Serverbackup für das KMU
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/01
Wenn von Backupsoftware die Rede ist, meinen zwei Anwender nicht unbedingt das Gleiche. Die Spannweite reicht bei der Datensicherungssoftware von simplen Progrämmchen zur Sicherung einzelner PC-Dateien auf einem lokalen Medium bis zur zentral verwalteten, ins SAN eingebundenen Netzwerklösung fürs Grossunternehmen.
Unsere Marktübersicht beschäftigt sich mit mehr oder weniger modular aufgebauten und skalierbaren Lösungen für die Sicherung von Servern und Workstations in kleinen und mittleren Unternehmen. Sowohl Desktop/Laptop-Sicherungsprodukte wie zum Beispiel Syncronaut von Asbion Software als auch ausschliesslich für grosse Umgebungen sinnvolle High-End-Lösungen wie den Networker von EMC haben wir nicht berücksichtigt. Mit Preisen um die tausend Franken für das Backup eines Servers und mehrerer Workstations liegen die hier vorgestellten Produkte in einem KMU-tauglichen Kostenrahmen.
Die Bezeichnung «Serverbackup» hat in diesem Zusammenhang einen Doppelsinn: Einerseits sind die Produkte für die Sicherung von Serverdaten ausgelegt und bieten neben dem dateibasierten Backup des Inhalts von Fileservern oft auch spezielle Agenten für Datenbanken, Messaging- und Groupwaresysteme. Vernetzte Desktop- und Notebook-Workstations sichert die Software gewissermassen nebenbei – je nach Hersteller umfasst die Serverlizenz auch das Backup von einigen oder beliebig vielen Workstations oder es muss für jeden Client eine separate Lizenz dazugekauft werden.
Auf der anderen Seite arbeiten diese Lösungen ihrerseits auf Serverbasis: Die Steuerung des Backups übernimmt ein Backup-Server, bei vielen Lösungen Master-Server genannt, der je nach Leistungsbedarf entweder zusammen mit anderen Serverdiensten (File, Datenbank, Messaging) läuft oder allein auf dedizierter Hardware zum Einsatz kommt.
Ein Backupserver übernimmt dabei meist die Sicherung mehrerer File- oder Anwendungsserver, die im Backup-Zusammenhang zu Clients des Backupservers werden. Skalierbare High-End-Lösungen lassen die Verteilung der Backup-Operationen auf mehrere Backupserver zu; im typischen KMU mit ein bis zwanzig Servern genügt meist ein einziger Backupserver.
Auch die Speicherung der Backup-Daten kann unterschiedlich gelöst werden: Neben direkt am Server angeschlossenen Disk-Arrays und Tape-Autoloadern, in kleinen Umgebungen meist genügend, kommen bei einigen Lösungen auch die Einbindung in ein Speichernetzwerk (SAN) oder die Nutzung von vernetzten Speichergeräten (NAS) in Frage.
Mit dem Kauf einer Backupsoftware sind die Daten noch lange nicht sicher. Genauso wichtig ist die Konzeption einer sinnvollen Backup-Strategie: Was soll wann, wie oft und in wie vielen zurückverfolgbaren Versionen gesichert werden? Wie ist das Backup in die sonstigen IT- und Geschätsprozesse eingebunden? Klassische Backuplösungen sichern beispielsweise keine offenen Dateien.
Sicherung und Wiederherstellung von Datenbanken, die aus der Sicht des Dateisystems eigentlich immer offen sind, sind nur möglich, wenn die zugehörigen Anwendungen nicht laufen – im sogenannten Backup Window irgendwann nachts. Da die Anforderungen an die IT aber auch im KMU immer mehr in Richtung 24-Stunden-Betrieb gehen, vor allem bei Web-Applikationen, werden die Backup-Fenster immer kleiner. Unter dem Begriff «Continuous Data Protection» (CDP) bieten fortgeschrittenere Lösungen die Möglichkeit der permanenten Sicherung aller Veränderungen und der Wiederherstellung zu beliebigem Zeitpunkt. Mehr über CDP lesen Sie in einem separaten Schwerpunktartikel auf Seite 26. Im KMU-Umfeld bisher weniger aktuell ist die hardwarebasierte Snapshot-Technik, die auf entsprechende Unterstützung in den Speichergeräten aufsetzt.
Unabhängig von Schlagworten wie CDP und Snapshots erlauben einige aktuelle Lösungen, meist über ein optionales Zusatzmodul, auch die Sicherung offener Dateien. Solche «Open File Manager» oder «Open File Agent» genannten Optionen funktionieren allerdings nicht mit absoluter Zuverlässigkeit.
Ein weiteres Thema ist die Komplettwiederherstellung von völlig ausgefallenen Systemen oder neu installierten Ersatzgeräten. Dieses «Disaster Recovery» oder «Bare Metal Recovery» lässt sich durch zusätzliche separate Imaging-Software wie Ghost oder True Image lösen, ist aber auch bei einigen Backuplösungen als Option verfügbar.
Wie jede universell konfigurierbare und skalierbare Enterprise-Software sind auch High-End-Backuplösungen mit erheblichem Installations- und Verwaltungsaufwand verbunden. Nicht allein wegen höherer Kosten, sondern vor allem auch aufgrund der Komplexität eignen sich diese Systeme kaum für den Einsatz im KMU, wo meist kein Storage-Spezalist und oft sogar nicht einmal dediziertes Personal für den IT-Betrieb zur Verfügung steht.
KMU-taugliche Backupsoftware macht dem Anwender die Datensicherung möglichst einfach. Dazu gehören sowohl eine klar verständliche Administrationsoberfläche als auch zum Beispiel die Möglichkeit, dass Enduser ihre gesicherten Daten ohne Einschalten eines Administrators selbständig wiederherstellen können.
Die Hersteller begegnen dieser Anforderung unterschiedlich. Einige Programme bieten nur beschränkte Möglichkeiten, die dafür umso einfacher zu benutzen sind. Ein Beispiel ist IBM: Anders als die «grosse» Enterprise-Lösung Tivoli Storage Manager unterstützt die KMU-Variante Tivoli Storage Manager Express sowohl als Backup-Server als auch clientseitig ausschliesslich Windows-Systeme - für das bekannte Backup Exec von Symantec gilt dies ebenfalls.
Bei der Installation und Administration der Tivoli-Express-Variante wird der Anwender Schritt für Schritt von zahlreichen Assistenten unterstützt. IBM gibt an, die gesamte Installation und Erstkonfiguration bis zum ersten Backup nehme bloss eine halbe Stunde in Anspruch. EMC hat in seiner Insignia-Linie dank Übernahme von Dantz eine vom Enterprise-Produkt völlig unabhängige KMU-Lösung, die als Server entweder Windows oder Mac OS X zulässt und neben plattformidentischen Clients immerhin auch noch Linux- und, je nach Grundprodukt, auch NetWare- und Solaris-Systeme sichert.
Auch Arkeia offeriert neben der Enterprise-Lösung Network Backup ein spezielles Paket für KMU. Smart Backup bietet unter einem relativ einfach gehaltenen Interface mit Java-basierter, plattformunabhängig einsetzbarer Administrationskonsole auch eine ansehnliche Palette unterstützter Plattformen: Als Backup-Server eignen sich Systeme unter Windows und Linux; als Clients kommen auch BSD, NetWare und Mac OS X in Frage. Auch das KMU-Paket lässt optionale Agenten für mehrere Datenbank- und Anwendungssysteme zu, darunter neben Notes und Microsoft Exchange auch die Open-Source-Plattform Openxchange. Interessant ist hier das Lizenzmodell: Wie bei Atempo und Gruppemedia basiert der Lizenzpreis auf dem zu sichernden Datenvolumen, dazu kommen Aspekte wie die gewählte Backupstrategie. Auf Tape ausgelagerte Daten zählen dabei nicht mit, einzig der Umfang der «Live-Daten» der Disk-to-Disk-Stufe spielt eine Rolle.
Der Backup-Spezialist Yosemite hat einerseits die Enterprise-Lösung «Backup Advanced» im Programm, bietet für KMU aber auch ein «Backup Standard» an, das bis vor kurzem unter dem in den heutigen Backup-to-Disk-Zeiten missverständlichen Namen Tapeware bekannt war. Die Standard-Variante positioniert Yosemite für 1 bis 20 Server. Das Produkt ist mit Unterstützung für Windows-, Linux- und Netware-Server auch für heterogene Umgebungen geeignet.
Die in der Tabelle angegebenen Kosten gelten für die einfachste Grundlizenz für einen Master-Server. Im Gegensatz zu anderen Herstellern, wo nur eine beschränkte Anzahl Workstation-Clients inbegriffen ist, erlaubt die Master-Server-Lizenz hier das Backup von beliebig vielen vernetzten Desktops. Zum Backup weiterer Server dagegen muss jeweils eine separate Client-Server-Lizenz gelöst werden.
Die Yosemite-Lizenzterminologie unterscheidet in Umgebungen mit mehreren Servern zwischen einem simplen «Client Server», dessen Dateninhalte zu sichern sind, einem «Media Server» (ein zusätzlicher Backupserver mit direkt verbundenem Storage, der vom Master-Server gesteuert wird) und einem «SAN Media Server» (zusätzlicher Backupserver, der zur Datensicherung auf den SAN-Pool zurückgreift). In einer Umgebung mit mehreren unterschiedlich eingesetzten Servern wird die Lizenzgeschichte damit bald einmal ziemlich kompliziert. Dies umso mehr, wenn zusätzliche Agents für das Backup von Datenbank- und Exchange-Servern im laufenden Betrieb ins Spiel kommen.
Wer Linux auf dem Desktop einsetzt, muss zusätzlich aufpassen: Bei Yosemite gelten unter Linux sowohl Server als auch Workstations als «Client Server» und benötigen jeweils eine Client-Server-Lizenz.
Andere Anbieter wie Atempo, Bakbone und CA offerieren kein gesondertes Produkt für kleinere Umgebungen. Für KMU kommt hier eine Workgroup-Lizenz in Frage, die im allgemeinen einen Master-Server und unterschiedlich viele Clients umfasst – beliebig viele Clients sind praktisch bei keinem Hersteller inbegriffen. Obwohl auch die Enterprise-Hersteller zunehmend Wert auf leichte Bedienbarkeit legen, sind diese Produkte im allgemeinen nicht speziell auf die Bedürfnisse im KMU ausgelegt. Andererseits bieten sie von Haus aus Unterstützung für die breiteste Palette von Systemplattformen und Speichergeräten: Einige Entry-Level-Lösungen lassen sich nicht mit beliebigen Autoloadern und Disk Arrays einsetzen oder sind beim Interface (iSCSI, Fibre Channel) wählerisch.
Einen eigenen Weg geht Commvault, Hersteller der verbreiteten Datensicherungslösung Galaxy. Die Einstiegsversion Galaxy Express ist in erster Linie zusammen mit gewissen Storage-Einheiten von Dell und Netapp erhältlich.
Etwas andersartig ist auch die Empfehlung des deutschen Herstellers Gruppemedia, der neben diverser Speicherhardware ein umfassendes Datenmanagementpaket mit Backup, Archivierung, Synchronisation und automatisierter CD/DVD-Produktion anbietet. Für den Einsatz in «kleinen Firmen» schlägt Gruppemedia nicht etwa das Backup-Modul vor, sondern den Syncserver, der seiner Bezeichnung entsprechend den Inhalt verschiedener Disks synchronisiert und so als plattformübergreifende Backup-to-Disk-Lösung eingesetzt werden kann. Auch Gruppemedia bietet dafür ein von der Anzahl Clients unabhängiges Lizenzmodell an; bezahlt wird nach dem gesicherten Datenvolumen.
Serverbasierte Backup-Pakete für den Einsatz im KMU