Dass sich die digitale Welt zusehends in der realen ausbreitet, kann man gut am Schweizer Telefonbuch sehen. Auf der neuesten Ausgabe prangt gross das Logo von
Local.ch. Diese optische Veränderung geht einher mit der Zusammenlegung der drei Unternehmen Directories (Telefonbuch), LTV (Gelbe Seiten) und Local.ch (Web). Seit dem siebten Februar bietet die aufgewertete Entität Local.ch damit alle Dienstleistungen der drei Unternehmen aus einer Hand. CEO des neuen Konstrukts ist Edi Bähler. Er leitete zuletzt den Bereich Customer Experience Design im Privatkundensegment bei Swisscom.
Für den Kunden soll damit vor allem eine Vereinfachung einhergehen. «Bisher liefen Einträge wie Name, Adresse und Ort über Directories. Werbung und Inserate hingegen nur über LTV. Ein Kunde hatte also zwei Ansprechpartner für ein Produkt. Das hört jetzt auf», so Christian Weber, Leiter Kommunikation bei Local.ch. Somit ist der Zusammenschluss nur die logische Konsequenz.
Alte Fehler nicht wiederholen
Dabei ist die Geschichte dieses Unternehmenskomplexes nicht völlig konfliktfrei: Historisch entstand
Local.ch nämlich aus einer gewissen Unzufriedenheit bei LTV mit den Webaktivitäten von Directories. Wichtig hier: Sowohl LTV als auch Directories sind Joint Ventures von Swisscom und Publigroupe. Dabei wird LTV von Publigroupe dominiert, während Swisscom bei Directories das Sagen hat. LTV also hatte andere Vorstellungen von der Zukunft des Webs und setzte diese dann über die neue Tochter Local.ch um. Über die nächsten anderthalb Jahre lief Local.ch Directories den Rang ab, so dass schliesslich die Entwicklung bei Directories eingestellt wurde. Seitdem greift man bei Directories nur noch auf die Funktionalität von Local.ch zu.
Online nahm man den aktuellen Zusammenschluss bereits vor drei Jahren vorweg, als die Online-Aktivitäten bei Local.ch zusammengefasst wurden und das Unternehmen eine hundertprozentige Tochter von Directories wurde. «Wir merkten schon damals, dass Directories kein Online-Brand ist», so Weber.
David gegen Goliath?
Die Kräftebündelung macht aber nicht nur aus Kundenüberlegungen Sinn. Auch die Konkurrenzsituation zwingt zum optimalen Einsatz der Ressourcen. Google bietet nämlich mittlerweile ein Angebotspaket, bei dem es viele Überschneidungen mit
Local.ch gibt. Auf Dauer kann man sich hier nur mit einer kunden- und ortsspezifischen Orientierung den Erfolg sichern. Die tieferen Taschen hat Google nämlich alle Mal.
Dem entgegen setzt Local.ch auf ein grosses Sales-Team, mit über 700 Mitarbeitern in der ganzen Schweiz. «Wir haben dauernd Kontakt mit den Kunden, können sie beraten und stossen so viele Datenaktualisierungen selber an. Neben zahlreichen Besuchen gibt es ausserdem über 260’000 Telefongespräche im Jahr», so Weber. Google hat das (noch) nicht.
Bauen kann Local auch auf den Lokalpatriotismus der Schweizer. In Zeiten der Globalisierung sind zahlreiche Nutzer froh, am Ende doch mit jemandem aus dem eigenen Land zu tun zu haben. Das zeigt sich auch an den Download-Zahlen für die Local.ch-Mobile-App. Seit ihrem Erscheinen vor 24 Monaten wurde sie über 700’000 Mal heruntergeladen.