Zum ersten Mal in der Geschichte der Pixel-Smartphones von
Google werden diese auch offiziell für die Schweiz gelauncht. Bisher mussten Händler und Kunden die Pixel-Geräte mit etwas Aufwand aus dem Ausland importieren. "Swiss IT Magazine" hat das Pixel 8 Pro vor dem offiziellen Verkaufsstart am 12. Oktober getestet.
Zum Start, die Oberflächlichkeiten: Das Pixel 8 Pro ist ein hübsches und zumindest dem ersten Eindruck nach sehr gut verarbeitetes Gerät. Das 6,7 Zoll grosse, flache Display ist mit Gorilla Glass 8 geschützt, hat eine Auflösung von 1344 x 2992 Pixeln und ist sehr hell (bis zu 2400 nits). Die Rückseite ist in matt poliertem Glass gehalten und liegt angenehm in der Hand. Zumindest im Umfeld des Testers ist das Gerät vielen Leuten aber zu gross – und zugegeben, wuchtig sind die 6,7 Zoll durchaus. Wer es lieber etwas kleiner mag, findet die passende Grösse vielleicht beim abgespeckten Bruder Pixel 8, das mit 6,2 Zoll in der Diagonalen (dafür weniger Features) daherkommt.
Pixel 8 Pro in der Farbe Obsidian. (Quelle: Google/Claudio Thoma)
Pixel 8 Pro in der Farbe Bay. (Quelle: Google/Claudio Thoma)
Pixel 8 Pro in der Farbe Porcellaine. (Quelle: Google/Claudio Thoma)
Grösser, schöner, schneller
Die beiden Kronjuwelen des Pixel 8 Pro finden sich aber nicht an der Aussenhülle – hier zählen vielmehr die inneren Werte: namentlich der Chip und das Kamera-Array. Für die Rechenleistung ist der neue Tensor 3-Chip aus dem eigenen Hause verantwortlich, der besonders im Hinblick auf KI-Workloads konzipiert wurde.
Google betont die KI-Funktionen denn auch, wo immer man nur kann: Mit dem Pixel 8 will man das erste Gerät auf den Markt gebracht haben, welches Hardware, KI und Software so richtig im Kanon trällern lässt.
Und hier kommen wir (genauso wie das Google-Marketing) auch gleich zur Kamera und zur Bildbearbeitung, auf die ein Grossteil der wohlklingenden KI-Features entfallen. Beim Pro besteht das Array aus einer Hauptkamera mit 50 MP, die 4K-Videoaufnahmen mit 60 fps machen kann. Daneben gibt es einen Ultrawide-Sensor mit 48 MP und 125° FoV mit Makrosensor sowie ein Telefoto-Objektiv mit 48 MP und 5-fachem optischen Zoom. Ebenfalls Teil des Kamera-Arrays ist ein Thermometer; mit etwa 5 Zentimeter Abstand lässt sich damit die Temperatur von beliebigen Objekten messen. Google weibelt, zumindest in den USA, auch schon mit den Gesundheitsbehörden, um das Feature als richtigen Fiebermesser bewerben zu dürfen. Bei uns gibt das Thermometer unter dem Arm aktuell noch gut 34 Grad Celsius aus, was bedenklich wäre, wenns stimmen würde. Fürs perfekte Teewasser ist er aber locker genau genug.
Alles in allem ist das alles schon recht beeindruckend und macht einen wahrlich guten ersten Eindruck. Der Preis ist wie bei allen Flaggschiffen zwar happig, aber im Vergleich zur Konkurrenz tatsächlich recht gut: Das getestete Pro-Modell mit 128 GB Speicher (Testkonfiguration) kostet 999 Franken, die Versionen mit 256 und 512 GB Speicher sind für 1049 und 1199 Franken zu haben. Zum Vergleich: Samsungs
aktuellstes Galaxy S23 startet bei 1349 Franken (dafür mit 256 GB Speicher), Apples
neues iPhone 15 Pro gibt’s mit identischen 128 GB Storage ab 1079 Franken. Die reguläre Version des Pixel 8 (128 GB) wird derweil mit ebenfalls recht fairen 719 Franken bepreist.
Erhältlich ist das Pixel 8 Pro in den drei Farben Bay, Obsidian und Porcelain.
Die Foto-Hardware hat es in sich: Auch bewegte Objekte können mit der Makro-Funktion in hübschen Bildern eingefangen werden. (Quelle: SITM)
Knipsen wie der Profi
Die Versprechen zur Qualität der Kamera-Hardware kann
Google mit dem Pixel 8 Pro im Grossen und Ganzen halten. Die Qualität der Bilder und Videos ist ausgezeichnet, was sowohl auf Aufnahmen bei guten Lichtverhältnissen wie auch auf Makro-Bildern zutrifft. Und auch die Bilder bei Nacht können sich sehen lassen.
Weiter gibt’s mit dem Pro-Modus nicht nur zahlreiche Einstellungen, wie man sie von teuren Kameras kennt (ISO, Belichtungszeit etc.), sondern auch die Möglichkeit, die Bilder als RAW- statt als JPG-Datei abzuspeichern, was die Möglichkeiten zur nachträglichen Bildbearbeitung massgeblich verbessert. Ausserdem gibt’s beim Pro-Modus einen manuellen Fokus, der KI-gestützt (mit Hilfe von pinken Linien um das Fokus-Objekt) anzeigt, welcher Bereich des Bildes gerade scharf gestellt ist. Das funktioniert mal besser, mal schlechter – vor allem bei den Kamera-Funktionen verspricht Google in den kommenden Monaten aber zahlreiche softwareseitige Upgrades.
Bilder bei schlechten Lichtverhälnissen sehen auf dem Pixel 8 Pro hübsch aus. Und mit KI lassen sie sich noch schöner machen (weiterblättern). (Quelle: SITM)
Die KI erkennt selbst die Menschen, die im Bild herumlaufen, manuell können diese abgewählt werden. (Quelle: SITM)
Das Ergebnis ist gut, wenn auch nicht ganz fehlerfrei: Die untere Hauskante hinter den am rechten Rand entfernten Personen und die durchlaufenden Pflasterstein-Streifen kann sich die KI beispielsweise nicht dazudichten. (Quelle: SITM)
Die K(I)amera: Deep-Fakes aus der Hosentasche?
Weiter gibt es KI-Funktionen, die es wirklich in sich haben – was technisch gesehen positiv und gesellschaftlich gesehen wohl kritisch zu bewerten ist. Denn: Wo führt es hin, wenn jeder mit einem einfachen Tippen auf den Screen seine Foto- und Videoinhalte grundlegend und täuschend echt verändern kann? Wir wollen das nicht bewerten und das ist auch nicht Googles Fehler. Aber es ist wohl zu erwarten, dass vergleichbare Funktionen künftig in allen Smartphones Einzug finden – eine Entwicklung, der man in unseren Augen genug Aufmerksamkeit zukommen lassen sollte.
Als Beispiel etwa das Feature "Beste Aufnahme", die bereits heute verfügbar ist: Man wählt ein Gruppenfoto und das Pixel 8 sucht daraufhin ähnliche Aufnahmen; meistens die anderen Aufnahmen, wenn man mehrfach geknipst hat. So lassen sich Gesichter, die ungünstig aufgenommen wurden, einfach mit einer Version aus den anderen Bildern austauschen. So gelingen Gruppenfotos zwar immer – aber "echt" sind sie nicht mehr. Das Feature funktioniert im Test übrigens mehrheitlich gut, macht aber offensichtliche KI-Fehler. So werden Frisuren teilweise abgeschnitten, in einem Beispiel standen von fünf Personen nur Köpfe von vieren zur Verfügung.
Auch lassen sich aus Landschaftsaufnahmen etwa störende Personen via automatischer KI-Freistellung ausschneiden. Und mit dem "Magischen Editor" lassen sich Objekte in einem Bild anwählen (per KI oder Freihand-Markierung) und per Klick löschen. Die KI erzeugt ein paar Vorschläge, aus denen man dann aussuchen kann. Einmal mehr: Das funktioniert nicht schlecht, die KI macht aber des Öfteren noch sehr offensichtliche Fehler.
Und auch im Video-Bereich bietet das Pixel 8 Pro eine Palette spannender Möglichkeiten. Die KI-Hilfe bietet etwa einen Bildstabilisator, der sowohl beim Filmen als auch als Bearbeitungsoption zur Verfügung steht. Und auch hier hat der Hersteller noch Grösseres vor: Während schon zum Zeitpunkt des Tests etwa eine KI-gestützte Löschung des Rauschens im Videoton zur Verfügung stand, soll es in naher Zukunft möglich sein, ganze Objekte in einem Frame zu markieren, die KI schneidet dieses dann aus dem ganzen Video.
Wenn etwas in der Aufnahme stört, schmeisst man einfach den Magischen Editor an (weiterblättern)... (Quelle: SITM)
...in diesem kann man die unerwünschten Objekte grob anwählen... (Quelle: SITM)
..und bekommt von der KI ein störungsfreies Bild. Nun ja, fast - der Schatten des Poker Decks rechts am Tisch ist immer noch an der Wand. (Quelle: SITM)
Rundumerneuerung
Der Ansatz von
Google, KI überall einzubauen und zu nutzen, zieht sich im Prinzip durch das ganze Gerät. Google Assistant bekommt Bard-Support und in Zukunft soll es eine KI geben, die eingehende Anrufe automatisch entgegennimmt und dann entscheidet, ob der Anrufer es wert ist, durchgestellt zu werden. Das ist ein bisschen wie bei der Geschichte mit den KI-Bildkorrekturen aka Hosentaschen-Fakes: Was im ersten Moment cool klingt, dürfte in der Praxis und auf Dauer eine Entwicklung sein, die viele Fragen aufwirft. Denn wir wollen eigentlich nicht jedes Mal mit einem Bot reden, wenn wir irgendjemanden anrufen.
Abgesehen von den vielen KI-Neuheiten bringt das Pixel aber auch einfach Updates und Neuerungen für bewährte Anwendungen, angefangen beim neuen Android 14-Betriebssystem. Letzteres hebt sich vor allem von der Konkurrenz ab, weil es ohne zusätzliche Bloatware des Herstellers auskommt. Das ist, da Google Android ja verantwortet, natürlich nicht ganz fair. Ehrlichweise hält aber niemand
Samsung & Co. davon ab, auch ein OS ohne Bloatware zu installieren und ihr Gerät damit billiger zu machen. Weiter gibt es eine neue vorinstallierte Fitbit-App (also doch noch ein bisschen Bloatware), Updates für die Accessability-Features, neue Gestaltungsmöglichkeiten für den Lock-Screen und neue Elemente und Features für die Cybersecurity.
Letztere umfassen nicht zuletzt einen neuen Titan M2 Security Core, der neben einem Security Core im genannten Tensor-G3-SoC für Sicherheit sorgt. Weiter bietet das Pixel 8 einen mitgelieferten VPN-Dienst sowie einen Security- und Privacy Hub. Und natürlich sind auch Face Unlock und ein zuverlässiger Fingerabdrucksensor mit an Bord. Und sowohl für Sicherheit als auch für etwas mehr Nachhaltigkeit sorgt schliesslich das Versprechen von
Google, die achte Pixel-Generation sieben Jahre lang mit OS- und Security-Updates zu versorgen – Bravo.
Wertung
Das Pixel 8 ist ein beeindruckendes Smartphone mit beeindruckenden Features, so viel ist sicher. Die Hardware hat sich, zumindest innerhalb der kurzen Testdauer, bewährt. Die neuen KI-Features laden zum Herumspielen ein, in einigen Fällen sind es derzeit aber noch etwas roh umgesetzte Spielereien. Aber wir sind sicher, dass einige dieser Features spätestens nach ein paar Updates auch auf Dauer einen wirklichen Mehrwert bieten werden. Die Zukunft wirds zeigen.
Was das Pixel 8 und das Pixel 8 Pro letztendlich wirklich zu grossartigen Endgeräten macht, ist der faire Preis, den
Google für dieses High-Tech-Monstrum verlangt.
Wertung: 5,5 von 6 Sternen
Weitere Infos zum Gerät gibts hier.
(win)