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Digitalisierung beim Bund: 'Einfach zu warten, was Europa macht, reicht nicht'
Quelle: Bundeskanzlei / Béatrice Devènes

Digitalisierung beim Bund: "Einfach zu warten, was Europa macht, reicht nicht"

Der Bundesrat hat drei Strategiepapiere veröffentlicht, welche das Vorgehen und die Prioritäten in der Digitalisierung beim Bund regeln und steuern. Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI), geht ins Detail.
17. Januar 2024

     

Der Bundesrat hat Anfang Dezember 2023 drei Strategiepapiere zur Digitalisierung publiziert. Dies sind die Dachstrategie "Digitale Schweiz 2024" sowie die beiden Strategien "Digitale Verwaltung Schweiz 2024-2027" und "Digitale Bundesverwaltung". Wir haben Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI) und Leiter des gleichnamigen Bereichs der Bundeskanzlei, getroffen, um die Digitalisierungsstrategie des Bundes im Detail zu durchleuchten. Markwalder zeichnet in seiner Rolle sowohl für die Dachstrategie als auch für die Strategie "Digitale Bundesverwaltung" verantwortlich.

"Swiss IT Magazine": Herr Markwalder, Sie sind neben Ihrer Position bei der Bundekanzlei auch einfach ein Schweizer Bürger. Als solcher: Welche Schulnote geben Sie dem Bund für die verfügbaren Behördenleistungen?


Daniel Markwalder: Bezogen auf die digitalen Behördenleistungen: eine 4,3.

Das ist erstaunlich nahe an "genügend". Gibt es spezifische Leistungen, die Sie in Ihrer Rolle als Bürger vermissen?

Ich brauche in meinem Alltag als Bürger nicht besonders viele Leistungen des Bundes. Aber in der Summe glaube ich schon, dass wir noch Handlungsbedarf auf allen Ebenen haben. Ich würde also aktuell eine knappe, aufgerundete 4,5 geben und bin tatsächlich streng.
"Man muss einen Mittelweg finden zwischen zentraler Führung und der notwendigen Fachnähe."

Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI)
Lassen Sie uns erst einen Schritt zurück machen, bevor wir auf die Details der Digitalisierung beim Bund eingehen: Man wird den Eindruck nicht los, dass Digitalisierung bei den Behörden ein Flickenteppich ist. IT-Themen werden zwischen verschiedenen Ämtern, Kantonen und Gemeinden aufgeteilt. Dabei sollte man doch an einem Strang ziehen. Haben Sie eine sinnvolle Erklärung für diese Fragmentierung?

Digitalisierung ist ein Querschnittsthema und damit wie kein anderes alldurchdringend. Daher ist es für mich naheliegend, dass man das nicht einfach an eine einzelne Einheit oder gar eine Person abtreten kann. Es gibt Themen, die man gemeinsam angehen sollte und es gibt Themen, bei denen es eine Vereinheitlichung braucht – insbesondere bei Standards. Hier gibt es ein Spannungsfeld. Man muss einen Mittelweg finden zwischen zentraler Führung und der notwendigen Fachnähe.


Bei der Vorbereitung für dieses Gespräch musste ich feststellen, dass ich gewisse Themenblöcke gar nicht mit Ihnen besprechen kann, sondern mich dafür etwa beim VBS melden müsste. Aber mal ehrlich: Wenn man das Organigramm für die Digitalisierung im Bund anschaut – fehlt da nicht ganz oben jemand? Im Kontext der jüngsten Bundesratswahlen wurde etwa mal wieder über ein Departement für Digitalisierung fantasiert.

Das hat natürlich zunächst etwas – wir haben auch keine parlamentarische Digitalisierungskommission. Daher werde ich in meiner Rolle auch in die verschiedensten Kommissionen eingeladen. Das ist nicht unbedingt schlecht. Es gibt zwar Themen, bei denen muss man zentral Standards bestimmen. Ein guter Vergleich ist etwa die Spurbreite der Eisenbahn – die muss in allen Kantonen gleich sein und jemand muss sie definieren. Andererseits ist die erwähnte Fachnähe entscheidend. Nehmen wir das Beispiel Digitalisierung im Gesundheitswesen, das auch ein Fokusthema der Strategie Digitale Schweiz für 2023 war: Hier muss klar die Fachverantwortung der Motor des Vorhabens sein. Das kann man nicht einfach zentral verordnen. Diese Spannung nur in die eine oder andere Richtung aufzulösen, ist in meinen Augen nicht möglich. Es braucht beide Standbeine – die fachnahe Verantwortung sowie übergreifende Standards und Governance. Hier kommen wir von DTI ins Spiel.

Können Sie uns einen Überblick über die heutigen Verantwortungen verschaffen?

Seit nun drei Jahren gibt es den Bereich DTI der Bundeskanzlei als zentrale, koordinierende Stelle. Weiter haben wir einige wichtige Strukturen geschaffen – beispielsweise einen neuen Bundesratsausschuss, der sich um Digitalisierung kümmert. Dazu gibt es einen Digitalisierungsrat, der die angesprochene Fachnähe einbringt. Im Digitalisierungsrat sind Verantwortliche aller Departemente vertreten. Die Generalsekretärenkonferenz hat ebenfalls Aufgaben in der Digitalisierung und der Bundeskanzler legt zum Beispiel die Schlüsselprojekte fest und entscheidet, wenn es im digitalen Bereich unter den Departementen Differenzen gibt. Der Bundesrat schlägt derweil die grossen Pflöcke in der Digitalisierung ein, soll sich aber nicht um Details kümmern müssen. Dieses System und die Verordnung für digitale Transformation (VDTI) gibt es ebenfalls seit drei Jahren. Die Digitale Verwaltung Schweiz ist derweil für die Koordination und Förderung der digitalen Transformation zwischen und innerhalb der verschiedenen Staatsebenen zuständig. Und das neue Bundesamt für Cybersicherheit (BACS), ehemals NCSC, ist für die Cybersecurity zuständig.
Wir treffen uns heute vor allem, um über die drei neuen Digitalisierungsstrategien zu sprechen, die der Bundesrat beschlossen hat. Das sind die übergeordnete Dachstrategie "Digitale Schweiz 2024", dazu die Strategien "Digitale Verwaltung Schweiz 2024-2027" und "Digitale Bundesverwaltung". Seit wann gibt es diese in der heutigen Form?

Die Strategie Digitale Schweiz wurde vor einem Jahr neu organisiert, die anderen beiden Strategien sind ganz neu. Aber darf ich erst nochmal kurz auf meine Schulnote vom Anfang zurückkommen?


Bitte.

Ich stehe zur genannten 4,3 – hier sind wir heute. Aber wir haben viel aufgegleist, haben Rahmenbedingungen geschaffen, über die wir gleich noch sprechen werden. Wenn das alles aufgeht, was wir uns vorgenommen haben, sind wir deutlich besser. Meine Prognose ist also optimistischer als die aktuelle Note.

Ende Jahr sind wir also bei einer 5,0?

Ich würde sagen, Ende 2024 sind wir auf einer 4,6. Wenn dann später mit der staatlichen E-ID ein weiterer wichtiger Baustein da ist, geht es weiter aufwärts.

Lassen Sie uns eine Auslegeordnung machen und gleich mit der Dachstrategie "Digitale Schweiz 2024" beginnen. Diese dreht sich um die drei Fokusthemen Cybersicherheit, KI-Regulierung und elektronische Schnittstellen (APIs).

Die Strategie war früher relativ umfassend, wir haben radikal fokussiert und haben sie auf zwei A4-Seiten eingedampft. Die Strategie hat zwei zentrale Funktionen: Zum einen sollen Themen angestossen und gezielt gefördert werden – das sind die von Ihnen genannten drei Fokusthemen.
"Cybersicherheit war auch schon vor Xplain und Concevis auf unserem Radar."

Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI)
Und die zweite Funktion?

Es gibt in der Digitalisierung viele Themen und wie schon erwähnt durchaus Handlungsbedarf. Die zweite Funktion ist die Definition von fünf Wirkungsbereichen, die den ganzen Digitalisierungsraum ausleuchten sollen und uns als Cockpit fürs Monitoring dienen. Diese fünf Wirkungsbereiche sind Bildung, Infrastruktur, Rahmenbedingungen, Sicherheit und Behördenleistungen. Wenn wir merken, dass wir in einem dieser Bereiche ins Hintertreffen geraten, kann im kommenden Jahr ein Fokusthema dazu definiert werden, um ihm einen grösseren Push zu geben. Zusammengefasst: Das Modell für die Strategie Digitale Schweiz ist, dass man jedes Jahr Fokusthemen aufgleisen und anstossen kann und gleichzeitig die Wirkungsbereiche als Radar genutzt werden.


Für das Vorantreiben dieser Themen gibt es einen öffentlichen Aktionsplan. Dieser besteht aus Förderprogrammen, Leitlinien, WTO-Verhandlungen, aber auch aus Sensibilisierungskampagnen in Form von Comic-Strips und vielem mehr. Das fühlt sich an, wie ein zusammengewürfelter Dschungel aus Massnahmen. Wird das zentral koordiniert oder fällt da einfach jemandem eine Massnahme ein und dann hofft man, dass dafür Gelder gesprochen werden?

Der Eindruck des Dschungels ist nicht ganz falsch – der Aktionsplan ist ein Wald mit vielen Bäumen. Der Aktionsplan ist aber nicht an Gelder gekoppelt, sondern wir wollen sichtbar machen, was alles in einem Wirkungsbereich läuft. Wir haben den Anspruch, die Übersicht zu behalten: Wir beurteilen diese Massnahmen und greifen auch ein, wenn es da etwa Doppelspurigkeiten gäbe. Auch sorgen wir dafür, dass speziell zu den definierten Fokusthemen entsprechende Aktionen existieren und schreiten ein, falls etwas vernachlässigt wird.

Im 2024 sollen nun die genannten drei Fokusthemen Cybersicherheit, KI-Regulierung und APIs angestossen und gefördert werden. Wie gehen Sie das nun an?

Zwei davon – Cybersicherheit und KI-Regulierung – muss man kaum begründen. Ersteres war auch schon vor Xplain und Concevis auf unserem Radar. In der Cybersicherheit wird einiges unternommen, wie etwa die Stärkung der Strukturen, indem das NCSC nun zum Bundesamt für Cybersicherheit wird. Das Hauptanliegen für 2024 sind die Stärkung der Sicherheit und das Schaffen der notwendigen Aufmerksamkeit in der Bundesverwaltung. Ausserdem steht die Einführung der Meldepflicht von Cybervorfällen für die Betreiber kritischer Infrastrukturen an.
KI-Regulierung ist derweil deutlich abstrakter.

Auch KI ist, vergleichbar zur Digitalisierung selbst, ein Thema, das in fast allen Bereichen Einzug halten wird – das gilt für Bildung, Forschung und für die Praxis. Mit der aktuellen Strategie Digitale Schweiz möchten wir erreichen, dass Klarheit geschaffen wird für die Verwendung von KI-Systemen. Der Hype um die Regulierung wird unter Umständen etwas zurückgehen, da viele Bereiche bereits in anderen Gesetzen adressiert werden. Aber KI ist mit Sicherheit ein Gamechanger und für die Digitalisierung in der Schweiz ist die Rechtssicherheit sehr wichtig. Einfach zu warten, was Europa macht, reicht nicht. Das Ziel dieses Jahr ist daher auch die Klärung der Frage, was wir wirklich regeln müssen und was nicht.


Das dritte Thema – einheitliche APIs und die damit einhergehende Kompatibilität – ist aus Sicht eines IT-Kundigen im Prinzip eine Selbstverständlichkeit. Was steht hinter dem Schritt, das in die Strategie aufzunehmen?

Hier braucht es mehr Überzeugungsarbeit, vermutlich weil es sich um ein gegen aussen nicht so sichtbares Thema handelt. Sowohl für die Digitalisierung der Bundeverwaltung als auch nach aussen sind Schnittstellen jedoch fundamental, besonders im Spannungsfeld zwischen zentralen und dezentralen Verantwortungsbereichen in der Digitalisierung. Denn wenn es die einheitlichen Schnittstellen gibt, ist viel mehr Dezentralität und damit Fachnähe möglich: Die Anwendungen können sich voll auf ihre eigenen Funktionalitäten und Daten konzentrieren. Alles andere soll weiterverwendet werden.

Wo steht man hier heute?

Es gibt die vom Bundesamt für Statistik betriebene Interoperabilitätsplattform I14Y, mit der die Ämter ihre API publizieren sollen. Wir merken aber: Es passiert noch zu wenig.

Wie ist das zu verstehen – wird das einfach nicht genutzt?

Die Verantwortlichen in den Departementen haben zwar bestätigt, dass Schnittstellen wichtig sind, aber bis die Anwendungen konsequent mit nutzbaren Schnittstellen gebaut und auf der Plattform publiziert werden, ist es noch ein langer Weg. Das liegt teilweise auch an den langen Lebenszyklen der Anwendungen.
"Bis die Anwendungen konsequent mit nutzbaren Schnittstellen gebaut und auf der Plattform publiziert werden, ist es noch ein langer Weg."

Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI)
Florian Schütz, Leiter des NCSC und neu Direktor des Bundesamtes für Cybersicherheit, sagte mir Mitte 2023, dass die grosse Autonomie der Bundesämter "so gewünscht" sei. Und schon sind wir wieder beim Thema Fragmentierung respektive zentrale Verantwortung. Wieso beharrt man auch im Kontext der Digitalisierung auf diesem Gärtli-Denken?

Erstens ist es urmenschlich, zweitens wird es von unserer Struktur befördert. Ich bin aber vielleicht etwas optimistischer und sage, dass der gute Wille eigentlich da wäre.


Trotzdem: Das klingt nach einem klassischen "Haben wir schon immer so gemacht"-Problem.

Die Verwaltungseinheiten bauen die Anwendungen, die sie brauchen. Das ist an sich verständlich. Dass Funktionalitäten und Daten auch von Dritten genutzt werden können, ist aber aktuell für zu viele noch ein "Nice-to-have". Es ist eben auch ein zusätzlicher Aufwand und diesen spart man im Zweifel lieber ein – das meine ich, wenn ich "urmenschlich" sage. Zu meinem zweiten Punkt – der Struktur: Diese gewährt auf Bundesebene grosse Autonomie für die einzelnen Stellen. Und bei den Kantonen ist es naturgemäss noch mehr. Das neue Digitalgesetz EMBAG (Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben) sah ursprünglich eine stärkere Standardisierung vor. Die Kantone haben sich aber gewehrt und sich mit dem Argument der kantonalen Autonomie durchgesetzt.

Für die Digitalisierung ist das aber wirklich nicht gut.

Das föderale System hat einige Vorteile, ich würde das grundsätzlich nicht verändern wollen. Aber ja, in der Digitalisierung ist diese Struktur oft ein Nachteil für die Standardisierung. Wie gesagt – der Wille ist definitiv da, passieren tut es aber nicht automatisch. Hier in der Bundesverwaltung Anstösse zu geben und Anreize zu schaffen, ist eine der Hauptaufgaben von DTI.

Kommen wir zurück zu den digitalen Behördenleistungen und damit zur Strategie der Digitalen Verwaltung Schweiz (DVS). Welche sind hier die zentralen Punkte?

Die DVS setzt zusammen mit der Strategie Digitale Bundesverwaltung beim Punkt Behördenleistungen aus der Dachstrategie an. Die Kernfunktion der DVS ist das Zusammenspiel von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden.
Wer ist hier im Lead?

Das ist Peppino Giarritta, Beauftragter von Bund und Kantonen für die Digitale Verwaltung Schweiz. Eine Rahmenvereinbarung regelt die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Bereich der digitalen Transformation ihrer Verwaltungen und gemeinsam werden ausgewählte Projekte gefördert. In der Strategie gibt es sechs Schwerpunkte.

Die da wären?

Das sind der gemeinsame Ausbau der digitalen Behördenleistungen, die Realisierung des One-Stop-Governments, die staatliche E-ID, die gemeinsame Datennutzung, Cloud-enabled Government und die Förderung eines vernetzten Gesamtsystems. Das Kernthema – besonders für die kleinen Gemeinden mit weniger Ressourcen – ist die Schaffung von gemeinsamen digitalen Behördenleistungen, Basisdiensten und Bausteinen, die man vereinfacht gesagt aus dem Regal nehmen und nutzen kann.

Irgendjemand muss diese Bausteine und das Regal aber auch bauen.

Gewisse Bausteine davon sind schon in Arbeit, hier wird von Bundesseite auch entsprechend unterstützt. Wenn das von Kantonen entwickelt wird, sollte das von allen genutzt werden können. Es gibt aber auch Projekte, die vonseiten der DVS angestossen werden. So etwa ein einheitlicher Login-Dienst, der vom Bund, den Kantonen und Gemeinden genutzt werden kann. Auch beim wichtigen Thema staatliche E-ID ist mein Kollege Peppino Giarritta stark involviert, um die Interessen der verschiedenen Staatsebenen in das Projekt einzubringen und Pilotprojekte umzusetzen.

Angenommen, ein Kanton baut eine solche Lösung, gibt es denn einen Standard oder eine Vorgabe, dass diese weiterverwendbar für andere Verwaltungseinheiten sein muss?

Lösungen, die über die DVS finanziert werden, müssen wiederverwendet werden können, ja. Es wäre schön, wenn das auch sonst so wäre.

Nun, es wäre ehrlicherweise zu erwarten.

Im erwähnten EMBAG ist das in Artikel 9 auch so verankert: Von der Bundesverwaltung entwickelte Software wird in Zukunft auch den Kantonen und der Öffentlichkeit als Open Source zur Verfügung gestellt. Aber diese Verpflichtung gilt eben nicht für die Kantone, sondern nur für den Bund.
Nimmt man die Kantone hier wenigstens irgendwie in die Pflicht?

Es gibt eCH, ein Verein, in dem Bundesbehörden, Kantone, Gemeinden, Bildungseinrichtungen und Unternehmen dabei sind. Dieser definiert unter anderem Standards für solche Entwicklungen. Wenn ein Kanton nun eine neue Lösung entwickelt, wäre die Erwartung schon, dass das auf Basis dieser Standards passiert.

Aber ein Zwang respektive ein richtiges Framework für diesen Prozess – der fehlt.

Ja, ein Zwang fehlt. Aber die Kantone und der Bund haben sich verpflichtet, die eCH-Standards grundsätzlich zu übernehmen.

Und wie gestaltet sich die dritte Strategie "Digitale Bundesverwaltung", die sich um die digitale Transformation der Bundesverwaltung selbst dreht?

Die Digitalisierung der Bundesverwaltung ist nicht Selbstzweck, sondern soll den Menschen dienen. Das gilt im Übrigen für alle drei Strategien. Für die Strategie Digitale Bundesverwaltung handeln wir nach definierten Prinzipien und haben dazu sieben Schwerpunkte mit 28 untergeordneten Zielen festgelegt. Diese sollen die Bundesverwaltung weiter voranbringen und werden in einem agilen Setting in jeweils viermonatigen Phasen angegangen.

Wie Sie eingangs erwähnt haben, liegt die Dachstrategie "Digitale Schweiz" heuer bereits in ihrer zweiten Fassung vor. Für 2023 wurden als Fokusthemen der Gesundheitsbereich, digitalisierungsfreundliches Recht und digitale Souveränität festgelegt. Wie erfolgreich war in Ihren Augen die Umsetzung dieser Vorhaben?

Am offensichtlichsten sind die Fortschritte bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Hier gab es Beiratstreffen, den Austausch mit den wichtigsten Akteuren und das Programm DigiSanté, das nun lanciert ist. Das Thema hat einigen Schwung und Gewicht erhalten. Beim digitalisierungsfreundlichen Recht ist es deutlich abstrakter. Es gab aber zahlreiche Meilensteine wie etwa den Bundesratsbeschluss, ein Kompetenzzentrum Rechtssetzung im Bundesamt für Justiz ins Leben zu rufen.

Und bei der digitalen Souveränität?

Das ist das Thema, bei dem es von Anfang an klar war, dass es am schwierigsten wird, grosse Schritte zu machen oder das Thema gar abschliessend zu klären. Positiv ist für mich, dass man heute wirklich darüber diskutiert. Aber das Ergebnis ist sicher am wenigsten konkret, was jedoch in der Natur der Sache liegt. (win)


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Kommentare
Ich will die "urmenschliche" Selbstbewertung von Herrn Markwalder nicht weiter kommentieren, nur soviel: im e-Government Benchmark/Ranking (gemessen an Kriterien über die man streiten kann, aber immerhin gab's Kriterien) von www.globalgovernmentforum.com steht die Schweiz mit 53 von 100 Punkten auf Platz 29 von 35 europäischen Ländern. Am 06. Oktober 2017 hat der damalige oberste Informatikchef der Schweiz, BR Ueli Maurer, zusammen mit 31 anderen, europäischen 'obersten Informatikern' die 'Tallinn Declaration on e-Government' unterzeichnet. Diese Behördenmitglieder haben versprochen (nicht bindend natürlich), in ihren Ländern 6 einfache Prinzipen zu Gunsten der Bürger und Unternehmen zu verfolgen: 1. Digital-by-default, inclusiveness and accessibility, 2. Once only, 3. Trustworthiness and Security, 4. Openness and transparency, 5. Interoperability by default und 6. Horizontal enabling policy steps. Mit Verlaub, aber Herr Markwalder möge doch bitte erklären, was diesbezüglich seit an echten Outcomes (d.h. *Wirkung* im Ziel) bei Bürgerinnen und Bürger und bei Unternehmen angekommen ist. Fast nichts. Ok, wir können die MWST bei der ESTV selber eintöggelen. Wir können 'low-hanging fruit' bei der Zollverwaltung ernten. Wir können uns (vielleicht) Behördengänge beim Umziehen/"Zügeln" sparen... Aber sonst? Schöne Papiere zu erzeugen, Gremien zu formieren, mit IT, Security, CyberSomething und deren Abteilungen innerhalb der Bundesverwaltung Tetris zu spielen sind keine Outcomes, sie kosten, weil sie Reibungsverluste erzeugen, nur viel Geld. Die Bundesverwaltung gibt enorm viel Geld aus, um in erster Linie sich selbst das Leben einfacher zu machen (weshalb braucht die Bundesverwaltung 2 SAP/HANA’s?), und trotzdem benötigt die Bundesverwaltung immer mehr Personal und produziert u.a. dank ungeeigneter Vorgehensweisen reichlich Pleiten, Mehrkosten und Nachkredite (die Prüfberichte der EFK sprechen eine deutliche Sprache. Deutlicher dürfen sie nicht sprechen, sonst hat plötzlich wieder der/die oberste Informatiker/in das Bedürfnis, dem Direktor der EFK unberechtigterweise an den Karren zu fahren (ok, im letzten solchen Fall gings um Steuern, aber sei's drum))."Cybersicherheit war auch schon vor Xplain und Concevis auf unserem Radar." Besser wäre gewesen, dass die involvierten Stellen inner- und ausserhalb des Bundes auf dem Radar gewesen wären und die schon lange geltenden Vorgaben betreffend Umgang mit sensiblen Daten durchgesetzt worden wären. Wo die Daten des Bundes abgeflossen sind, ist unerheblich, der Datenowner ist verantwortlich und dieser hat seine Pflicht und Verantwortung nicht wahrgenommen. Etc.etc. Nein, die Generierung von schönen Papieren auf allen Ebenen, die täglich gelebte Freiwillig- und Unverbindlichkeit sowie die Schaffung von immer mehr dezentralisierten Organisationen werden's mit Sicherheit weder in der Sicherheit noch in der IT allgemein bringen. Also harren wir der schönen Dinge, die da angekündigt sind...
Donnerstag, 18. Januar 2024, Ernst Menet



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