Als Apple-CEO Steve Jobs im Januar 2010 in San Francisco das iPad vorstellte, war ich skeptisch. Ich habe ein modernes, leichtes Notebook und ein Smartphone. Wieso um alles in der Welt soll ich mir nun noch ein Tablet kaufen? Mit dieser Meinung war ich nicht alleine. Heute, rund anderthalb Jahre später, muss ich sie aber revidieren. Ich besitze zwar aktuell immer noch kein iPad, stand aber schon ein paar Mal wirklich ganz, ganz kurz davor, mir eines zu kaufen. Wieso? Ich durfte das Gerät testen und war beeindruckt, wie bequem man damit abends auf dem Nachhauseweg im Zug und dann zu Hause auf dem Sofa schnell etwas im Netz nachschlagen, neue E-Mails oder Zeitung lesen und mit Freunden kommunizieren kann. Mein Notebook setzte in dieser Zeit regelrecht Staub an.
Den selben Lernprozess wie ich scheint mittlerweile auch Apples Konkurrenz durchgemacht zu haben. Jeder grosse PC- und sogar die meisten grossen Smartphone-Hersteller haben erkannt, dass es sich beim Tablet anscheinend um eine ernstzunehmende, neue Produktkategorie handelt – und haben mittlerweile alle iPad-Konkurrenten in ihrem Sortiment, oder zumindest für demnächst angekündigt. Allerdings konnten sie den Rückstand auf
Apple alle noch nicht wett machen. Und das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass es noch keine guten Tablets mit Windows-Betriebssystem gibt. Die werden erst für Herbst 2012 erwartet. Es scheint vielmehr fast so, als wolle man es aktuell gar nicht mit Apple aufnehmen, zumindest in der Schweiz. Das einzige Unternehmen, das hierzulande sein Gerät bisher richtig beworben hat, ist
Samsung. Viele der interessanten Tablets wie das Xoom von
Motorola oder das Playbook von RIM sind derweil quasi so nebenbei eingeführt worden. Ich bin deshalb sehr gespannt, ob und wie
Hewlett-Packard in den kommenden Wochen sein Touchpad lancieren wird.
Welches Potential Tablets haben, zeigt eine Meldung, die Anfang Monat die Runde machte: Schüler aus Südkorea sollen künftig ohne Bücher auskommen und nur noch digital lernen. Die Regierung investiert dazu 1,4 Milliarden Dollar in die Digitalisierung der Lehrinhalte und den Kauf von Tablets und Rechner für Schulen sowie Schüler, richtet ein Cloud-Computing-System für alle Schulen ein, über das Lernmaterialien individuell auf den Tablets bereitgestellt werden können, und rüstet alle Schulen mit WiFi-Netzwerken aus. Ausreden wie «Ich habe mein Mathematikbuch in der Schule vergessen und konnte die Hausaufgaben deshalb nicht machen» ziehen dort in Zukunft also nicht mehr. Dafür tut sich den Schülern ein grosses Feld neuer Ausreden auf, das von einem längeren Internetausfall bis hin zu Schwierigkeiten mit einem Firmware-Update des Tablets oder Router-Problemen reicht.
Es wird spannend sein, zu sehen, wie sich das Projekt, das bis 2014 an den Grundschulen Südkoreas Realtität sein soll, entwickelt. Denn das Interesse von Kids im Grundschulalter an Geräten wie Tablets oder iPhones ist auch in der Schweiz sehr gross, wie ich aus meinem persönlichen Umfeld weiss. Vielleicht wäre das südkoreanische Modell also auch etwas für die Schweiz, insbesondere im Hinblick auf das Thema IT-Fachkräftemangel? Auf jeden Fall sind die Tablets derzeit überall ein Thema, auch in unserem Verlag. Dazu aber mehr nach unserer Sommerpause und in unserer nächsten Ausgabe, die Anfang September erscheint.
(mv)