IT-Löhne 2002
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/41
Massenentlassungen, vor allem im Telekommunikationsbereich, füllten in den letzten Monaten die Schlagzeilen. Branchengrössen wie Cisco, Intel, HP, Compaq, Hitachi, Nortel, Motorola, Nokia oder Ericsson waren weltweit von solchen oder ähnlichen Massnahmen betroffen. Dies führte unweigerlich dazu, dass auch die Euphorie im IT-Jobmarkt gebremst wurde und sich die kurzfristige Situation für den Arbeitnehmer negativer gestaltet.
Dies dürfte sich wohl in gewissen Berufskategorien auch auf die anstehende Lohnrunde auswirken. "Einige Firmen, vor allem im Telekommunikationsbereich, haben diverse Stellen abgebaut, was zur Folge hat, dass der Arbeitsmarkt nicht mehr so ausgetrocknet ist. Es hat wieder mehr qualifiziertes Personal auf dem Markt", schätzt Paul Brodmann, Arbeitsgruppenleiter Saläre von SwissICT, die Situation ein. Mit 2400 Mitgliedern ist die SwissICT der grösste Branchenvertreter im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie in der Schweiz.
Die Zeiten, als für IT-Personal horrende Saläre bezahlt wurden, scheinen - zumindest vorerst - vorbei zu sein. Rückblickend kann davon ausgegangen werden, dass sich die Salärsituation eingependelt hat. "Vor einem Jahr hatte man in gewissen Bereichen Lohnzunahmen von fünf bis zehn Prozent, während die Erhöhungen in anderen Kategorien abnahmen", analysiert Brodmann. "Im Durchschnitt lag die Erhöhung leicht über dem Teuerungsausgleich." Auch sind nur noch kleine Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufsgattungen festzustellen.
"Im allgemeinen ist die kurzfristige Situation für den Arbeitnehmer negativer geworden", fährt Brodmann fort. "Nichtsdestotrotz stehen gewisse Spezialisten nach wie vor hoch in der Gunst des Arbeitgebers. SAP-, Oracle-, oder Unix-Systemspezialisten beispielsweise sind immer noch sehr gesucht. Weniger gefragt sind Telekommunikationsspezialisten. Der Telekomm-Markt hat eine Zeit lang so stark geboomt, dass es jetzt wieder eine langsame Bereinigung gibt."
Generell vermutet Brodmann, dass die Löhne 2002 im Durchschnitt nur wenig erhöht werden. Allerdings betont er auch, dass Leute mit guter Ausbildung und Know-how nach wie vor hoch gehandelt werden. "Und wenn für solche Leute primär das Salär im Vordergrund steht, können sie es auch erwarten - spätestens mit einem Stellenwechsel." Die Sache hat aber auch seine Grenzen, wie auch Brodmann zu relativieren weiss: "Es gibt jetzt schon IT-Spezialisten in verantwortungsvollen Positionen, die 150'000 Franken im Jahr verdienen. Da wird es schwierig, mehr zu erwarten. Aufgrund der veränderten Marktsituation sind die Firmen auch weniger kompromissbereit. Ausserdem haben sich die Löhne auf einem gewissen Niveau eingependelt. Irgendwo zwischen 120'000 und 140'000 Franken liegt die Grenze für ausgewiesene Spezialisten." Für Brodmann gibt es zwei Faktoren, die über die Höhe des Lohnes bestimmen. Zum einen ist dies die Personalpolitik, welche die Firma verfolgt, und zum anderen Angebot und Nachfrage auf dem Markt. Aber keine Regel ohne Ausnahme: "Es gibt immer Leute, die überhöhte Gehälter haben", so Brodmann. "Dies sind jedoch Ausnahmen, die nicht viel mehr als ein Prozent ausmachen. Ausserdem sind dies meist nur kurzfristige Anstellungen in einer Phase, wo die Firma abhängig ist."
Etwas Transparenz über die Lohnpolitik innerhalb der verschiedenen Branchen bringt die jährliche Lohnumfrage, welche die UBS zum 13. Mal unter Unternehmen und Arbeitgeberverbänden in 17 Branchen, in denen insgesamt 53 Prozent der Schweizer Erwerbstätigen beschäftigt sind, durchgeführt hat.
Das Ergebnis der diesjährigen Umfrage, das am 1. November in Zürich bekanntgegeben wurde, zeigt, dass die Schweizer Lohntüten 2002 erneut dicker werden. Allerdings haben die jüngsten Krisen deutliche Auswirkungen auf die Tarifrunde. Durchschnittlich werden die Löhne im nächsten Jahr um 2,3 Prozent ansteigen. 75 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die jüngsten Krisen einen Einfluss auf den Lohnabschluss haben werden. 42 Prozent stufen den Einfluss sogar als stark bis sehr stark ein. Mit einer erwarteten Lohnerhöhung von 3,2 Prozent ist einmal mehr die Informatikbranche Spitzenreiter. Auch die Arbeitnehmer in der chemischen und pharmazeutischen Industrie (2,9%), im Gastgewerbe (2,9%) und im Detailhandel (2,8%) werden ganz passable Lohnsteigerungen erfahren. Die Verlierer sind die Uhrenindustrie (1,4%), die Textilindustrie (1,4%), die Druck- und Grafikindustrie (1,6%) und die Banken (1,8%).
Die Umfrage zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Bonuszahlungen in der Industrie und der Dienstleistungsbranche. Während in der Industrie nur 10 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass die Boni 2002 sinken werden, rechnen in der Dienstleistungsbranche 56 Prozent mit rückläufigen Bonuszahlungen, 34 Prozent sogar mit deutlichen Rückgängen.
In der Industrie gehen 71 Prozent der Befragten davon aus, dass die unteren Lohngruppen sich gleich entwickeln werden wie die Durchschnittslöhne. Ein schnelleres Wachstum der Niedriglöhne erwarten nur 24 Prozent. Im Dienstleistungssektor scheinen die unteren Lohngruppen eher an Boden gut machen zu können. Dort rechnen 43 Prozent der Teilnehmer mit einem rascheren Wachstum der Niedriglöhne.
Die Teilnehmer der Umfrage schätzen den Lohnanstieg im laufenden Jahr auf 3 Prozent ein. Bei einer Inflationsrate von 1,1 Prozent ergibt sich damit ein Sprung der realen Löhne um knapp 2 Prozent - der grösste Zuwachs seit 1988.
Obschon Arbeitnehmer in der Informatikbranche laut der UBS-Umfrage die besten Aussichten für eine Lohnerhöhung haben, spielt es innerhalb der meisten Unternehmen keine Rolle, ob es sich um IT-Personal oder um Angestellte in anderen Bereichen handelt. Die UBS selber hat Ende Oktober ihre individuellen Erhöhungen bekanntgegeben. Dabei wurde die Basislohnsumme für das Jahr 2002 um 1,4 Prozent erhöht.
"Die Erhöhung der Basislohnsumme bedeutet nicht, dass jeder Angestellte automatisch 1,4 Prozent mehr Lohn erhalten wird", erklärt Serge Steiner, Mediensprecher der UBS. "Die Verteilung geschieht leistungsabhängig. Dabei spielt es keine Rolle, ob es der IT-Mensch oder jemand anderer ist. Die Empfehlung des direkten Vorgesetzten hat ebenfalls einen Einfluss", so Steiner weiter. Neben des Basislohns, der als Fixlohn gilt, hat die UBS ein Bonussystem. Die Verteilung der Boni wird nach einem proprietären System errechnet. Dabei gilt unter anderem die Erreichung der im Vorjahr vereinbarten Ziele als Messlatte.
Ähnlich gestaltet sich die Lohnpolitik bei IBM, ausser, dass die Lohnanpassungen unabhängig von Teuerungszulagen und Reallohnerhöhungen stattfinden. Die Lohnrunden finden bei IBM denn auch erst im Sommer statt.
"Die IBM Schweiz hat 1994 ein neues Salärsystem mit Erfolgsbeteiligung eingeführt, und zwar auf allen Stufen", gibt Susanne Orozco, Pressesprecherin IBM Schweiz, Auskunft. "Jeder Mitarbeiter hat ein vertraglich zugesichertes Grundsalär (100%) mit einem flexiblen Anteil bei einer Plangrösse von 10 Prozent. Die Plangrösse dieses variablen Anteils kann natürlich über-, aber auch unterschritten werden. Der variable Anteil setzt sich zusammen aus den Finanzresultaten der IBM Corporation sowie der persönlichen Leistung, die einmal im Jahr anlässlich des Mitarbeiter-Zielgesprächs beurteilt wird. Deshalb ist es auch schwierig, jetzt schon eine Prognose für das nächste Jahr abzugeben." Aber eines ist sicher: Auch bei Big Blue wird künftig die Leistung des einzelnen Mitarbeiters die entscheidende Rolle für sein Einkommen spielen: "Die IBM setzt stark auf Leistungskomponenten, wobei auch die Fähigkeiten, Skills, Know-how und Ausbildung der einzelnen Mitarbeitenden berücksichtigt werden. Dazu kommen Faktoren wie Geschäftsverlauf, Konjunktur, Salärvergleiche innerhalb der Branche und Arbeitsmarkteinschätzungen", schliesst die Mediensprecherin ab.