Überblick im Mobile-Dschungel

Mit der rapid steigenden Anzahl an mobilen Geräten in Unternehmen stellt sich die Frage, wie diese verwaltet und geschützt werden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/13

     

Das Arbeiten unterwegs ist heute ein wichtiger Business-Bestandteil geworden. In Unternehmen stehen deshalb zunehmend mobile Geräte wie Notebooks, Smartphones oder PDAs im Einsatz. Mit dem Trend zu solchen kleinen, praktischen Geräten ergeben sich für die IT-Verantwortlichen in jeder Firma aber auch einige Herausforderungen.

Der ständigen Verfügbarkeit und den schnelleren Reaktionszeiten stehen nämlich einerseits neue Sicherheitsrisiken gegenüber. Andererseits bedeutet das «mobile Büro» auch einen deutlichen, zusätzlichen Administrationsaufwand: Die Devices, deren Anzahl stark
am Wachsen ist, sind ständig in moderneren und besseren Varianten erhältlich und verfügen je nach Hersteller und Gerätetyp über
die unterschiedlichsten Betriebs­systeme und Funktionen.



Die Lösung für die erwähnten Probleme bietet das Mobile-Device-Management (MDM), eine Software, mit der die einzelnen Endgeräte direkt «over the air» konfiguriert, geschützt und aktuell gehalten werden können.


Was ein MDM können muss

Laut einer Studie von Berlecon Research und der Fraunhofer ESK ist ein MDM insbesondere in grösseren Unternehmen, in denen viele und teilweise sehr unterschiedliche Endgerätetypen oder
-versionen im Einsatz sind, wichtig. Dadurch sollen enorme Ressourcen der Unternehmens-IT produktiver genutzt werden können. Aber: Wie bei den zu managenden Geräten gibt es natürlich auch beim MDM eine Vielzahl von Angeboten.


Die richtige Lösung für sein Unternehmen zu finden, ist nicht einfach. Es gibt aber ein paar Punkte, die eine MDM-Lösung können sollte. Jürgen Müller, technischer Analyst bei Fraunhofer ESK, erklärt im Rahmen der angesprochenen Studie: «Zu den zentralen Leistungsmerkmalen eines Device-Managements gehören die Softwareverteilung, die Remote-Konfiguration, die Inventarisierung von Hard- und Software, Backup und Restore sowie Massnahmen zur Unterstützung der Endgerätesicherheit.»



Sichere Devices sind auch laut Christian Burger, Security Consultant bei der Nomasis AG (wo man die beiden Lösungen Corisecio Mobile Suite und Nokia Intellisync vertreibt), ein wichtiger Faktor. «Als oberstes Gut für das Business gilt bei mobilen Geräten in der Regel die Verfügbarkeit», erklärt er und ergänzt: «Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass eine Implementation dafür auch den Support-Aufwand verringert.» Neben einer grösseren Verfügbarkeit sind für Burger die Vertraulichkeit und die Integrität der Daten und der Verbindungen zum Firmen-Netzwerk weiter wichtig. Hierbei helfen Verschlüsselungs-Features und verschiedene Kontroll- oder Sperrmöglichkeiten.


Weiter sollten folgende Management-Features an Bord sein: automatische Softwareverteilung, manuelle Installation, Deaktivieren von Anwendungen, Remote-System-Diagnose, Protokollieren der Client-Aktivitäten oder EchzeitMonitoring. Nicht zwingend, aber nützlich sind gängige Scripting-Sprachen für Erweiterungen.


Viele verschiedene Geräte

Wir haben uns einmal schlau gemacht auf dem Markt für Mobile-Device-Management-Lösungen. Das Resultat: 12 Produkte, die wir Ihnen in einer Tabelle zum Vergleich anbieten. Sie stammen entweder von Handy-Herstellern selbst (Nokia, Motorola), bekannten Softwareherstellern (Microsoft, CA, Symantec), kleineren und spezialisierten Firmen (Ubitexx, Corisecio, Centennial Software, Altiris, Sybase iAnywhere, Mfiles) sowie vom grössten PC-Hersteller (HP). Die Liste ist nicht abschliessend, es gäbe noch einige weitere MDM-Lösungen von Spezialisten, die aber fast ausschliesslich im englischsprachigen und asiatischen Raum aktiv sind (z.B. Appear Networks, mFormation, MobileThink, Perlego, Red Bend oder Mossec).


Kommen wir aber zurück zu unseren Lösungen. Eine der wichtigsten Fragen, die sich ein IT-Leiter bei der Anschaffung einer MDM-Lösung stellen wird, ist bestimmt, ob man alle vorhandenen Geräte damit verwalten kann. Schaut man sich nur die Gerätekategorien an, so zeigt sich ein einigermassen einheitliches Bild: Smartphones und PDAs können durchs Band praktisch überall gemanagt werden. Die Lösungen von Centennial Software, Mfiles und Sybase iAnywhere beherrschen auch den Umgang mit Notebooks.



Interessanter, aber auch komplexer wird der Blick auf die unterstützten Device-Betriebssysteme. Dabei stellt man fest: Ausser der Software von CA, die auf Blackberrys spezialisiert ist, bieten alle Unterstützung für Windows Mobile. Ausschliesslich auf das Redmond-OS setzen Centennial Software, Motorola, Ubitexx und Corisecio. Nur zwei Anbieter (Sybase iAnywhere und Nokia) bieten Unterstützung für alle drei wichtigsten Systeme (Windows Mobile, Symbian, Blackberry) an, HP arbeitet daran und wird in der zukünftigen Version auch das iPhone miteinbeziehen. Symantec setzt nur auf Windows Mobile und Symbian, Altiris auf Windows Mobile und Blackberry. Palm-Besitzer kommen bei Altiris, Sybase iAnywhere und Nokia zum Zug.


Das Management

Hat man also einmal eine Lösung gefunden, die mit allen vorhandenen Geräten zusammenarbeitet, so geht es einen Schritt weiter – zu den Funktionen. Vergleichen wir als erstes die Management-Features. Einige Produkte erfüllen alle unsere vorgegebenen Kriterien, Sybase iAnywhere, HP, Corisecio, CA, Symantec und Motorola.

Bei Ubitexx fehlt es an der Möglichkeit für eine Remote-System-Diagnose, mit der man beispielsweise die Kontrolle über das Device übernehmen und Probleme untersuchen kann. Bei Nokia können Anwendungen nicht deaktiviert werden. Die Lösung von Centennial Software hat diese beiden Features nicht, zudem ist auch eine manuelle Installation nicht möglich, was man zwar dank MDM umgehen will, aber unter Umständen trotzdem nützlich ist. Bei Altiris, Microsoft und Mfiles fehlt das EchtzeitMonitoring, das zur Früherkennung von Problemen gut wäre.


Einige Sicherheits-Features

Zu einer aktuellen MDM-Lösung gehören neben den allgemeinen Funktionen auch zentral gemanagte Tools zum Schutz der Smartphones oder PDAs. Die Datenaustauschkontrolle ist ein Beispiel dafür: Damit werden sämtliche Daten autorisiert und kontrolliert, die über gewisse Schnittstellen verbreitet werden. Alle Lösungen die man in der Tabelle findet, verfügen über eine solche Funktion, den Unterschied macht die Tiefe. Quasi als Standard gilt bei genauerer Betrachtung der Produkte eine Überwachung der Infrarot-, Bluetooth- und WLAN-Ports. Auch GPRS und andere Mobilfunk-Übertragungstechniken werden häufig kontrolliert, währenddem die USB-Schnittstellen nur von der Hälfte der Produkte überwacht werden. Corisecio überprüft sogar noch Daten, die das Gerät via Kamera, SD-Karte oder Modem aufnimmt oder verschickt.



Ausser den Suites von Ubitexx und CA verfügen alle anderen über Verschlüsselungsmöglichkeiten. Die Ergebnisse auszuwerten ist aber nicht simpel, die verschiedenen Methoden sind sehr differenziert und reichen von einfachen Datei- oder Harddisk- über E-Mail- und PIM- bis hin zu Datenbank- oder RAM-Verschlüsselungsmöglichkeiten. Etwas «ordentlicher» ist die Art und Weise, wie verschlüsselt wird: In der Regel kommt der Advanced Encryption Standard (AES) mit 256 Bit zum Einsatz. Am zweithäufigsten ist Blowfish, ein symmetrischer Blockverschlüsselungsalgorithmus, gefolgt von unbekannteren Lösungen.


Sperren lassen bei Verlust

Die kleinen, mobilen Geräte gehen oft und schnell verloren. Dank MDM-Lösungen muss man sich darüber jedoch weniger Sorgen machen als ohne, denn es gibt Funktionen, die Smartphones oder PDAs nach verschiedenen Kriterien zu sperren, sogar per Remote.


Freigaben und Sperrungen zu definieren ist im «normalen» Netzwerk üblich, also gehört dieses Feature auch in eine MDM-Software. Wie bereits bei den Verschlüsselungsmöglichkeiten sind die verschiedenen Lösungen jedoch sehr unterschiedlich. Praktisch durchgehend können für einzelne Benutzer oder Gruppen Zugriffsrechte definiert werden. Viele Hersteller bieten den Service auch für Gerätetypen an. Interessant sind die Lösungen von Motorola und Altiris, bei denen man zeitlich limitierte Rechte vergeben kann. Bei Sybase iAnywhere kann sogar noch weiter in Zugriffsart und Verbindungsgeschwindigkeit unterschieden werden.



Die praktische Remote-Sperrung wird von fast allen unseren zusammengestellten Lösungen unterstützt. Nur Centennial Software und Symantec bieten das Feature nicht an, die Geräte auch aus der Ferne sperren zu können.
Eine weitere, nützliche Funktion ist die Gerätewiederherstellung. Das «Neu-Aufsetzen» von Einstellungen, Dateien und Anwendungen ist längst nicht bei allen vorgestellten MDM-Lösungen möglich. Bei HP, Centennial Software, Symantec, Microsoft, Mfiles und Altiris sucht man diese Funktion vergebens. Erhältlich ist sie, beispielsweise bei HP, immerhin über die Einbindung von Drittherstellersoftware.


Weitere Software einbinden

Wie wir im Rahmen der Markt­übersicht festgestellt haben, lassen sich die vorgestellten Lösungen in der Regel auch in weitere Security- oder Managementlösungen integrieren, was von vielen Kunden gewünscht werden könnte. Konkret kommen dafür bei den meisten Anbietern nicht nur eigene Lösungen in Frage, es werden auch viele Programme von Drittherstellern unterstützt. Aber alles ist nicht möglich: Wer konkret etwas integrieren möchte, der sollte das auf jeden Fall im Vorfeld einer MDM-Implementierung abklären.


Auswahl ist nicht einfach

Mit der grossen und weiter stark steigenden Anzahl an mobilen Geräten lohnen sich Gedanken über Mobile-Device-Management. Sie bieten besonders im Security-Bereich und punkto Effizienz viele wichtige Features. Wer sich für eine MDM-Lösung interessiert, der findet in unserer Tabelle wichtige Anhaltspunkte. Wie eingehend bereits erwähnt, fällt die Auswahl allerdings auch dadurch nicht leicht. Je nach Art und Modell der Devices, die man managen möchte, wird das Angebot an Lösungen bereits im Vorfeld stark eingegrenzt, obwohl heute bereits einige Lösungen ziemlich plattformübergreifend sind.


Schlussendlich spielt bei vielen Firmen, aufgrund der knappen IT-Budgets, dann der Preis die entscheidende Rolle. Da zeigt sich in der Marktübersicht ein ziemlich einheitliches Bild. Die MDM-Lösungen kosten pro Gerät und Lizenz zwischen 36 Euro (Altiris) bis 80 Euro (Sybase iAnywhere) beziehungsweise zwischen 16.50 Franken (Motorola) und 390 Franken (Mfiles). Die Preise sind nach Stückzahlen abgestuft, das heisst, je mehr gekauft wird, desto billiger. Nicht eingerechnet sind allfällige Servergebühren. Die Unterschiede sind durchaus gerechtfertigt, die teureren Suites sind in der Regel auch die mit mehr Features. Man hat also trotz allem die berühmte Qual der Wahl...





Marktübersicht Mobile Device Management

(mv)


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