Perfektes Image für Windows-Server

Nach einem Server-Crash zählen vor allem drei Dinge: Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Einfachheit der Recovery-Lösung. InfoWeek hat vier aktuelle Lösungen verglichen und zeigt, welche davon den Systemverwalter in einer Stresssituation wirklich entlasten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/15

     

Besonders für kleine und mittlere Unternehmen sind herkömmliche Methoden zur schnellen Wiederherstellung eines Servers zu komplex oder zu kostspielig. Dabei sind KMU mindestens ebenso darauf angewiesen wie grosse Konzerne, denn Ausfälle des Warenwirtschaftssystems oder der Lagerverwaltung sind meist mit hohen Kosten verbunden. Abhilfe versprechen Werkzeuge, die ein Abbild (Image) einer kompletten Festplatte oder einer einzelnen Partition erstellen. Zu diesem Zweck mussten die zu sichernden Systeme in der Vergangenheit meist heruntergefahren und mit einer DOS-Diskette gestartet werden. Die Erstellung eines solchen Offline-Image lässt sich jedoch schwer automatisieren und ist damit unpraktikabel. Besser geeignet sind Lösungen, die Online-Images erzeugen und das Betriebssystem sowie die Daten im laufenden Betrieb sichern. Mittlerweile bieten zahlreiche Hersteller entsprechende Produkte an. Wir haben die Lösungen von vier wichtigen Herstellern auf den Prüfstand gestellt und ermittelt, welche davon ihre Versprechen tatsächlich einhalten.


Hohe Anforderungen

Um sich für den Alltagseinsatz tauglich zu erweisen, müssen die Kandidaten zahlreiche Anforderungen erfüllen. Grundvoraussetzung ist natürlich die Möglichkeit zur Sicherung aller Dateien im laufenden Betrieb. Speziell bei Datenbank-Servern ist zu beachten, dass die Datenbank auch bei Verwendung von Online-Images zunächst in einen konsistenten Zustand versetzt werden muss. Hierfür eignen sich beispielsweise Scripts, deren Ausführung vor der Online-Sicherung erfolgt. Da hierbei eine Abhängigkeit zwischen den Scripts und der Ausführung der Sicherung besteht, ist es erforderlich, die Scripts über die Disk-Image-Lösung zu starten. Ein weiteres wichtiges Element ist die Möglichkeit zur zeitgesteuerten Ausführung von Sicherungs-Jobs. Da der Server im Desaster-Fall unter Umständen auf einer neuen Hardware-Umgebung wiederhergestellt werden muss, empfiehlt sich die Speicherung der Images auf einem zentralen File-Server oder auf einem NAS-System (Network Attached Storage). Für den Zugriff auf diesen Speicherplatz muss die Restore-Umgebung, die in der Regel aus einer bootbaren CD oder einer Floppy besteht, einen Netzwerk-Client mitbringen. Dieser muss in der Lage sein, die im Server eingebaute Netzwerkkarte zu erkennen und so einen netzwerkseitigen Zugriff auf das Image zu gewährleisten. Sofern ein Netzwerkzugriff nicht möglich oder erwünscht ist, sollte die Restore-Umgebung externe SCSI-, USB- oder Firewire-Geräte wie Festplatten oder CD- beziehungsweise DVD-Laufwerke unterstützen, damit auf diesem Weg eine Rücksicherung stattfinden kann. Speziell für den Restore gilt, dass dieser im Fehlerfall einfach, schnell und zuverlässig erfolgen muss. Dazu gehören neben einer schnellen Boot-Dauer der Restore-Umgebung auch eine intuitive Bedienung und zuverlässige Treiber.






Für den Praxistest installierten wir alle vier Testkandidaten auf einem unter Windows 2003 Server laufenden Dell Poweredge 1600 SC mit 1 GB Hauptspeicher und einem
2,8-GHz-Xeon-Prozessor. Der Server war darüber hinaus mit einer internen ATA-Festplatte für das Betriebssystem und einer externen SCSI-Platte zur Aufnahme der Images ausgestattet.


Acronis TrueImage Server 8.0

Die aktuelle Version 8 von True Image Server ist sowohl für Windows- als auch für Linux-Systeme erhältlich. Das Produkt unterstützt alle gängigen Windows-Dateisysteme sowie Ext2, Ext3, ReiserFS, XFS und JFS für Linux. True Image Server erlaubt dem Systemverwalter, den Vorgang zur Erstellung eines Abbildes vollständig zu automatisieren und zu beliebigen Zeitpunkten auszuführen. Dabei besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen einer inkrementellen und einer Vollsicherung. Auf Wunsch informiert True Image den Systemverwalter zudem per E-Mail oder Pop-up-Mitteilung über die Fertigstellung. Das erzeugte Abbild kann der Systemverwalter entweder auf Festplatte oder direkt auf eine CD/DVD oder auch ein Bandlaufwerk schreiben lassen. Auch externe per USB oder Firewire angeschlossene Speichermedien werden unterstützt. Als Besonderheit ist eine sogenannte «Secure Zone» implementiert. Dabei handelt es sich um einen für Windows unsichtbaren Plattenbereich, in welchem die Images abgelegt werden können. Sofern bei einem Ausfall nicht die physikalische Platte des Servers in Mitleidenschaft gezogen wurde, kann der Administrator den Restore direkt aus der Secure Zone starten und so einen Geschwindigkeitsvorteil erzielen.






Bei der Wiederherstellung kann der Systemverwalter auf Wunsch eine Vergrösserung oder Verkleinerung der ursprünglichen Partitionsgrösse durchführen. Für die Wiederherstellung einer Betriebssystempartition wird zudem ein bootfähiges CD-/DVD-Laufwerk benötigt, da dieser Vorgang nur offline möglich ist. Reine Datenpartitionen lassen sich auch im laufenden Betrieb zurücksichern. Sehr praktisch ist, dass das Tool über eine Script-Schnittstelle zur Automatisierung von Aufgaben verfügt. Da die Windows-ähnliche Recovery-Umgebung netzwerktauglich ist, lassen sich die von Acronis True Image erzeugten Dateien problemlos von einem NAS-Speicher wiederherstellen.
Wenn der Systemverwalter keine komplette Partition wiederherstellen möchte, sondern nur einzelne Dateien, so kann er dies mit Hilfe der Funktion «Abbild durchsuchen» problemlos erledigen. Er lädt
dann einfach ein vorhandenes
Image und kann dieses anschliessend als Laufwerk im Betriebssystem zur Verfügung stellen, um einzelne Dateien per Explorer zu extrahieren.


Problemlose Handhabung

Im Praxistest überzeugte vor allem die absolut problemlose Handhabung des Produktes. Alle Funktionen waren sofort nutzbar und erschlossen sich ohne lästiges Nachschlagen in der Dokumentation. Das Online-Backup der 3,1 GB grossen System-Partition erledigte True Image in flotten 53 Sekunden, was einem Durchsatz von 59,89 Mbps entsprach. Beim Restore-Test fiel uns die kurze Ladezeit der Recovery-CD positiv auf. Dafür benötigte Acronis verhältnismässig lange, um ein zuvor gesichertes System wiederherzustellen. Für den Restore der 1-GB-Imagedatei nahm sich das Produkt 80 Sekunden Zeit. Die externe SCSI-Platte wurde von der Recovery-Umgebung erkannt und war voll nutzbar. Ein Restore über die im Server eingebaute Gigabit-Netzwerkkarte von Intel verlief gleichfalls problemlos. Alles in allem überzeugte uns True Image Server 8.0 von allen Produkten am meisten.


Paragon Drive Backup Server Edition

Ebenso wie die meisten seiner Mitbewerber hat auch Paragon der aktuellen Version 7 seines Produktes Drive Backup eine Menge Funktionalitäten mit auf den Weg gegeben. So findet der Systemverwalter sowohl eine Kommandozeilenumgebung wie auch die Möglichkeit, Backup-Jobs im Voraus zu planen und zu beliebigen Zeiten auszuführen. Eine Unterstützung der gängigen Windows-Betriebs- und Dateisysteme ist dabei ebenso selbstverständlich wie die Möglichkeit, inkrementelle Sicherungen auszuführen. Als Besonderheit hat die Server Edition von Drive Backup eine Netzwerk-Brennerfunktion implementiert. Damit ist der Systemverwalter in der Lage, Images per iSCSI-Protokoll auf einen zentralen CD-/DVD-Brenner zu schreiben. Eine Vollzugsmeldung per Mail über das erfolgreiche oder fehlgeschlagene Ausführen eines Backup-Jobs kann sich der Systemverwalter auf Wunsch ebenfalls zusenden lassen.






Viel Mühe haben die Entwickler anscheinend in die Recovery-Umgebung gesteckt. Diese ist geradezu gespickt mit verwirrend vielen Funktionalitäten. Die Basis bilden eine spezielle von Paragon angepasste Linux-Variante sowie eine DOS-Version. Beide bieten sowohl eine grafische als auch eine zeichenbasierte Oberfläche an. Standardmässig bootet die CD in die grafische Linux-Oberfläche. Netzwerkunterstützung und die Möglichkeit zur Nutzung externer Speichermedien sind ebenfalls in die Recovery-Umgebung integriert.


Recovery mit Problemen

Der Umgang mit Drive Image zur Erstellung von Images gestaltete sich ebenso einfach wie bei den Produkten der Mitbewerber. Auffallend war jedoch, dass die Erstellung einer Image-Datei aus einer 3,13 GB grossen Partition mit 170 Sekunden wesentlich länger dauerte als bei den anderen Testkandidaten. Der Durchsatz war mit 18,85 Mbps entsprechend deutlich langsamer als bei den anderen getesteten Produkten. Dafür lag die erzielte Kompression mit 79,05 Prozent etwas über den Werten des Mitbewerbs. Beim Restore-
Test zeigten sich zudem Probleme beim Laden der Linux-basierten Recovery-CD. Diese blieb beim Versuch, in die grafische Umgebung zu booten, einfach stehen. Der Versuch, in die kommandozeilenbasierte Linux-Umgebung zu booten, gelang zwar auf Anhieb, jedoch wurde die von uns verwendete externe SCSI-Platte mit der darauf abgelegten Image-Datei nicht erkannt, so dass ein Restore nicht möglich war. Versuchsweise booteten wir noch die DOS-basierte Recovery-Umgebung. Über diese bekamen wir dann alle Platten angezeigt, und auch einen Restore konnten wir starten, allerdings war der erzielbare Datendurchsatz mit weniger als einem Mbps nicht dazu geeignet, einen schnellen Restore zu erzielen. Ein versuchsweise durchgeführter lokaler Restore auf einem reinen IDE-System funktionierte ebenso problemlos wie der Restore über das Netzwerk.


Symantec Live State Recovery Server 3.0

Seit der Übernahme von Powerquest durch Symantec hat sich das von v2i Protector in Live State Recovery umbenannte Produkt in etlichen Punkten weiterentwickelt. So kann Live State Recovery nun nicht nur alle gängigen Dateisysteme sichern, sondern vermag laut Hersteller auch mit Veritas Volume-Manager-Disks umzugehen. Die Sicherung kann sowohl als Vollsicherung als auch inkrementell erfolgen. Live State Recovery ist zudem nun in der Lage, mehrere inkrementelle Images zu einem einzelnen Image zu konsolidieren, um so den Restore-Vorgang zu beschleunigen. Die Vorgänge zur Erstellung von Images lassen sich zudem vollständig automatisieren und zu beliebigen Zeitpunkten ausführen. Vor, während und nach Beendigung des Online-Backups kann der Systemverwalter zudem Scripts aufrufen. Somit lässt sich der Server beispielsweise durch Stoppen von Diensten auf die Sicherung vorbereiten. Sofern auf dem Server Datenbanken laufen, die den Microsoft Volume Shadow Copy Service (VSS) unterstützen, versetzt Live State Recovery diese vor dem Backup automatisch in einen konsistenten Zustand.






Die Ablage der Image-Dateien kann dabei sowohl lokal als auch zentral auf einem NAS-Speicher erfolgen. Zudem wird das direkte Schreiben von CDs oder DVDs ebenso unterstützt wie JAZ-, REV- und ZIP-Laufwerke oder Firewire- beziehungsweise USB-Geräte. Eine Nutzung von Bandlaufwerken sieht Symantec nicht vor. Die Wiederherstellung von Daten kann entweder komplett durch einen Restore der Image-Datei oder per Image-Browser auf Basis einzelner Dateien erfolgen.


Die Lösung im Test

Ähnlich wie Acronis True Image präsentierte sich auch Live State Recovery als wohl durchdachte und einfach zu bedienende Lösung. Für das Online-Backup der 3,31 GB grossen Systempartition benötigte Live State Recovery genau 60 Sekunden und war mit 56,49 Mbps einen Tick langsamer als Acronis True Image. Für den Restore der 1,25 GB grossen Image-Datei beanspruchte Live State Recovery dagegen nur 48 Sekunden und war beinahe doppelt so schnell wie die Lösung von Acronis. Allerdings nimmt die Ladezeit der von CD gestarteten Recovery-Umgebung sehr viel Zeit in Anspruch, so dass der Vorsprung, den Symantec vor Acronis hat, weitgehend dahinschmilzt. Als Kritikpunkt ist anzumerken, dass die Vielzahl der Optionen, die Symantec in der Recovery-Umgebung über zahlreiche Einzelbildschirme verteilt hat, etwas verwirrend erscheint. Der Restore-Test über das Netzwerk gestaltete sich bei Live State Recovery reibungslos.


Tom Ehlert SoftwareDrive Snapshot 1.36

Drive Snapshot zeichnet gleich eine ganze Reihe positiver Eigenschaften aus. Zum einen ist das Tool mit einer Grösse von gerade mal 156 kB sehr schlank programmiert. Weiterhin bedarf es keinerlei Setup-Routine, um es unter Windows nutzen zu können. Über einen einfachen Doppelklick auf die EXE-Datei startet Drive Snapshot, und der Systemverwalter kann sofort mit der Erstellung eines Online-Backups beginnen. Als weiteren Pluspunkt kann Drive Snapshot einen konkurrenzlos günstigen Preis für sich verbuchen. Dieser geht allerdings zu Lasten etlicher Funktionalitäten, die bei den Mitbewerbern integriert sind. So gibt es bei Drive Snapshot weder inkrementelle Backups noch einen integrierten Scheduler, um Sicherungs-Jobs zeitgesteuert ausführen zu können. Da sich die Software jedoch auch per Kommandozeilenoptionen steuern lässt, kann der Systemverwalter zumindest über den Windows Task Scheduler eine zeitgesteuerte Sicherung durchführen.
Was die Recovery-Umgebung anbelangt, so zeigt sich Drive Snapshot ebenfalls sehr spartanisch. Der Hersteller liefert lediglich eine auf Free DOS basierende Restore-Umgebung mit Netzwerkunterstützung, die per Floppy zu starten ist. Sie basiert auf den bekannten Freeware-Tools von Bart Lagerweij (www.nu2.nu/bootdisk/network/). Der Systemverwalter muss so gegebenenfalls umfangreiche Anpassungen vornehmen, um die Recovery-Umgebung überhaupt lauffähig zu machen.


Recovery auf Umwegen

Um mit Drive Image eine Online-Sicherung durchzuführen, bedarf es nur weniger Klicks. Der Backup-Prozess benötigte für die 3,08-GB-Partition 65 Sekunden, was einem Durchsatz von 48,52 Mbps und damit Platz drei entsprach. Aufgrund der wenigen Optionen erwies sich die Handhabung des Tools als einfach und praxistauglich, zumindest was den Backup-Prozess anbelangte. Für den Restore erzeugten wir über das mitgelieferte Tool eine Restore-Disk und versuchten, unseren Server damit zu booten, was jedoch jedes Mal mit einer Fehlermeldung endete. Ein Restore war somit nicht möglich. Auf Umwegen gelang schliesslich doch der Restore-Test. Hierfür kam eine mit dem Bart PE Builder (www.nu2.nu/ pebuilder/) erstellte Windows XP Recovery-CD zum Einsatz, über die sich Drive Snapshot starten liess. Der Restore verlief nun problemlos. Allerdings liefen die dabei erreichten Performancewerte ausser Konkurrenz, da sie nicht mit der vom Hersteller gelieferten Recovery-Umgebung erzielt worden waren.




Die Testkandidaten im Überblick




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