Der öffentlich-rechtliche Österreichische Rundfunk ORF hat sich entschieden, den Facebook-Auftritt der Nachrichtenseite ORF.at per 1. April einzustellen. Dies, nachdem der Auftritt Ende 2017 gestartet und rund 17 Monate unterhalten wurde. Damals hiess es: "Im Kampf um das Gut Aufmerksamkeit ist
Facebook eine Arena, in der es um nicht weniger geht als die Frage, in welche Richtung die Gesellschaft und das politische Zusammenleben gehen." Diese Feststellung, so ORF, habe auch heute noch Gültigkeit, allerdings hätten sich viele Faktoren verändert. "Die Hoffnung, dass sich bei Facebook einiges zum Positiven verändert, dürfte wohl angesichts der Entwicklungen der vergangenen Monate begraben werden",
schreibt ORF, und führt als Beispiele Datenlecks, die kommerzielle Nutzung persönlicher Daten oder die "steuerschonende Vorgangsweise" des sozialen Netzwerks ins Feld.
Doch damit nicht genug der Kritik. ORF stört sich auch am "höchst problematischen Umgang mit Inhalten." Harmlose Inhalte würden häufig zensuriert und gelöscht, während Facebook es nicht schaffe, Hass und Gewalt auf der Plattform in den Griff zu kriegen. "Von dem offenbar aussichtslosen Kampf gegen politische Manipulation durch die Verbreitung von Fake News ganz zu schweigen." Und nicht zuletzt prangert ORF auch das ständige Schrauben von Facebook am Algorithmus an, der bestimmt, was die Nutzer im Feed zu sehen bekommen. Nachdem der Konzern vor gut einem Jahr entschieden hatte, die Bedeutung von Seiteninhalte – unter anderem auch von Medien – herunterzufahren, sei die Reichweite von Nachrichtenseiten deutlich gesunken. Bei ORF hatte dies nicht zuletzt auch durch den relativ späten Start auf Facebook offenbar zur Folge, dass Posts zuletzt eine durchschnittliche Reichweite von 16 Prozent der Seiten-Abonnenten erreichten. Allerdings seien die Angaben auch nicht immer nachvollziehbar, so ORF weiter. "Immer wieder gibt es Postings, die aus nicht erklärlichen Gründen nicht einmal fünf Prozent der Abonnenten erreichen, nach ORF.at-Schätzungen erreichen die meisten rund zehn Prozent", heisst es. Und weiter: "Bei Ausreissern nach oben, wenn Meldungen stark gelikt, kommentiert und geteilt werden, ist in den Stunden danach fast so etwas wie eine Drosselung späterer Postings zu bemerken."
Und so heisst es seitens ORF abschliessend: "Facebook ist also insgesamt nicht das einfachste Biotop für seriöse Nachrichtenmedien: ein Kooperationspartner, der gleichzeitig Konkurrent ist, der seine Spielregeln nicht kommuniziert und ständig ändert – und wo mittlerweile tendenziell jene die besseren Karten haben, die auf Emotionen setzen, Affekte bedienen und Empörung bewirtschaften." Dass
Facebook darauf sein Geschäftsmodell aufbaue und Reichweite verkaufe, sei einem kommerziell ausgerichteten Konzern an sich nicht vorzuwerfen. Aber das Netzwerk sei damit eben keine neutrale Plattform. "Irgendwann stellt sich die Frage für ein Nachrichtenmedium, welchen Nutzen ein Facebook-Auftritt hat – und was man dafür in Kauf nehmen muss."
(mw)