In die Cloud oder On-Premises ist auch eine Frage der Kosten

Viele KMU nutzen Cloud-Services vor allem, um die komplexen Anforderungen an die IT überhaupt bewältigen zu können. On-Premises-Lösungen können je nach Anwendung angebracht sein, sind aber kostenintensiver als die Private oder Public Cloud.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2024/10

     

Die IT selbst betreiben oder auslagern? Diese Frage stellt sich heute für die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen gar nicht mehr. Denn die Aufgaben, welche das IT-Personal angesichts der immer komplexer werdenden Anforderungen zu erfüllen hat, können vielfach nicht mehr vollumfänglich selbst erbracht werden. Die Auslagerung der IT an spezialisierte Unternehmen ist deshalb insbesondere für immer mehr KMU das geeignete Mittel der Wahl. Für eine Verlagerung in die Cloud sprechen zudem die Möglichkeit der Skalierbarkeit und Flexibilität, um auf sich verändernde Geschäftsanforderungen reagieren zu können, sowie ein geringerer administrativer Aufwand, weil viele Aufgaben durch den Service-Provider übernommen und automatisiert werden.

Für viele Unternehmen stellt sich dabei selbstverständlich auch die Frage, ob und wenn ja welche Services sie in der Public Cloud oder einer Private Cloud betreiben lassen sollen. Nach wie vor gibt es natürlich auch Fälle, in denen die eigene IT im hauseigenen Rechenzentrum oder dem eines Infrastrukturanbieters On-Premises betrieben werden soll. Besondere Compliance-Anforderungen in streng regulierten Branchen, die Möglichkeit individueller Anpassungen der Infrastruktur und Software-Umgebung oder die Notwendigkeit sehr geringer Latenzzeiten, hoher Performance und Verfügbarkeit können etwa gute Gründe dafür sein.


Selbstverständlich steht auch immer die Kostenfrage im Raum. Was ist günstiger – Public Cloud, Private Cloud oder gar On-Premises? Ein direkter Vergleich ist insbesondere zwischen Cloud und On-Premises schwierig. Denn in der Cloud werden die Ressourcen in der Regel als Services bezogen, was zu operativen Kosten (Opex, Operational Expenses) führt. Unternehmen zahlen monatlich für die Services oder je nach unterschiedlicher Nutzung, was die Kosten einfacher planbar und vom Bedarf her flexibler handhabbar macht. On-Premises-Lösungen hingegen erfordern erst einmal Anfangsinvestitionen in Hardware, Software und Infrastruktur – Posten, die als Kapitalaufwand (Capex, Capital Expenses) verbucht werden. Hinzu kommen Kosten für die Wartung, Strom, Kühlung, IT-Personal, Einkauf, Versicherungen et cetera. Diese grundsätzlichen Unterschiede machen einen direkten Vergleich zwischen Cloud und On-Premises schwierig, aber nicht gänzlich unmöglich. Vor allem hinderlich ist dabei, dass für viele der Nebenkosten bei den meisten Unternehmen keine Kostentransparenz gegeben ist.

Private vs. Public Cloud

Für den Vergleich der Cloud-Betriebsmodelle Public und Private stellt die Marktpreis-Analyse «IT-Sourcing Benchmark 2024» des Marktforschers Metagon für «Managed IT Services» und «Infrastructure as a Service» eine gute Ausgangslage bereit. Sie basiert auf repräsentativen Preisangaben von 19 Schweizer IT-Sourcing-Providern. Metagon stellt in der aktuellen Studie fest, dass der in den vergangenen Jahren beobachtete Trend der kontinuierlichen Kostenreduktion bei den am Markt verfügbaren ICT-Services sich nicht generell fortsetzt.


Punktuell seien nämlich einzelne Services deutlich im Preis gestiegen, teilweise sogar deutlich über die allgemeinen Kostensteigerungen in der Schweiz hinaus (Teuerung seit 2022 in der Schweiz: knapp 5%). Marktpreise hätten sich vielfach noch nicht gebildet. Die Bandbreiten der Kosten (günstigster zu teuerstem Anbieter) sind denn auch meist noch sehr gross (siehe Grafik «Enorme Preisspanne bei Private-Cloud-Angeboten»). Interessant ist, dass einzelne Services aus der Public Cloud deutlich günstiger erhältlich sind als aus der Private Cloud, sich dies bei anderen Services jedoch nach wie vor genau umgekehrt verhält. Insgesamt sei kein signifikanter Kostenunterschied zwischen den beiden Arten der Serviceerbringung festzustellen, jedoch sei die Bandbreite der Kosten von Services aus der Public Cloud deutlich geringer.

Enorme Preisspanne bei Private-Cloud-Angeboten

Während sich die Kostenreduktion bei Storage Services in den vergangenen Jahren kontinuierlich fortsetze, seien andere Services, insbesondere virtuelle Server und SQL-Services, teurer geworden. Obwohl sich die durchschnittlichen Preise für virtuelle Server stabilisierten, bleibe die Bandbreite der Kosten teilweise weiterhin hoch. Auffällig sei die unterproportionale Zunahme der Kosten für grössere, leistungsfähigere Server. Zudem sind laut Metagon virtuelle Server aus der Public Cloud etwa 30 bis 40 Prozent günstiger als aus der Private Cloud, während es sich im Storage-Bereich genau umgekehrt verhält (die Public Cloud ist teurer). Virtuelle Clients (VDI-Citrix) wiederum seien aus der Private Cloud im Vergleich zu 2022 etwa ein Drittel teurer geworden, während der Preis von VDI aus der Public Cloud um etwa 10 Prozent gesunken sei. Absolut betrachtet sind gemäss der Erhebung diese virtuellen Clients (VDI-AVD) heute somit etwa 50 Prozent günstiger als aus der Private Cloud.

Hyperscaler vs. Private Cloud vs. On-Premises

Während bei der Metagon-Studie jeweils Microsoft Azure die Basis für die Berechnungen in der Public Cloud bildet, wurde für den vorliegenden Zweck eines Preisvergleichs von drei unterschiedlichen Server-Systemen (2, 4 oder 8 vCPU mit 8, 16 respektive 32 GB vRAM) zusätzlich AWS in eine konkrete Preisrechnung miteinbezogen. Darüber hinaus wurde der Versuch einer Kostenrechnung für On-Premises in den Vergleich aufgenommen (siehe Tabelle). Als Referenz diente die Metagon-Studie für die Private Cloud. Bei den beiden Hyperscalern konnte der Autor für die Rechenleistung die Preis­positionen einfach zusammenstellen und vergleichen. Alle drei Server-Grössen wurden so gut wie möglich einheitlich im Azure Pricing Calculator und AWS Pricing Calculator gerechnet. Zu beachten gilt es, dass es bei den Hyperscalern eine Menge an Optionen wie Pay-as-you-go (Bezahlung nach effektivem Verbrauch), Reserved Instances (zugesicherte Instanzen), Saving Plans et cetera gibt, die die Preiskalkulation beeinflussen. Ausserdem sind bei den Hyperscalern Kosten für Datacenter, Konnektivität und weiteres vollständig abstrahiert. Das sind allesamt Kosten, welche wiederum bei On-Premises-Landschaften zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Weil bei der Metagon-Studie mit Private Cloud Server eigentlich «Managed» Private Cloud Server gemeint sind, wurde bei Azure und AWS zusätzlich eine einheitliche Managed-Pauschale von 97 Franken monatlich dazugerechnet.

Die eigene Auswertung zeigt, dass bei Pay-as-you-Go der Hyperscaler gegenüber dem Mittelwert in der Private Cloud keine nennenswerten Preisdifferenzen zu erkennen sind. Verwendet man hingegen die Reserved-Preis-Modelle der Hyperscaler, werden Azure und AWS günstiger. Aber auch hier ist das Resultat mit Vorsicht zu geniessen, denn ein Public Cloud Service wird weitere Kosten verursachen, damit er operativ im Tagesgeschäft eingesetzt werden kann. Erwähnenswert an dieser Stelle ist, dass sich die Private Cloud zu ähnlichen Modellen wie die der Hyperscaler bezüglich Pay-as-you-go und Reserved Instances weiterentwickelt.


Eine Unschärfe bleibt bei den Windows-Lizenzen. Mit den Optionen, welche die Hyperscaler (vor allem Azure) bieten, muss jeweils die individuelle Situation genau geprüft werden, um mit den richtigen Kosten zu rechnen. Bei den Private-Cloud-Servern von Metagon sind Lizenzen eingerechnet. Um einen Vergleich zu ermöglichen, wurden deshalb im vorliegenden Vergleich die Windows-Software-Assurance-Lizenzen (37 Franken) einheitlich bei Azure und AWS eingerechnet.

On-Premises in der Regel teurer als Cloud

Bei der Berechnung der Kosten für On-Premises wurden in die Berechnungsgrundlage die Positionen Service Management, IT-Personal, Virtualisierungs- und Betriebssystem-Lizenzen, Server-­Hardware, Storage, Netzwerk und Datacenter mit Richtwerten aus dem Markt und Erfahrungswerten verwendet. Es zeigt sich, dass die On-Premises-Variante über einen Zeitraum von 36 Monaten die kostenintensivste Option darstellt.


Neben den Anschaffungs- und Abschreibungskosten spielen die Personalkosten eine wesentliche Rolle. Zusätzlich entstehen im Laufe der Zeit immer wieder Sprungkosten, die durch die Lebenszyklen der verschiedenen Infrastrukturkomponenten verursacht werden. Insbesondere bemerkenswert ist der Anstieg der Kostenunterschiede zwischen Public respektive Private Cloud und On-Premises in Abhängigkeit der Grösse der Serverumgebungen: Je grösser die Umgebung, desto mehr verschieben sich die Kosten zu Gunsten der Public, aber auch zu Gunsten Private Cloud und zu Ungunsten des On-Premises-Modells.

Weitere Gründe, die gegen On-Premises sprechen

On-Premises kann in gewissen Branchen und auch Unternehmensgrössen eine notwendige oder gangbare Lösung darstellen. Nicht jedes Unternehmen kann und möchte schliesslich seine IT vollständig in die Abhängigkeit eines Lieferanten geben und stattdessen lieber die volle Hoheit darüber behalten. Wenn Kosten keine Rolle spielen, gibt es aber dennoch Vorteile, die mit On-Premises nicht oder nur schwer zu erreichen sind:

- Skalierbarkeit: Durch eine statische Infrastruktur ist eine Skalierbarkeit nur im begrenzten Mass oder gar nicht möglich.


- Flexibilität: Neue IT Services einzuführen oder bestehende IT Services anzupassen ist unter Umständen mit zusätzlicher Anschaffung und/oder neuen Skill-Sets verbunden.

- Wartung und Updates: Ist in einem Cloud Service inkludiert und übernimmt eine zentrale Aufgabe. Macht dies ein Unternehmen selbst, braucht es viel personelle Ressourcen, die es unter Umständen sinnvoller einsetzen könnte.

- Sicherheit: Mit On-Premises-Lösungen kann man als Unternehmen kaum mit den fortschrittlichen Security Services der Cloud-Anbieter mithalten. Dies beginnt schon bei Basis-Services für Server und Storage.

- Disaster Recovery: Robuste Wiederherstellungsoptionen sind in der Cloud deutlich kostengünstiger.

- Umweltfreundlichkeit: Grosse Rechenzentren können Cloud-Lösungen energieeffizienter und umweltfreundlicher betreiben.

Cloud ist gekommen, um zu bleiben

Die kontinuierlich steigende Komplexität und die Bedeutung der IT Services für den reibungslosen Fortgang des Geschäfts macht ein professionelles IT Management zwingend. Es ist offensichtlich, dass für Firmen mit begrenzten internen Ressourcen es zunehmend schwieriger wird, den IT-Betrieb sicherzustellen. Metagon konstatiert denn auch, dass Public Cloud Services aus einer modernen IT-Landschaft heute nicht mehr wegzudenken sind.


Umso wichtiger werde die Koexistenz von Private- und Public-Cloud-Lösungen (hybride Modelle). Zwar sei die Nachfrage nach grösseren reinen Public-Cloud-Umgebungen derzeit noch zurückhaltend, es lasse sich aber ein klarer Trend zu immer mehr Public Cloud Services und SaaS-Umgebungen erkennen. Die Preisunterschiede zwischen einzelnen Anbietern für spezifische IT Services, sowohl in der Public- als auch in der Private Cloud, können indes erheblich sein. Wie aus der an dieser Stelle gemachten Beispielrechnung anschaulich hervorgeht, empfiehlt es sich, die benötigten Leistungen klar zu definieren. Metagon betont zusätzlich, dass sich die Leistungen der Anbieter nicht nur in finanzieller oder qualitativer Hinsicht, sondern auch in Bezug auf den «Cultural Fit» unterscheiden.

Der Autor


Roberto Aliano ist Product Manager Cloud Services beim IT-Dienstleister UMB. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung im IT-Infrastrukturumfeld in unterschiedlichen Positionen bei namhaften nationalen und internationalen IT-Unternehmen. Er ist spezialisiert auf Unternehmensdienste auf Basis von Cloud-Lösungen, Cloud-Einführung, Cloud Management und Cybersicherheit.


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