Solide Backup-Komplettlösung für KMU

Mit der jüngsten Version von Retrospect bietet EMC Dantz eine gelungene Backup-Lösung für heterogene KMU-Umgebungen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/09

     

Als Backup-Software für kleine und mittlere Unternehmen hat das ursprünglich aus der Mac-Welt stammende Retrospect schon seit einiger Zeit auch in Umgebungen mit Windows-Servern Fuss gefasst. Nun hat die im Oktober letzten Jahres von EMC übernommene Dantz die Version 7.0 der Backup-Lösung auf den Markt gebracht. Auch die erste Neuerscheinung unter der neuen Federführung ist für alle gängigen Windows-Client- und -Server-Betriebssysteme optimiert. Das Unternehmen möchte offensichtlich die eingeschlagene Richtung weiterführen und sich mit seiner Backup-Lösung in heterogenen Umgebungen etablieren.
Retrospect 7.0 steht in fünf Versionen zur Auswahl, angefangen bei der Desktoplösung Retrospect Professional für den SOHO-Betrieb in einer Arbeitsgruppe über die Disk-to-Disk-Lösung für reines Festplatten-Backup bis zu den Serverversionen, die in den drei Lizenzstufen Single Server, Small Business Server und Multi Server angeboten werden. Letztere ist dabei für den Mehrserverbetrieb mit vielen Clients ausgerichtet.


Teure Add-ons

Optional werden verschiedene Erweiterungen angeboten. Dazu zählen unter anderem Add-ons für Open Files sowie SQL-Server- und Exchange-Server-Agenten, welche die Wiederherstellung bis auf
E-Mail-Ebene vornehmen können.
Für den Test stand uns die Multi-Server-Version mit sämtlichen Erweiterungen zur Verfügung. Preislich bewegt sich die Standard-Ausgabe im Rahmen vergleichbarer Konkurrenzprodukte wie etwa Backup Exec von Veritas. Das Add-on-Paket, das für Betriebe mittlerer Grösse sicherlich sinnvoll ist, schlägt aber mit fast 3500 Franken doch etwas happig zu Buche.
Zu den wesentlichsten Neuerungen gegenüber der Vorgängerversion gehört die Unterstützung zur Sicherung und Wiederherstellung von einzelnen öffentlichen Exchange-Ordnern. Zudem kam zur Verschlüsselung der Daten auf dem Backup-Medium ein 128-Bit-AES-Schlüssel (Advanced Encryption Standard) hinzu. Weiter bietet die neue Version Unterstützung der Client-Betriebssysteme von Red Hat Linux, Suse Linux sowie Mac OS X und Solaris.


Einfache Installation

Die Installation könnte einfacher nicht sein: Lizenznummer eingeben, Benutzer definieren und loslegen. Auch das Erstellen der Backup-Aufträge und die Erfassung der Speichermedien gehen schnell und einfach von der Hand.
Etwas komplizierter wird es, wenn spezifische Einstellungen erforderlich sind. Denn obwohl die Menü-Oberfläche auf den ersten Blick sehr simpel und übersichtlich wirkt, kränkelt sie an Unübersichtlichkeit, wenn man tiefer in die Konfiguration eindringen muss.
Das mitgelieferte Handbuch ist als generelle Übersicht ganz gut, im praktischen Einsatz aber nicht wirklich hilfreich – auch deshalb, weil das Werk nach Themen und nicht nach Menü-Relevanz aufgebaut ist. Mehr Unterstützung erhofften wir uns von der Online-Hilfe. Aber auch hier wurden wir enttäuscht, denn ausser den Begriffserläuterungen bietet sie schlicht nichts.


Performance-Schub durch zwei Kataloge

Neben den gängigen Backup-Instrumenten wie Bandlaufwerken, Tape-Autoloader und Librarys, Festplatten sowie CD- und DVD-Rohlingen, lassen sich jetzt auch NAS-Geräte (Network Attached Storage) einsetzen, die über das SMB/CIFS-Protokoll (Server Message Block/Common Internet File System) angesprochen werden.
Nach dem ersten Basis-Backup arbeitet die Software mit darauf aufbauenden, inkrementellen Sicherungen. Dabei lassen sich Backup-Vorgänge nach der üblichen Scheduler-Methode automatisieren. Ein verbesserter Assistent hilft dem Administrator bei der Erstellung der Skripts und der Selektierung der Sicherungsdaten.
Bei jeder Sicherung werden die Dateien in zwei Dateiverzeichnissen geführt: einerseits der Inhalt der aktuellen Differenzsicherung (Session), andererseits die auf dem Quellmedium vorhandenen Daten (Snapshot). Beide Katalogdateien werden auf der Festplatte des Servers abgelegt. Im Falle einer Datenwiederherstellung erzielt dieses System einen enormen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber einer Indexierung vom entsprechenden Bandlaufwerk. Selbstverständlich lassen sich die Daten auch auf herkömmlichem Weg katalogisieren.
Hervorzuheben ist eine Technologie, die hilft, innerhalb eines Backup-Sets Redundanzen zu vermeiden. Die Daten von verschiedenen Quellen werden untereinander abgeglichen, und mehrfach vorhandene Daten werden lediglich einmal gesichert. Falls in einer Sicherung mehrere Clients mit demselben Betriebssystem gesichert werden sollen, streicht Retrospect die redundanten Daten auf einen Bestand zusammen und legt Querverweise auf den Originalbestand. Diese Funktion spart enorm viel Platz auf dem immer zu kleinen Backup-Medium.


Keine Parallelisierung

In der aktuellen Version wurden auch die Disk-to-Disk- und Disk-to-Disk-to-Tape-Backup-Funktionen überarbeitet. In einem Backup-Fenster lassen sich grössere Datenmengen auf Harddisk beziehungsweise Storage Array sichern und später auf das langsamere Bandlaufwerk auslagern. Hierbei vermissten wir die Funktion einer echten Parallelisierung von Backup-Vorgängen. Zwar können bis zu acht Sessions gleichzeitig laufen, aber nur dann, wenn nicht auf dasselbe
Quell- respektive Zielmedium zugegriffen wird.
Um Platz zu gewinnen, lassen sich bei einem Disk-to-Disk-Backup-Set einzelne Daten anhand der Session- respektive Snapshot-Information aus dem Backup-Pool streichen. So können alle Daten, die beispielsweise älter als eine Woche sind, aus dem Backup entfernt werden.


Sicherung mobiler Geräte

Insbesondere für die Sicherung mobiler Clients eignet sich die Funktion Proactive Backup. Damit lassen sich statt fest geplanter Aufträge Zeitfenster zur Sicherung der Clients festlegen. Dabei müssen lediglich die zu sichernden Rechner und Ziele definiert werden, Retrospect versucht dann, die Clients einmal täglich zu sichern. Stehen diese einmal nicht zur Verfügung, versucht es der Server zu einem späteren Zeitpunkt wieder. Die Anzahl der Zugriffsversuche kann vom Verwalter festgelegt werden.
Bei einem totalen Systemausfall bietet Retrospect schliesslich die Möglichkeit, anhand einer kompletten Systemsicherung ein CD-Rom-Image zu erstellen, mit dem man den Rechner von Grund auf wiederherstellen kann. Zur Erstellung der startbaren CD-Rom muss man die Originalsoftware mit entsprechender Lizenznummer zur Hand haben. In der Praxis funktionierte die Wiederherstellung einwandfrei. Die Anfertigung einer Recovery-CD bei einem Windows-2000-Domänencontroller dauerte rund eine Stunde.


Gut, aber zu teuer

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Version 7 von Retrospect sämtliche Bedürfnisse abdeckt, die kleine und mittlere Unternehmen an die Datensicherung stellen. Darüber hinaus ist die Software schnell installiert und konfiguriert und lässt sich nach einer gewissen Angewöhnungsphase leicht bedienen. Diese Phase kann sich etwas hinauszögern, da sowohl das Benutzerhandbuch als auch die Online-Hilfe im Praxiseinsatz schlicht versagen. Preislich bewegt sich die Lösung im Rahmen von Konkurrenzprodukten wie beispielsweise Backup Exec. Dabei ist aber zu erwähnen, dass EMC mit dieser Version erste Gehversuche im heterogenen KMU-Umfeld wagt, das Produkt von Veritas hingegen als State of the Art gilt. Unter diesem Aspekt hätte EMC gut daran getan, seine Software, und insbesondere das Erweiterungs-Paket, günstiger anzubieten.




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