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CIO-Interview: «Wir sind kein digitaler Rockstar»
Quelle: Victorinox

CIO-Interview: «Wir sind kein digitaler Rockstar»

Kilian Eyholzer ist bei Victorinox für die digitale Transformation verantwortlich. Im Interview erklärt er, wie das Traditionsunternehmen die richtige digitale Balance finden will.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2024/12

     

Swiss IT Magazine»: Herr Eyholzer, Sie sind bei Victorinox nicht nur CTO, sondern Chief Transformation & Technology Officer. Was genau bedeutet das, welche Aufgaben gehen mit dieser Position einher?
Kilian Eyholzer:
Wir haben die Rolle bewusst so definiert, da digitale Transformation nicht nur ein technologisches Thema ist. Es geht nicht nur darum, IT-Tools und Daten bereitzustellen, sondern auch darum, die Mitarbeitenden in neuen Methoden und in der Nutzung dieser Tools zu schulen. Wissen Sie, Victorinox ist mittlerweile 140 Jahre alt, es ist sehr viel Tradition und Erfahrung im Betrieb vorhanden, es gibt etablierte Prozesse und sicher auch Sachen, die man einfach schon immer so gemacht hat. Aber in den letzten 20 oder 30 Jahren hat sich die Firma sehr stark gewandelt und dem Endkunden zugewandt. Das bedingt auch, dass man sich den Kundenbedürfnissen anpasst und die entsprechenden Prozesse und Tools bereitstellt. Es gilt, die richtige Balance aus Tradition und Transformation zu finden. Und Transformation bedeutet eben auch, dass wir unsere Kolleginnen und Kollegen auf diese Reise mitnehmen müssen, in Hinblick auf das Mindset und die Skills. Konkret haben wir bis vor einigen Jahren sehr stark im Wasserfallmodell gearbeitet. Jetzt stellen wir Schritt für Schritt auf agile Methoden um, sind dabei, diese in der Firma zu verankern und ein neues Denken einzubringen. Denn wir haben technologisch schon noch einiges aufzuholen. Es gilt, Prozesse, die nach wie vor manuell sind, zu digitalisieren und zu automatisieren.

Wie sind Sie denn in diese Rolle gelangt?
Hier muss ich ein bisschen ausholen. Ursprünglich bin ich vor zehn Jahren als Global Head of E-Commerce bei Victorinox gestartet. Vor vier Jahren habe ich dann ein neues Team für Digital Business Transformation aufgebaut. Der Gedanke war, dass wir Digitalisierung nicht nur isoliert in einzelnen Abteilungen umsetzen können. Bei der Transformation muss man die ganze Firma mitnehmen und so sind wir auch eine Stabsstelle geworden. Dabei hat sich gezeigt, dass diese Transformation immer auch mit Tools und IT zu tun hat. Im Zuge einer Pensionierung des damaligen IT-Leiters wurde dann entschieden, dass IT und Transformation zusammengehören und in der Geschäftsleitung vertreten sein sollen.


War der E-Commerce-Bereich also die Ausgangsbasis der digitalen Transformation von Victorinox?
Ja, das kann man vielleicht so sagen. Es ging vor allem darum, sich stärker am Endkunden auszurichten. Wir waren zuvor vor allem im B2B-Umfeld unterwegs und haben unsere Produkte über Händler und Distributoren vertrieben. Anfang der 2000er Jahre kam dann der stärkere Fokus auf den Endkunden, um so die gesamte Marke präsentieren zu können – was indirekt über den Handel nicht immer möglich ist. Das hat mit eigenen Retail Stores angefangen, dann mit einer neuen Website, einem eigenen Online-Shop und der Digitalisierung der Prozesse, beispielsweise im Online-Marketing. Und parallel wurden dann auch Schritt für Schritt andere Bereiche transformiert.

Sie haben es bereits angesprochen: Bei einem Traditionsunternehmen geht es auch darum, bestehende Denkmuster aufzubrechen. Ist das die grösste Herausforderung für Sie und Ihr Team?
Man muss das sicherlich mehr positiv als negativ betrachten. Victorinox, das sind immerhin 140 Jahre Erfahrung und Leidenschaft, die Firma steht für Qualität und Top-Prozesse. Die Produktion ist stark optimiert. Das ist auch notwendig, um wettbewerbsfähig in der Schweiz produzieren zu können. In einigen Prozessen, zum Beispiel im Vertrieb, gab es sicher noch Potenzial, allein aufgrund des angesprochenen B2B-Fokus. Wir versuchen nun sowohl mit Geschäfts- als auch Privatkunden stärker in den Dialog zu treten, um ihre Perspektiven und Bedürfnisse besser zu verstehen, sei es bezüglich Produkten, aber auch bei der Einführung von Prozessen und Systemen. In der Vergangenheit kam es auch vor, dass Produkte entwickelt wurden, in die viel investiert wurde, für die es am Ende aber keine ausreichende Nachfrage gab. Durch agile Methoden setzen wir mehr auf Kunden- und Datenorientierung statt Bauchgefühl. Es geht darum, Produkte zu entwickeln, für die ein tatsächlicher Bedarf vorhanden ist und die letztlich erfolgreich sind. Dafür involvieren wir auch in der Produktentwicklung den Kunden früher, holen Feedback ein und kommen iterativ schneller voran, nicht zuletzt eben auch dank der Nutzung agiler Methoden.
Kilian Eyholzer
Kilian Eyholzer ist seit 2014 bei Victorinox an Bord und hat sich in den ersten sechs Jahren um die Entwicklung des E-Commerce-Bereichs des Traditionsunternehmens aus Ibach gekümmert, anschlies­send als Head of Digital Business Transformation dann um die digitale Transformation. Anfang 2022 wurde er dann Chief Transformation & Technology Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung.
Agile Methoden sind eher auf die Softwareentwicklung ausgerichtet. Lassen sie sich problemlos auch auf die Produktion und andere Bereiche über­tragen?
Ja, das ist wirklich interessant. Wir haben vor etwa drei Jahren damit angefangen, die Mitarbeitenden zu schulen und schnell gemerkt, dass sich die Methoden unabhängig von der Softwareentwicklung anwenden lassen. Heute haben wir auch in der Produktion Teams, die nach Scrum- oder Kanban-Ansätzen arbeiten. Sicher nicht streng nach Lehrbuch, aber sie nehmen sich passende Methoden heraus, beispielsweise, um über einen Backlog eine zentrale Übersicht zu schaffen. Wichtig ist uns auch, den Austausch und die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinaus zu fördern. Für diese Art des Arbeitens und Denkens braucht es aber sicherlich etwas Überzeugungskraft. Wenn man dann aber schnell aufzeigen kann, dass es etwas bringt, dann funktioniert diese Umstellung auch.

Laufen die Fäden bei Ihnen zusammen? Leisten Sie diese Überzeugungsarbeit und holen die verschiedenen Teams an Bord?
Das ist sicher ein wichtiger Teil meiner Aufgabe. Wir sind ja einerseits die IT-Abteilung, haben aber andererseits einen klaren Transformationsauftrag. Daher haben wir vor drei Jahren angefangen zu hinterfragen, wie wir selbst effizienter arbeiten können und wie wir auch andere Bereiche auf diesen Weg mitnehmen können. Dafür haben wir Transformation Leads definiert. Das sind Mitarbeitende aus den Funktionsbereichen, die uns helfen, die Transformationsthemen umzusetzen. Wir treffen uns sechs bis sieben Mal im Jahr, um gemeinsam Themen für die Umsetzung zu definieren und den Fortschritt zu messen. Wir haben auch eine Agile Community gegründet, weil unternehmensweit immer mehr mit agilen Methoden gearbeitet wird. Diese Plattform soll neben der richtigen Schulung auch den Austausch ermöglichen. Was funktioniert bei dir? Was habt ihr schon ausprobiert? Dabei arbeiten wir zum Teil auch mit externer Unterstützung, mit Agile Coaches, die uns bei der Umsetzung helfen. Wir haben darüber hinaus sogenannte Lunch-and-Learn-Sessions eingeführt, wo Mitarbeitende über Mittag bei einem Sandwich neue Themen zuerst in einer halben Stunde Theorie kennenlernen und dann eine halbe Stunde in der Praxis anwenden können. So probieren wir, die Leute für neue Themen und Methoden zu begeistern und mitzunehmen. Das Interesse ist auf jeden Fall sehr gross.


Sind Technologie und Digitalisierung Ihrer Meinung nach die wichtigsten Bausteine, um künftig in einem produzierenden Unternehmen konkurrenzfähig zu bleiben?
Natürlich bleibt die Qualität das oberste Gebot. Wir haben klar definiert, dass wir immer ein herstellendes Unternehmen bleiben, und uns nicht in Richtung digitale Produkte entwickeln wollen. Aber es ist wichtig, mit Technologie und den Möglichkeiten der Digitalisierung die Produktion und den gesamten Entwicklungsprozess und auch Kundenprozesse mit Technologie zu unterstützen. Hier hat Digitalisierung ein Riesenpotenzial, zum Beispiel mit Services um die Produkte herum wie Konfiguration und Personalisierung, aber auch in der Prozessoptimierung. Beispielsweise haben wir zuletzt einen B2B-Shop lanciert. Die Bestellungen kamen bis letztes Jahr noch über Fax, E-Mail und Whatsapp. Jetzt sehen Business-Kunden ihr Sortiment mit den aktuellen Preisen, sie können online bestellen und die Bestellung landet dann direkt im System. Dafür bekommen wir viel positives Feedback, von Kunden, aber auch von Mitarbeitenden.

Gab es für Sie darüber hinaus in den letzten Jahren Leuchtturmprojekte, die besonders spannend oder herausfordernd waren?
Wir haben unter anderem Salesforce für den Kundenservice und unsere Sales-Teams eingeführt. So haben wir eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden. Es geht darum, die Kundenprozesse für B2B und B2C zu harmonisieren, zu vereinfachen und Bruchstellen zu vermeiden. Kürzlich haben wir ein Projekt lanciert, um über Marketing, Sales, Kundenservice und Supply Chain hinweg unseren Kunden ein nahtloses Erlebnis mit unserer Marke bieten können. Ein anderes Projekt ist das Thema ERP. Wir nutzen Comarch ERP seit 2005. 2022 haben wir ein Audit durchgeführt, das diverse Optimierungspotenziale aufzeigte, uns aber auch darin bestätigte, mit dem System weiterzuarbeiten. In diesem Jahr haben wir nun mit externer Unterstützung alle Prozesse analysiert, harmonisiert und werden diese jetzt auf einem frischen Comarch-System, das wir komplett neu aufsetzen, abbilden. Mit diesem Greenfield-Ansatz starten wir zuerst in den USA, weil wir dort ohnehin noch SAP ablösen müssen. Später folgt dann der Rest der Welt.
Wie lange wird das dauern?
Ab jetzt etwa zwei Jahre. Wir haben wie erwähnt schon vor einigen Monaten angefangen, mit Workshops und Konzeptionsarbeit. Also alles in allem etwa zweieinhalb Jahre.

Es ist sicherlich eine Herausforderung, das über Ländergrenzen hinweg umzusetzen.
Wir haben Erfahrungen aus anderen Ländern; in Japan, Mexiko und Hongkong haben wir das System schon eingeführt. Aber die USA sind für uns der wichtigste Auslandsmarkt, daher ist es auch eine grössere Geschichte. Und es gibt gewisse Challenges. Beispielsweise die Zeitdifferenz von fünf bis sechs Stunden, oder dass am abzulösenden SAP-System viele Umsysteme dranhängen. Wir steuern das Projekt zentral vom Hauptsitz aus, involvieren aber natürlich die Teams vor Ort.


Gibt es noch weitere Projekte?
Wir haben dieses Jahr unsere Website neu lanciert und dabei einen Headless-Ansatz verfolgt, der auf die Entkopplung der Systeme abzielt. Das Frontend haben wir schon komplett neu gemacht. Nun sind wir dran, auch das Backend zu ersetzen, ebenfalls mit Salesforce. Daher ist dieses Projekt sehr stark mit dem ERP-Thema verlinkt, mit der Logistik und dem Onlineshop. Nebenbei gibt es aber auch noch kleinere Vorhaben wie ein neu eingeführtes HR-System. Wir haben den gesamten Spesenmanagement-Prozess digitalisiert. Und auch für den Bereich Forecasting haben wir ein neues System eingeführt. Alles in allem sind wir also dabei, ziemlich viel aufzuholen.

Fokussieren Sie sich dabei auf die Cloud?
Ja, wir sind sehr stark in Richtung Cloud orientiert. Ausnahme ist das ERP-System. Auch die neue Version wird on-premises laufen, weil das System sehr tief in die Produktion integriert ist und es viele Spezialprozesse gibt. Daher wäre es schwierig, das komplett aus der Cloud bereitzustellen. Abgesehen davon gibt es aber wenige Systeme bei uns, die noch nicht in der Cloud sind.

Woher kommt das Know-how für diese IT-Aufgaben? Sie kommen aus dem E-Commerce-Bereich. Waren viele Themen für Sie neu?
Wir sind grundsätzlich recht breit aufgestellt. Der Bereich T&T reicht vom Innovation Management über Service Management, Prozesse und Projektmanagement, Data und BI bis hin zu IT Operations mit Infrastruktur, Workplace, Service Desk und Security. Ich bin nicht der Hardcore-ITler, das stimmt. Infrastruktur oder Softwareentwicklung sind zugegebenermassen nicht meine Stärken, auch wenn ich ein paar Semester Informatik im Nebenfach studiert habe. Persönlich war ich immer mehr auf der Business-Seite mit einem Fokus auf Wirtschaftsinformatik aktiv. Ich habe aber gute Leute im Team, die die nötigen Skills mitbringen und entsprechend übernehmen.
Wie gross ist denn aktuell Ihr Team?
Wir sind etwas über 70 Mitarbeitende am Hauptsitz, ergänzt durch lokale Spezialisten in unseren Hubs in den USA, Mexiko und Hongkong. Insgesamt sind das dann etwa 80.

Das heisst: Sie managen und steuern mehr als Server einzurichten?
Genau. Ich habe es schon im E-Commerce immer sehr geschätzt, mitten im Geschehen zu sein und das operative Geschäft zu verfolgen. Und ich schaue auch heute immer regelmässig, welche Incidents es gibt und wo wir plötzlich viele Tickets haben, um zu verstehen, was im Tagesgeschäft passiert. Gleichzeitig probiere ich aber, mich so weit wie möglich zurückzuhalten. Ich bin kein Mikromanager, der überall mitmischt. Es geht vielmehr darum, gemeinsame Ziele zu definieren und die Richtung vorzugeben. Dann muss man es aber den Leuten überlassen, wie sie zu diesem Ziel kommen. Ich sehe meine Rolle als Enabler und Unterstützer. Wenn es ein Problem oder etwas zu diskutieren gibt, dann ist die Tür immer offen. Um einen Server einzurichten, da haben wir Leute, die das viel besser können. Das sehe ich nicht als Teil meiner Aufgabe.


Ist das aus Ihrer Sicht ein Vorteil für eine moderne CIO- beziehungsweise CTO-Rolle? In vielen Unternehmen kommt der IT-Leiter eher aus der technischen Richtung. Sie bringen hingegen einen starken Business-Fokus ein.
Ja, ich denke, dass ich diese Perspektive ins Team einbringen kann und damit auch einen gewissen Mindset-Change. Es ist mir wichtig, intern und extern Kundenorientierung an den Tag zu legen. Unsere Kolleginnen und Kollegen operieren im Markt und erbringen Leistungen für unsere Kunden. Wir müssen sie unterstützen. Natürlich können wir nicht immer und überall ja sagen und müssen auch kritisch hinterfragen, ob ein neues Tool oder eine neue Grafikkarte gerechtfertigt ist. Aber es kann definitiv helfen, stärker von der Business-Seite zu denken. Denn die IT muss sich heute ändern und verstehen, was die Bedürfnisse vom Business sind. Hinzu kommt auch, dass die Kollegen im Business auch mehr Verständnis für IT-Themen mitbringen und mitreden wollen und können. Darum denke ich, dass wir nicht den falschen Ansatz verfolgen, wenn wir die IT so stark business-orientiert ausrichten. Wir wollen ein innovativer Business-­Partner sein, das ist unsere Ambition. Es gibt dabei sicherlich noch viel zu tun, noch viel zu optimieren. Aber der Dialog und das Bewusstsein von beiden Seiten sind vorhanden, dass man versucht zu unterstützen und das Thema partnerschaftlich angeht.
Ein Schwenk zurück zur Digitalisierung: Die meisten werden bei diesem Thema nicht zuerst an das mittelständische produzierende Gewerbe denken. Sind Sie dennoch überzeugt, Victorinox zu einem digital geprägten Unternehmen entwickeln zu können?
Unsere Kompetenz ist wie erwähnt die Produktion und das Herstellen von Gütern mit hoher Qualität, Funktionalität und innovativen, ikonischen Designs. Daran werden wir festhalten. Ein rein digital ausgerichtetes Unternehmen werden wir also nicht. Aber natürlich haben wir auch schon überlegt, welche digitalen Services wir anbieten können. Beispielsweise im Bereich Personalisierung der Produkte. Hier sind wir dran, auch zusammen mit Kunden. Das entwickeln wir weiter, um Messer und Gepäck künftig noch besser konfigurieren zu können, wie man das beispielsweise aus der Autoindustrie kennt. Wir haben aber auch viele andere Sachen geprüft, meist aber wieder verworfen. Aboservices beispielsweise oder Augmented Reality. Wir haben stattdessen gesagt, dass uns vor allem unsere Kernkompetenz auszeichnet und es darum gehen muss, diese mit den richtigen Technologien kundenorientiert voranzubringen.

Das Sackmesser im Abo? Wäre das keine Option? Immerhin gelten Subscription-Modelle heute als heiliger Gral der Wirtschaft.
Das Sackmesser vielleicht weniger. Bei Küchenmessern haben wir das aber angeschaut und mit Kunden zusammen validiert. Wir haben hier auch Ideen wie «Try before you buy» diskutiert. Und wir haben uns ein Mietmodell für Koffer angeschaut. Immerhin stehen diese meist 50 Wochen im Jahr irgendwo im Keller, wenn man sich nicht auf Reisen befindet. Aber auch das haben wir am Ende verworfen. Einerseits aus Hygienegründen, aber auch aufgrund der Komplexität, weil der Koffer stets zum richtigen Zeitpunkt geliefert werden müsste. Wir haben also einiges in Betracht gezogen und geprüft, letztlich aber auch wieder auf die Seite geschoben. Stattdessen sind wir jetzt primär daran, die Basics unseres Kerngeschäfts zu digitalisieren anstatt Produkte und digitale Services.


Gilt es also letztlich, nicht auf jeden Trend aufzuspringen, der aus dem Silicon Valley kommt? Beziehungsweise genau zu prüfen, was für das eigene Business wirklich sinnvoll ist?
Unbedingt. Unser CEO Carl Elsener hat 2016 in einem Interview gesagt: «Digitalisierung ist wichtig. Aber wir müssen kein digitaler Rockstar sein. Wir müssen nicht hip sein». Wir müssen stattdessen die richtige Balance finden. Sinnvolle Möglichkeiten prüfen, aber nicht künstlich probieren zu digitalisieren, wo es eigentlich keinen Mehrwert bringt. Seit 2016 haben wir einiges bewegt und optimiert, aber wir sind immer noch kein digitaler Rockstar, und werden es auch nicht sein. Aber im Vergleich zu anderen Firmen in ähnlichen Branchen sind wir sicherlich auch nicht rückständig. Wir haben bereits ein paar richtig gute Sachen umgesetzt. So sind wir beispielsweise auch im KI-Thema seit dem Aufkommen von Generative AI sehr offen unterwegs, stellen Microsoft Copilot in der Basisvariante allen Mitarbeitenden zur Verfügung und verfolgen derzeit auch sechs konkrete KI-gestützte Use Cases von der Content-Erstellung über den Kundenservice bis hin zur Qualitätskontrolle in der Produktion.

Sie kommen selbst aus dem E-Commerce, ein Bereich mit einer enorm hohen digitalen Frequenz. Stimmt für Sie persönlich die Geschwindigkeit bei Victorinox?
Ich sage es mal so: In einer Firma mit 140 Jahren kann man nicht von einem Tag auf den anderen alles umstellen. Man muss die Kolleginnen und Kollegen wie gesagt mitnehmen. Da gibt es sicherlich auch Diskussionen und andere Meinungen; gerade das Thema E-Commerce wurde vor zehn Jahren nicht nur positiv gesehen. Aber mir gefällt diese Kombination aus Tradition und Transformation. Hier sieht man, wie die Produkte entstehen, man kann sie anfassen, veredeln und personalisieren, und man sieht, wie sich der Kunde am Ende freut. Und mir macht es Spass, mit den richtigen Tools Prozesse zu optimieren, Mitarbeitende zu befähigen und einen Mehrwert zu schaffen. Und dadurch, dass wir jetzt näher an unseren Kunden sind, bekommen wir auch wirklich sehr viel positives Feedback zurück. Beispielsweise in Form von Reviews. Aber auch in Form von Briefen oder E-Mails, in denen sich Kunden bedanken für das Bestellerlebnis im B2B-Shop oder auf der Website oder für einen tollen Kundenservice.

Zum Unternehmen

Victorinox steht wie keine andere Marke für das weltberühmte Schweizer Taschenmesser. Bereits 2017 wurde das 500-millionste «Original Schweizer Taschenmessers» von Victorinox produziert. 1884 von Karl Elsener in Ibach gegründet, stellt das heute global aufgestellte Unternehmen aber nicht mehr nur den kleinen Alltagshelfer her, sondern auch Küchen- und Berufsmesser, Uhren, Reisegepäck sowie Parfums. Seit 2007 leitet Carl Elsener Junior Victorinox als Konzernchef und Präsident des Verwaltungsrats. Er ist der Urenkel des Firmengründers.


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