Datacenter-Anbieter präsentieren immer wieder neue Projekte und Rechencenter, die hier in der Schweiz gebaut werden sollen. Green kündigte soeben eine Verdoppelung der RZ-Fläche in Lupfig an. Infravia, die Investorin, hegt laut «Bloomberg» jedoch die Absicht, Green verkaufen zu wollen. Vantage hat am Standort Winterthur eine Verdoppelung ausgesteckt, und finalisiert in Glattfelden den zweiten grossen Standort. Stack will in Beringen bauen und hat bereits in Rafz, Genf und Gland je eines stehen. In der Schweiz bestehen gegen 100 Datacenter mit einer Nutzfläche von rund 200’000 Quadratmetern. Ich frage mich, wieviel Neuflächen es hier tatsächlich braucht, da nur Teile dieser Flächen effektiv voll vermietet sind. Was macht die Schweiz besser oder attraktiver als das europäische Umland? Das Datenschutzgesetz? Wohl kaum. Stabilere Rahmenbedingungen?
Die Grosskunden der Datacenter-Anbieter, die Hyperscaler, wachsen bekanntlich kontinuierlich und verhandeln mit den Datacenter-Providern hart über Mieten und Volumen. International kontrollierte Datacenter-Anbieter liefern sich aus, machen sich von den Hyperscalern abhängig und bauen trotzdem unvermindert weiter aus – gepusht durch globale Verträge. Für mich stellen sich einige Fragen in diesem Zusammenhang – etwa: Wie sind diese Business Cases gerechnet und gehen sie wirklich auf? Ich beobachte repetitiv Handänderungen der Firmen und frage mich schon, wer jetzt in die Röhre guckt, und hoffe, dass wir nicht jahrelang Bauruinen wie im Rheintal anschauen müssen. Oder: Haben wir genügend Stromproduktion, um all diese Flächen, einmal ausgenützt, zuverlässig zu bestromen, da wir gleichzeitig die Produktion grüner gestalten wollen und umbauen? Denn: Anständig ausgenutzt, konsumiert ein Datacenter locker ein- bis zweistellige Megawattzahlen Strom. Das ist so viel wie grössere Ortschaften beziehen. Wer zieht denn die Datacenter-Anbieter proaktiv an? Standortvermarkter? Oder Gemeinden mit genügend Landreserven in der Bauzone?
Es gibt viele Unkenrufe im Markt und nicht alle sind glücklich, dass die Datacenter-Inflation so weitergehen soll. Planer, Architekten und GUs reiben sich natürlich die Hände, da sie von einer Baustelle zur nächsten gerufen werden.
Die Datacenter-Inflation hat auch den Staat auf den Plan gerufen und neue Geldquellen wurden bereits erschlossen. Stromintensive Unternehmen, also auch Datacenter-Anbieter, können sich von Netzzuschlägen befreien lassen, wenn sie gewisse Effizienzbedingungen erfüllen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben oder um CO2-Verringerungsziele besser erfüllen zu können. Das Bundesamt für Energie BFE hat in der Vergangenheit dazu diverse Praxiswechsel vollzogen und es gab diverse Gerichtsverfahren bis vor Bundesgericht. Es herrschen diesbezüglich leider keine stabilen Verhältnisse. Zu dynamisch ist der Markt. Neu kompensieren auch einige Städte und Gemeinden diesen Verlust der Netznutzungsgebühren mit anderen Gebühren für die Nutzung des öffentlichen Raums. Das sind staatliche Verlenkungen oder Verrenkungen. Mehr zu dem dann gerne in einer weiteren Kolumne.
Luzi von Salis
Luzi von Salis ist Geschäftsführer der Firma Von Salis Engineering und agiert als Interim-Manager, Konsulent sowie als «Business Troubleshooter» im ICT-Sektor. In seiner Kolumne kommentiert und beleuchtet er aktuelle Themen aus dem ICT-Bereich.
luzi.vonsalis@vseng.ch