Multifunktionsgeräte: Einer für alles
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/27
Kombigeräte sind beliebte Bürogenossen in kleinen und mittleren Unternehmungen, aber auch in SoHo-Umgebungen. Sie sind so vielseitig wie Zehnkämpfer und kosten meist einiges weniger, als wenn man sich einzelne Geräte zulegt.
Die Anforderungen an die Allrounder sind hoch gesteckt, schliesslich müssen sie sich in den Disziplinen Drucken, Scannen, Faxen und Kopieren behaupten. Fehlt nur noch, dass sie uns den Kaffee kochen. Das klingt doch alles fantastisch. Man hat schliesslich keine Kompatibilitätsprobleme mehr zwischen den einzelnen Komponenten, benötigt nur noch einen Treiber, der im System für Ordnung sorgt, und lediglich eine Schnittstelle, die belegt werden muss. Alle in unserer Marktübersicht vorgestellten Geräte verfügen über die vier oben erwähnten Funktionen. Zur besseren Übersicht haben wir die Tabelle in drei Kategorien unterteilt. Den Hauptanteil mit 16 Geräten machen die Schwarzweiss-Multis aus, die Formate bis A4 verarbeiten. Weiter stellen wir 10 A4-Farblösungen sowie 5 A3-Schwarzweiss-Multitalente vor.
Multifunktionsgeräte verdanken ihre Existenz einer einfachen Überlegung, die sehr einleuchtend klingt: Faxgeräte und Kopierer bedienen sich beide einer Druck- und Scaneinheit. Also liegt es nahe, alle vier Funktionen in einem Gerät zu vereinen. Geld spart man allerdings nur bedingt, denn schon für 500 Franken bekommt man einen sehr guten Tintenstrahl- oder einen guten Laserdrucker, und ab etwa 300 Franken sind hochwertige Scanner erhältlich. Der Kombi rechnet sich also nur wegen des Faxgeräts. Wer darauf verzichten kann, sollte zu Einzelgeräten oder zu einer Drucker-Scanner-Kombilösung greifen, wie sie von den meisten Herstellern auch angeboten wird.
Die Alleskönner wurden in den letzten Jahren entscheidend verbessert. Trotzdem sind sie nicht immer auf demselben technischen Niveau wie Einzelkomponenten. Natürlich gibt es auch einige positive Ausnahmen, welche allerdings ihren Preis haben. Unabhängig davon stellt sich die Frage, was das Konzept von Alleskönnern überhaupt bringt.
Der einzige nennenswerte Vorteil ist wohl, dass die Allrounder weniger Platz im Büro beanspruchen. Denn abgesehen davon sind die Einzelgeräte den Multis in fast allen Disziplinen überlegen. Wer einzelne Geräte kauft, hat schliesslich die Möglichkeit, die Produkte und Funktionen individuell zu wählen, und muss nicht unnötig Geld für Features ausgeben, die er ohnehin nicht braucht.
Ausserdem können einige Funktionen der Alleskönner nicht gleichzeitig miteinander arbeiten. Und ist die Tintenpatrone oder der Toner am Ende, können auch keine Faxe mehr ausgedruckt werden.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender Nachteil der Multis besteht darin, dass im Falle eines Defektes automatisch alle anderen Komponenten ebenfalls ausfallen. Steht keine Alternative zur Verfügung, ist der Bürobetrieb lahmgelegt, denn schliesslich muss die ganze Kiste in die Werkstatt und mit Faxen und Scannen ist Schluss. Wer mehrere einzelne Geräte im Einsatz hat, kann in diesem Fall zumindest die anderen Funktionen weiter verwenden. Wer ausserdem immer das neueste der Entwicklung haben will, ist mit den Einzelgeräten ebenfalls besser bedient und kann sich die neuesten Drucker oder Scanner besorgen und dennoch die anderen Geräte weiterverwenden.
Allerdings haben die Allrounder auch ihre Vorteile, schliesslich wurden die Geräte weiterentwickelt und bieten Leistungsdaten, die sich sehen lassen können. Ausserdem sind die einzelnen Komponenten einfach zu installieren und zu bedienen und verlangen von den Mitarbeitern weniger Know-how und kürzere Einarbeitungszeiten.
Zunächst muss man sich für ein Druckverfahren entscheiden. Braucht man nur Schwarzweissdrucke, empfiehlt sich der Einsatz eines Lasergerätes, für Farbprints kommen fast ausschliesslich Tintenstrahler zum Zuge. Laser arbeiten in der Regel schneller als Tintenspritzer und eignen sich deshalb auch besser für grössere Druckaufkommen.
Für Farbprints ist die Qualität von Laserprintern meist, gerade in der unteren Preiskategorie, mangelhaft. Hier machen Tintenstrahldrucker eindeutig die bessere Figur, bringen sie doch Prints zustande, die beinahe fotorealistisch sein können. Ausserdem unterscheiden sich die Geräte auch im Format. Die meisten Multifunktionsgeräte erlauben Vorlagen bis zur Grösse einer A4-Seite. Canon, Matsushita, Ricoh und Lexmark bieten aber auch Lösungen, die Formatgrössen bis A3 verarbeiten können.
In der Druckgeschwindigkeit unterscheiden sich die Geräte erheblich. Der Aficio 1035/1045 von Ricoh beispielsweise soll laut Hersteller eine Druckgeschwindigkeit im A4-Schwarzweissdruck von bis zu 45 Seiten pro Minute schaffen, während mit den MultiPass C70 und C80 von Canon lediglich 5 Seiten pro Minute möglich sind.
Wichtig ist überdies das Handling von Verbrauchsmaterialien. Während bei einem Laserdrucker lediglich eine Tonerpatrone und allenfalls eine Belichtungseinheit eingesetzt wird, die meistens durchaus eine lange Lebenszeit gewährleistet, sind die Tintenstrahldrucker mit zwei bis vier Tintenpatronen bestückt. Wird nur eine einzelne Patrone für Farb- und Schwarzweissdruck eingesetzt, kann dies den Nachteil haben, dass wenn die meistgebrauchte Farbe zu Ende geht, die ganze Patrone ersetzt werden muss. Werden hingegen vier einzelne Patronen mit den Farben Schwarz, Cyan, Magenta und Gelb eingesetzt, muss nur jeweils die Patrone ausgetauscht werden, deren Tintenvorrat gerade aufgebraucht wurde. Letztendlich spart man wiederum Geld und Zeit, wenn der Papiervorrat nicht jeden Tag aufgefüllt werden muss. Die Geräte in unserer Übersicht bieten hier schon recht voluminöse Papierschächte, die bereits in der Standardversion bis zu 1100 Blatt fassen können.
Bei der Wahl des Scanners muss zunächst wieder der Verwendungszweck beleuchtet werden. Eine entscheidende Rolle spielt hier die Überlegung, welche Vorlagen verwendet werden. Müssen nur plane Vorlagen wie Fotos, Dokumente oder Briefe eingescannt werden, genügt ein Einzugsscanner. Müssen allerdings auch Diavorlagen oder Bücher verarbeitet werden, muss ein Flachbett-Modell her. Der Einzugsscanner hat den Vorteil, dass die Verarbeitung effizienter erfolgen kann, zumal oft ganze Stapel automatisch gescannt werden müssen.
Die meisten Kombigeräte arbeiten mit Scannern, die Vorlagen bis zum Format A4 verarbeiten. Wie schon bei der Druckoption können hier wiederum einige Geräte von Canon, Matsushita, Ricoh und Lexmark Vorlagen bis zum Format A3 einscannen. Die Qualität der Scans hat erhebliche Unterschiede. Die Auflösungen reichen von 300x600 dpi bis hin zu 600x1200 dpi. Die Scanner arbeiten mit 64 bis 256 Graustufen. Farbscanner erreichen eine Farbtiefe von 24 bis 48 Bit. Die Geschwindigkeit dürfte hier wohl keine allzu grosse Rolle spielen. Denn wer den Scanner im professionellen Einsatz täglich braucht, wird sich wohl sowieso einer Standalone-Lösung bedienen.
Ein wichtiges Kriterium ist die TWAIN-Kompatibilität (Toolkit Without an Important Name). Der Name des Werkzeuges mag wohl unwichtig sein, jedoch nicht seine Funktion. Denn der Treiberstandard ermöglicht es, Scanner verschiedener Hersteller aus unterschiedlichen Programmen direkt anzusprechen.
Ist der Drucker oder Scanner gerade im Einsatz, kann das einkommende Fax gerade nicht empfangen werden. Deshalb ist es wichtig, dass das Gerät über genügend internen Speicher verfügt, der die Nachrichten zwischenspeichern kann. Dieser hat bei den verschiedenen Lösungen unterschiedliche Kapazitäten und reicht von 27 bis zu 500 Seiten. Bei einigen Geräten lässt sich der Speicher optional erweitern.
Beim Versenden eines Faxes spielt die Übertragungsgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle. Denn je schneller übertragen wird, desto mehr wird die Telefonrechnung geschont. Rund zwei Drittel der in unserer Übersicht vorgestellten Geräte arbeiten bereits mit einer Übertragungsrate von 33'600 bps. Der kleinere Anteil begnügt sich immer noch mit der weit verbreiteten Transfergeschwindigkeit von 14'400 bps. Einige Lösungen bieten aber auch optional die Möglichkeit zur Übertragung per ISDN, womit Geschwindigkeiten bis zu 64'000 bps erreicht werden können. Immer vorausgesetzt, dass die Gegenstelle auch entsprechend ausgerüstet ist. Wer also häufigen Faxverkehr hat, entscheidet sich von Vorteil für die schnellere Variante.
Die Qualität der Übertragung wie auch die Möglichkeit, in Farbe zu übermitteln, spielen hingegen eine untergeordnete Rolle. Denn nur wenn der Empfänger auch über ein Farb-Faxgerät verfügt, und ein solches dürfte in den wenigsten Büros stehen, kann er den Fax auch in Farbe empfangen.
Die meisten Geräte sind mit dem Fax-Übertragungsprotokoll ECM (Error Correction Mode) ausgestattet. Dieses ermöglicht eine fehlerfreie Übertragung, wenn es von beiden Seiten beherrscht wird. Der Sender teilt die Daten in einzelne Teilblöcke, der Empfänger überprüft laufend die Empfangsdaten. Werden fehlerhafte Blöcke erkannt, teilt der Empfänger dies dem Sender mit, der die Übertragung dann wiederholt. Erst nach fehlerfreiem Empfang werden die Daten gedruckt oder gespeichert.
Wie bereits erwähnt, bieten alle Allrounder auch Kopierfunktionen. Dabei ist zu beachten, dass einige Geräte, die über Farbscanner oder -drucker verfügen, im Standalone-Betrieb nur in Schwarzweiss kopieren können. Für Farbkopien müssen die Geräte über den PC betrieben werden. Im Büroalltag ist dies allerdings nur von untergeordneter Priorität, denn die häufigsten Kopien werden in der Regel nur in Schwarzweiss gemacht. Bei allen Produkten lassen sich Kopien per einfachen Knopfdruck erstellen. Wie bei herkömmlichen Fotokopierern verfügen auch die Kombigeräte über eine Zoomfunktion. Damit lassen sich die Vorlagen in einem bestimmten Bereich verkleinern oder vergrössern - eine nützliche Funktion, um beispielsweise mehrere Seiten auf einem Blatt Papier darzustellen oder um wichtige Details zu vergrössern.
Standardmässig werden alle Lösungen mit einem Treiberpaket und einer Steuerungssoftware ausgeliefert. Einige Hersteller legen zusätzlich ein Bildbearbeitungstool bei. Die Entscheidung für oder gegen ein Gerät sollte allerdings nicht von der mitgelieferten Software abhängig gemacht werden. Denn vielfach benötigt man nur einen kleinen Teil der effektiv angebotenen Funktionalitäten. Vielmehr sollte man bei der Wahl der richtigen Lösung seine Bedürfnisse sorgfältig abklären und lieber auf ein Feature, das man nicht benötigt, verzichten zugunsten der Qualität der wirklich benötigten Komponenten. Wenn man eine Funktion sehr intensiv und in professioneller Qualität braucht, sollte man sich dann doch lieber ein Einzelgerät zulegen. Denn Kaffee kochen können auch die Geräte der neuesten Generation noch nicht.