Vom eigenen Rechenzentrum ins externe Datacenter
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Vom eigenen Rechenzentrum ins externe Datacenter

Von Dieter Brack

Build or buy? Selten stellt sich die Frage so klar wie bei der Planung von Räumlichkeiten für IT-Infrastrukturen. Sollen die IT-Anlagen in-house betrieben werden – oder soll Fläche bei einem kommerziellen externen Datacenter-Betreiber angemietet werden? Letzteres verlangt Anpassungen in der Firmenkultur und sorgfältige Planung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/11

     

Hardware muss periodisch auf den neuesten Stand gebracht werden, weil die regulatorischen Anforderungen gestiegen sind, höhere Datentransfergeschwindigkeiten technisch möglich werden, neue Applikationen mehr Kapazität verlangen, Wissensträger in Pension gehen – dies sind nur einige der Gründe, warum es sich lohnt, die gesamte IT auf den Prüfstand zu stellen. Der notwendig gewordene Ausbau der bestehenden IT ist dann in aller Regel auch ein Grund für die Fragestellung, ob die Infrastrukturen in Zukunft noch on-premise betrieben werden (in diesem Artikel: "internes Rechenzentrum") oder in ein externes Datacenter (hier: "Datacenter") migriert werden sollen.


Was veranlasst Unternehmen, ins Datacenter zu ziehen?

Praktisch alle Unternehmen verfügen heute bereits über Rechenzentren an zwei Standorten in unterschiedlichen geografischen Kammern. Meist gilt es, den weniger optimalen Standort zu ersetzen – manchmal zeitversetzt auch beide. Oft liegt die Ursache darin, dass Risiken am bestehenden Standort nicht ganz ausgeschlossen werden können. Aber auch geplante Firmenzukäufe können die Anforderungen an die IT verändern. In solchen Fällen bietet ein externes Datacenter die notwendige Flexibilität und Skalierbarkeit. Die Initiative für die Beurteilung eines kommerziellen Datacenters als Ersatz des bestehenden internen Rechenzentrums geht dabei häufig von der Geschäftsleitung aus. Diese ist sich durchaus bewusst, dass der am Firmensitz für IT genutzte Raum auch ein Kostenfaktor ist, insbesondere, wenn er angemietet werden musste. Zu den Mietkosten kommen die Wartungskosten, Erneuerungskosten und allenfalls Lizenzkosten hinzu. Während im eigenen Rechenzentrum Infrastrukturkapazitäten immer für den Maximalbedarf vorgebaut sein müssen, fallen im Datacenter nur Kosten für die tatsächlich benötigte Kapazität an, da Erweiterungen dynamisch ergänzt werden können.

Eine Frage der Kosten

Letztlich ist es also immer auch eine Frage der Kosten, ob sich im Rahmen der Erneuerung und Veränderung der IT eine interne oder externe Lösung für die Liegenschaft anbietet. Bei manchen Unternehmen ist eine interne RZ-Lösung vorgezeichnet. Sei es, dass das Unternehmen bereits moderne RZ-Kapazität besitzt, oder die Liegenschaft für die Unterbringung eines RZs vorbereitet wurde. Meist ist es jedoch umgekehrt: Die Dimensionen des bestehenden Rechenzentrums entsprechen nicht mehr den Anforderungen, Raumhöhen sind zu niedrig, die Stromzufuhr ist knapp bemessen oder die Kühlung unterdimensioniert. Investitionen in eine umfassende Erneuerung der Infrastrukturen würden viel Geld verschlingen. In solchen Fällen fragt sich die Geschäftsleitung, ob der Unterhalt der Räumlichkeiten für die IT-Infrastrukturen eigentlich noch zu den Kernkompetenzen zählt. Sollte man diesen Bereich nicht auch auslagern, so wie manches andere in der jüngsten Vergangenheit outgesourced wurde?


Weitere Vorteile der IT-Auslagerung sind die zusätzlichen Services, die ein Datacenter bietet. Dazu zählen auch Zugangsmöglichkeiten und Überwachung rund um die Uhr. Im eigenen Rechenzentrum wird man sich wohl mit Zugangszeiten von 9 bis 17 Uhr begnügen müssen, im Datacenter ist 24×7 selbstverständlich. Hinzu kommt das Einsparungspotential im Hinblick auf die Effizienz. Datacenter sind von vornherein so konzipiert, dass sie möglichst wenig Strom verbrauchen, denn Energie ist – mit etwa einem Drittel der Gesamtkosten – ein besonders wichtiger Faktor für die Preisbestimmung. Datacenter-Betreiber sind also bemüht, stets die neuesten Technologien einzusetzen, um Strom sparen zu können. Wer hingegen ein Rechenzentrum selbständig betreibt, wird die erworbenen Systeme möglichst lange nutzen wollen. Dadurch bleibt der Strombedarf auf unverändert hohem Niveau.

Das Datencenter wird zum Daten-Hub

Wenn es ein entscheidendes Argument für den Gang ins Datacenter gibt, ist dies wohl der direkte Anschluss an die Cloud (Cloud Connect Services) ohne Umweg über das Internet. Auch wenn Verschlüsselungen heute üblich sind, mag die Vorstellung, vertrauliche Daten in grossem Umfang über das Internet übertragen zu müssen, nicht jedermann behagen. Das Datacenter bietet hingegen eine Art sicheren Mikrokosmos. In der Regel sind dort alle Connectivity-Anbieter und zunehmend auch verschiedene grosse Cloud-Anbieter, sogenannte Hyperscaler, präsent. Durch den Wechsel in das Datacenter profitiert ein Unternehmen natürlich von der dort vorhandenen Connectivity. In den letzten Jahren sind bestimmte Applikationen, vor allem in der Entwicklung, ohnehin schon in die Cloud verlagert worden. Wenn also bereits hybride Cloud-Lösungen betrieben werden, liegt es auf der Hand, sich Gedanken da­rüber zu machen, grössere Teile der IT in die Nähe der Cloud-Anbieter zu rücken. Einzelne Applikationen können zum Beispiel in eine Colocation-Zone verlagert werden, um die Vorteile der Private Cloud mit denen der Public Cloud zu verknüpfen. Die Cloud-Anbieter lassen sich dann schneller ansprechen, Verbindungen einfacher eingehen und meistens auch kostengünstiger betreiben. Dies gilt umso mehr, wenn das eigene Rechenzentrum nicht zentral gelegen ist und die Kosten für Connectivity ohnehin schon hoch sind. Im Datacenter sind Verbindungen jederzeit überallhin möglich, ohne dass hohe Kosten entstehen. Der Weg in die Cloud könnte gar nicht mehr kürzer sein. Dementsprechend niedrig sind auch die Latenzzeiten. In Zukunft werden maximale Latenzzeiten wohl sogar garantiert werden können. Das bietet Vorteile für Anwendungen – von der Datenbank-Applikation unter Office bis hin zum Hochfrequenzhandel. Neue Anbindungen sind schnell und kostengünstig erstellt – und so wird das Datacenter immer mehr zum Daten-Hub. Es kombiniert dabei seine Hub-Eigenschaften mit einer extrem hohen physischen Widerstandsfähigkeit, Ausfallsicherheit, Überwachung und Personal vor Ort. Immer mehr Betriebe verlangen die hohe Sicherheit, die nur im Datacenter selbstverständlich ist.

Die Firmenkulturen müssen passen

Eine ganze Reihe von Überlegungen beeinflussen die Entscheidung für oder gegen den Umzug ins Datacenter. An erster Stelle steht die Betriebssicherheit des eigenen Geschäftes: Dazu zählen Aspekte der Ausfallsicherheit, wie Stromversorgung und Klimatisierung, Redundanz, physische Sicherheit und Zutrittskontrollen. Die zweite Überlegung betrifft die Lage des Datacenters und ist somit auch eine Vorauswahl der in Frage kommenden Anbieter. In aller Regel ist es sinnvoll, einen Ort in der Nähe des Firmensitzes, aber in einer anderen geografischen Kammer als das Erst- oder Zweitrechenzentrum zu bestimmen. Kurze Wege sind durchaus wichtig, damit Mitarbeiter nicht zu viel Zeit mit Pendeln verlieren.

Des weiteren sucht man mit Vorteil einen Datacenter-Betreiber, bei dem sowohl die Kompetenzen wie auch die Firmenkultur zum eigenen Unternehmen passen. Bei den Ausschreibungen geht es daher immer auch um kaum messbare Faktoren. Können wir mit dem Anbieter arbeiten? Hat er die Services, die zu uns passen? Heute sind Remote Hands oder Smart Hands selbstverständlich, das heisst, der Betreiber des Datacenters bietet bei Bedarf und auf Abruf Hilfe vor Ort an. Es geht darum, Geräte ein- und auszuschalten, Tapes zu wechseln, ein falsch gestecktes Kabel umzustecken oder einfach nur zu schauen, ob Kontrolllampen leuchten oder nicht. Solche sachverständige Unterstützung ist vor allem in der Installationsphase gefragt, denn dann werden eigentlich zwei Teams gleichzeitig benötigt: Eines für den Betrieb der bestehenden Infrastruktur und eines für den Aufbau der neuen. Ein erfahrener Datacenterbetreiber mit eigenem Technikerteam – und nach Möglichkeit eigener Connectivity – kann Gold wert sein. Denn so lassen sich Installationszeit und Aufschaltphase verkürzen – und damit wieder Zeit und Geld sparen.


Die Nachfrage und potentielle Aufgaben für Remote-Hands-Services nehmen laufend zu, denn die eigenen Leute sollen nach Möglichkeit am Arbeitsplatz bleiben und keine Zeit im Auto verlieren. Natürlich liessen sich solche Dienstleistungen auch extern einkaufen, aber die Geschäftsleitung und der Einkauf des Unternehmens wünschen sich meist einen Single Point of Contact für alle Belange im Datacenter – und überschaubare Rechnungen von möglichst nur einem Kreditor. Ausserdem wirkt es sich vorteilhaft auf den Preis aus, wenn kombinierte Leistungen von nur einem Anbieter bezogen werden können. Auch in der Schweiz gibt es Datacenterbetreiber, die von der Planung des Gebäudes und sämtlicher Infrastrukturen über die Ausrüstung der Cages einschliesslich Connectivity bis hin zum Aufbau und der Verbindung der Racks alles aus einer Hand anbieten können – mit eigenen, eingespielten Teams.

Worauf muss ich also achten, wenn ich ins Datacenter ziehe?

Wenn der Entschluss einmal gefasst ist, ins Datacenter zu wechseln, stellt sich die Frage, wie genau die Migration stattfinden soll. Dafür ist es entscheidend, die bestehende IT-Umgebung genau zu kennen. Vor allem für grössere Umgebungen empfehlen sich Fachberater, die schon viele Migrationen begleitet haben und Planungsworkshops und Projektbegleitung anbieten. Letztlich handelt es sich um ein Unterfangen, das präzise Planung verlangt. Nicht nur die neue physische Umgebung, sondern auch der logische Zusammenhang – also die Applikationskommunikationswege – müssen genau bekannt sein. Zu Beginn wird entschieden, ob nur die bestehende Hardware migriert wird (lift and shift) oder ob Teile – oder sogar alles – neu aufgebaut werden sollen. Bestimmte Geräte müssen eigentlich immer ersetzt werden, schon allein, weil die Racks heute möglichst effizient genutzt werden sollen. Welche Ausrüstung ist nötig? Wie sieht es mit dem Storage aus? Die Datenwege werden möglicherweise länger – hat das Auswirkungen auf die Lizenzen? Für den Wechsel an den neuen Standort ist Connectivity erforderlich. Welche Anbindungen stehen zur Verfügung? Wie sehen die Latenzzeiten aus? All diese technischen Voraussetzungen müssen vorab geprüft werden.

Die Planung der Migration ist in der Regel viel umfangreicher als der Umzug selbst. Bei letzterem bietet der Datacenter-­Betreiber meistens Unterstützung an. Der Anbieter kann die Material-­Anlieferung weitgehend abwickeln, Racks aufstellen und Verbindungen herstellen. Er bietet Lagerhaltung für Material und Ersatzkomponenten und kann Verkabelungen bereitstellen.


Es gab eine Zeit, da waren die Sicherheit und Verfügbarkeit eines modernen Datacenters Privilegien von Konzernen und Grossbanken. Heute können sich auch Unternehmen, deren Hardwarebedarf gering ist, also auch KMU, in ein sicheres und hochverfügbares Datacenter einmieten.

Der Autor

Dieter Brack ist seit sechs Jahren Head of Presales Consulting bei Green Datacenter. Er begleitet Projekte von der Ausschreibung bis zum ­Lösungsdesign und verfügt über fast zwei Jahrzehnte Erfahrung in IT und Telekommunikation (u.a. als Solutions Engineer bei Global Crossing und Reliance Globalcom).


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