Noch viel weichgewaschener wird’s, wenn wir gezwungen sind, Inhalte aus der Unternehmenskommunikation zu übernehmen. Diese Pressemitteilungen und Blogposts sind in aller Regel fein säuberlich geschriebene, mit Chefetagen und PR-Abteilungen abgesprochene und auf die exakte Kommunikationsstrategie abgestimmte Häppchen.
Da werden keine steilen Thesen vertreten, keine Doppeldeutigkeiten versteckt und – nur schon zum Selbstschutz – keine konkreten Anschuldigungen und Mutmassungen gemacht. Das PR-Gebrabbel ist nicht nur sauber, sondern rein, um passend zum Thema einen Klassiker aus der Unternehmenskommunikation zu zitieren.
Daher waren wir in der Redaktion umso überraschter, als Ende Oktober ein Blogpost von Microsoft erschien, der mit «Die Schattenkampagnen von Google» betitelt war. Inhaltlich geht’s im Artikel von Rima Alaily, CVP Deputy General Counsel bei Microsoft, in der Tat ans Eingemachte: Google gründe eine künstliche Graswurzelbewegung (die eben gegründete Open Cloud Coalition), um Microsoft das Geschäft in Europa kaputtzumachen.
Weiter versuche Google gezielt und bewusst, Microsoft bei den Behörden, der Politik und der Gesellschaft schlechtzureden. Und es sei auch nicht das erste Mal, dass Google mit offenem Geldhahn durch die Branche brettere, um Microsoft zu schaden. Gemeint sind damit etwa die angeblichen Sabotageversuche der 20-Millionen-Dollar-Einigung von Microsoft mit der Cloud-Provider-Vereinigung CISPE im Sommer 2024 oder die nicht näher definierte angebliche Bezahlung von «Kommentatoren, die öffentlich Microsoft diskreditieren».
Zu den offenen Anschuldigungen kommen dann noch Mutmassungen hinzu: Microsoft vermutet, dass das alles damit zusammenhängt, dass sich Google selbst mit einer Reihe von Wettbewerbsklagen konfrontiert sieht und mit Microsoft-Bashing davon ablenken will. «Zu einer Zeit, in der Google sich auf die Beantwortung legitimer Fragen zu seinem Geschäft konzentrieren sollte, wendet es stattdessen seine enormen Ressourcen dafür auf, andere zu vernichten», liest man da. Das sei enttäuschend.
Das ist, wie oben beschrieben, nicht nur leicht abweichend, sondern wirklich happig für die sonst stark genormte Unternehmens-PR. Offen gesprochen: Ich würde aus reiner Neugierde Geld dafür zahlen, die PR-Sitzung nachhören zu dürfen, in der dieses Stück durchgewunken wurde. Ich vermute, dass die Sache auf die eine oder andere Art noch ein Nachspiel haben wird. Wir bleiben gespannt.
Dass sich Microsoft ebenfalls an einer schwer zu überblickenden Zahl von Wettbewerbsklagen die Zähne ausbeisst, wird im Blog aber natürlich elegant ausgelassen. Das wiederum ist in der Unternehmenskommunikation völlig normal – so sind wir uns das gewohnt.