneyguard werde grundsätzlich sehr gut aufgenommen, es sei aber möglich, "dass es in Einzelfällen zu Verwirrung gekommen ist, was die Nutzung von Moneyguard betrifft", so eine Ricardo-Sprecherin. Neue Funktionen könnten Unsicherheiten auslösen und die Kommunikation sei möglicherweise nicht klar genug gewesen, wie es weiter heisst. Weiter höre man aktiv auf Nutzer-Feedback und passe die Services stetig an. "Eine solche Anpassung war beispielsweise, dass Moneyguard für Käufer als freiwillige Option zur Verfügung steht", so Ricardo.

"Freiwillig" ist zwar korrekt, einen Wermutstropfen gibt’s aber: Moneyguard ist bei Artikeln unter 1500 Franken, die mit Paketversand verschickt werden und via Debit-/Kreditkarte oder Twint bezahlt werden, per Default aktiv. Die Option wird beim Kauf zwar inklusive Kosten transparent angezeigt, muss aber doch aktiv abgewählt werden. Ricardo sagt auf Anfrage, dass man sowohl Opt-in als auch Opt-out ausgiebig getestet habe und dies "keinen grundlegenden Einfluss auf die Akzeptanz" des Dienstes gehabt habe. Falls verfügbar, so die Plattform, nutzen 70 Prozent der Käufer den Schutz denn auch.

Die Obergrenze von 1500 Franken soll übrigens demnächst erhöht werden. Ricardo gibt an, dass bereits mit der bestehenden Obergrenze 99 Prozent aller Käufe, die über Paketversand verschickt werden, mit Moneyguard abgesichert werden können. Mit der zeitnahen Erhöhung auf 5000 Franken sollen nahezu 100 Prozent der via Paket verschickten Käufe abgedeckt werden.

Daten und Geld machen Umweg über Holland

Ein Dorn im Auge ist vielen Nutzern auch, dass das Geld nicht von Ricardo selbst oder einem anderen Schweizer Unternehmen eingezogen und gehalten wird, sondern von einem niederländischen Dienstleister namens Ayden. Die Daten zum Kauf werden damit auch mit Ayden geteilt, das Geld erhält der Verkäufer letztlich aus Holland.

Der Grund für die Wahl von Ayden laut dem Marktplatz: "Schweizer Anbieter von vergleichbaren Lösungen konnten die Anforderungen von Ricardo nicht innerhalb einer akzeptablen Frist erfüllen." Ayden hingegen sei ein etablierter Anbieter, zu dessen Kundenkreis etwa Booking, Spotify und On gehören. Auf die Fragen nach der Datensicherheit antwortet Ricardo, dass nur für die Zahlungsabwicklung nötige Daten gesammelt würden und ergänzt: "Sämtliche Daten werden verschlüsselt übertragen und nur für die notwendige Zahlungsabwicklung verwendet." (win)


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Kommentare
Ricardos Einführung von MoneyGuard zeigt deutlich, wie wenig das Unternehmen die Bedürfnisse und Wünsche seiner langjährigen Nutzer versteht. Die angeblich "freiwillige" Nutzung ist irreführend, da Käufer aktiv die voreingestellte Option abwählen müssen – ein klarer Versuch, den Dienst durch die Hintertür zu erzwingen. Zweifelhafte Nutzerzahlen: Die oft zitierten "70 Prozent der Käufer, die MoneyGuard nutzen", sind äusserst fragwürdig. Ich bin selbst seit Jahren aktiver Nutzer der Plattform, und seid mir der MoneyGuard-Dienst aufgezwungen wurde ist mir noch niemand begegnet, der MoneyGuard freiwillig gewählt hätte – ausser möglicherweise versehentlich. Diese Statistik wirkt wie ein Taschenspielertrick, um die Akzeptanz höher darzustellen, als sie tatsächlich ist. Unfaire Gebührenstruktur: MoneyGuard belastet Verkäufer zusätzlich, obwohl Ricardo bereits hohe Erfolgsprovisionen von bis zu 12 Prozent verlangt. Die Gebühren von 2 bis 5 Prozent kommen obendrauf und sind besonders bei niedrigpreisigen Artikeln unverhältnismässig. Es ist untragbar, dass Verkäufer – insbesondere private Anbieter – unter den zusätzlichen Kosten und Rücksendungen leiden, die das «Zalando»-System fördert. Ein Affront gegen den Schweizer Finanzplatz: Es ist genau genommen ein Schlag ins Gesicht des Schweizer Finanzplatzes, dass Ricardo den Zahlungsdienst nicht mit einem Schweizer Anbieter, sondern mit einem niederländischen Unternehmen (Ayden) abwickelt. Die Argumentation, dass Schweizer Anbieter die Anforderungen nicht rechtzeitig erfüllen konnten, ist kaum glaubhaft und lässt Zweifel an Ricardos Prioritäten aufkommen. Die Tatsache, dass Schweizer Kundendaten nun durch Holland gehen, verstärkt die Skepsis nur noch weiter. Ein unausgereiftes System: Die Nutzererfahrung von MoneyGuard ist beidseits – für Käufer und Verkäufer – eher eine Belastung als ein Fortschritt. Der angebliche Schutz bringt hauptsächlich Verwirrung und unnötige Komplikationen in den Verkaufsprozess. Rücksendungen, Streitigkeiten und Frustrationen häufen sich (man lese all die negative Kritik auf auf TrustPilot, Google etc), was deutlich zeigt, dass das System nicht durchdacht ist. Fazit: Ricardo sollte sich darauf konzentrieren, echte Mehrwerte zu schaffen, anstatt halbfertige Dienste aufzuzwingen. MoneyGuard könnte eine sinnvolle Option sein, aber nur, wenn sie wirklich freiwillig bleibt (es würden ja nach Angaben von Ricardo ja 70% ohnehin sich für MoneyGuard entscheiden ;-)). Vielleicht könnte man ja auch nur neue Ricardo Nutzende die wenig Bewertungen haben, für einen bestimmten Moment zu MoneyGuard verpflichten und nicht einfach alle langjährige Nutzer unter Generalverdacht stellen. Es wäre an der Zeit, das Vertrauen der vielen unzufriedenen Nutzer in Ricardo wiederherzustellen. Dazu gehört, gemachte Fehler einzugestehen, den MoneyGuard-Dienst entweder einzustellen oder vollständig freiwillig zu machen. Ferner könnte sich Ricardo bei den MoneyGuard geschädigten Kunden entschuldigen.
Donnerstag, 23. Januar 2025, secondhand-kultur



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