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Kolumne: KI und/oder lebenslange Kompetenz­entwicklung!?

Marc Marthaler über Chancen und Risiken von Künstlicher ­Intelligenz in der Berufsbildung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2025/03

     

Seit meinem Stellenantritt im November 2024 beschäftigen mich viele Themengebiete; sehr viele. Überdurchschnittlich oft geht es dabei um Künstliche Intelligenz (KI) und fortwährende Bildung, lebenslanges Lernen oder, wie ich es gerne nenne, lebenslange Kompetenzentwicklung. Manchmal gesondert, öfter kontextual verbunden.

Eigentlich nicht überraschend, so hat doch die Digitalisierung die Arbeitswelt tiefgreifend verändert, und mit ihr steht auch die Berufsbildung in der Schweiz vor neuen Herausforderungen. Besonders KI sorgt dabei für kontroverse Diskussionen. Algorithmen schreiben Texte, automatisieren Prozesse und treffen mitunter Entscheidungen, die früher in menschlicher Hand lagen. Ist diese Kolumne als Beispiel wirklich von mir geschrieben? Ist KI eine Heilsbringerin oder eine Bedrohung für die berufliche Zukunft? Fakt ist, dass KI unsere Arbeitsweise transformiert und die Anforderungen an (ICT-)Fachkräfte neu definiert.

Doch während KI stetig dazulernt und sich weiterentwickelt, stellt sich die Frage: Bleiben wir als Menschen auch neugierig und lernbereit oder verlassen wir uns irgendwann nur noch auf Maschinen? Lebenslange Kompetenzentwicklung ist längst keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit. Die Geschwindigkeit, mit der sich Technologien entwickeln, erfordert eine ständige Anpassung unseres Vermögens und unserer Bereitschaft, Ressourcen in konkreten Situationen zu mobilisieren und zu kombinieren. Und ja; für alle Semantik-affinen Leser und Leserinnen: Das ist immer noch meine Definition von Kompetenz.
Die Schweizer Berufsbildung ist bekannt für ihre hohe Durchlässigkeit. Mit unserem dualen Bildungssystem haben wir eine hervorragende Basis für praxisnahe Qualifikationen geschaffen. Doch der klassische Bildungsweg reicht nicht mehr aus, um mit den rasanten technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Um von KI zu profitieren, müssen wir neuste Technologien und Möglichkeiten sinnvoll in die duale Ausbildung integrieren und gleichzeitig die sozialen und kreativen Kompetenzen der Lernenden stärken. KI soll in der Berufsbildung ein wertvoller Begleiter sein. Sie ersetzt jedoch nicht die menschliche Kompetenz. Vielmehr müssen Soft Skills wie kritisches Denken, kreative Problemlösung und emotionale Intelligenz verstärkt gefördert werden. Gerade solche Fähigkeiten sind es nämlich, die uns in einer von Automatisierung geprägten Arbeitswelt einzigartig machen.

Dementsprechend hängt die Zukunft der Berufsbildung in der Schweiz nicht einfach davon ab, ob wir KI nutzen, sondern wie wir sie mit menschlicher Kompetenz verbinden, um die Arbeitswelt von morgen aktiv zu gestalten. Somit geht es letztlich nicht um ein Entweder-oder zwischen KI und lebenslanger Kompetenzentwicklung. Nein, es ist ein unverhandelbares sowohl als auch.

Klar ist: Wer stehen bleibt, verliert. Wer sich offen mit neuen Technologien auseinandersetzt und bereit ist, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, wird in der sich wandelnden Berufslandschaft nicht nur bestehen, sondern auch neue Chancen entdecken. Und wer die Chancen der KI mit dem Willen zur lebenslangen Kompetenzentwicklung kombiniert, wird in einer immer komplexeren Welt nicht nur bestehen, sondern sie aktiv mitgestalten können. Wir von ICT-Berufsbildung Schweiz wollen und werden hier unseren Beitrag leisten. Marc my Words.

Marc Marthaler

Kolumnist Marc Marthaler ist seit November 2024 Geschäftsführer von ICT-Berufsbildung Schweiz. Zuvor war er in verschiedenen Führungspositionen im Bildungsumfeld tätig, zuletzt als Leiter der Berufsbildung Swisscom.


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