Start-up Trihow: Digitalisierung zum Anfassen
Quelle: Trihow

Start-up Trihow: Digitalisierung zum Anfassen

Trihow verbindet physische Objekte mit digitalen Inhalten und schafft dadurch ein interaktives Kundenerlebnis. Vor allem im Handel gibt es dafür spannende Einsatzszenarien, aber auch im Bildungsbereich.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2024/10

     

Das junge Unternehmen Trihow möchte die Vorteile der digitalen Welt mit der analogen Welt verbinden – unter anderem für den Einsatz im Handel, im Bildungsbereich oder auf Messen. CEO und Mitgründer Pascal Scherrer erklärt: «Ein Erlebnis ist viel natürlicher, wenn man einfach mal etwas in die Hand nimmt.» Zudem bleibt dieses physische Erlebnis stärker in Erinnerung als beispielsweise rein digital dargestellte Informationen. Das sei laut Scherrer durch zahlreiche wissenschaftliche Studien hinreichend belegt. Und der CEO fügt an, dass der Mensch allen Vorteilen der digitalen Welt zum Trotz eben gar nicht so digital funktioniert, wie man manchmal denkt.

Physische Objekte mit Sensorik ausgestattet

Trihow wurde 2018 von Pascal Scherrer, Beat Knüsel und Patrick Link gegründet. Das Ziel des Vorhabens: physische Objekte mit Sensorik auszustatten und sie so mit der digitalen Welt zu verknüpfen. So wird die Interaktion mit digitalen Beratungs- und Informationsangeboten zum spielerischen, haptischen Erlebnis.

Aus dieser Idee leitet sich auch der Name des Start-ups ab, der eine Kombination aus Drei (Tri) und Wissen (Know-how) ist. Am Anfang war die junge Firma ganz passend auch drei Mann stark. Der erfolgreiche Start gelang dann über das eigene Netzwerk, wie Scherrer zurückblickt. «Unsere ersten Kunden gewannen wir über Networking. Wir kennen jemanden, der jemanden kennt, so lief es ab. Die Interessenten versuchten wir in Gesprächen sowie einfachen Beispielen vom Mehrwert zu überzeugen.» Damals hatten die Gründer noch keine Paradebeispiele zur Hand. Daher hat es besonders viel Überzeugungsarbeit benötigt.


Die ersten Mitarbeitenden wurden Mitaktionäre des als AG gegründeten Unternehmens und verzichteten dafür auf einen Teil ihres Lohns. So konnten in der Anfangszeit die Kosten im kleinen Rahmen gehalten werden. Zudem durfte Trihow auf die Unterstützung dreier Investoren zählen, die auch im Verwaltungsrat sitzen. Nach einem zuerst geglückten Start wurde das Unternehmen jedoch stark von Corona beeinträchtigt. Messen wurden abgesagt und viele Firmen strichen alle nicht absolut notwendigen Ausgaben. Das machte Trihow stark zu schaffen. Das Start-up nutzte die turbulente Zeit aber für sich, um Prozesse zu optimieren sowie einfache Standardlösungen zu entwickeln, die out-of-the-box zum Verkauf bereitstehen. So konnte das Team die Durststrecke überbrücken und Anlauf für die kommende Zeit nehmen.

Heute zählt die Firma 15 Mitarbeitende und ist finanziell selbsttragend. Stolz ist Scherrer zudem darauf, dass es Trihow in die Finalrunde des Unternehmerpreises Prix SVC schaffte. Zwar reichte es letztlich nicht für den Sieg, doch die Teilnahme am Finale mit fünf grossen, namhaften Schweizer Unternehmen verhalf Trihow zu grösserer Bekanntheit. «Obwohl eigentlich recht naheliegend ist, was wir tun – wir verknüpfen physische Produkte mit Informationen, die online sowieso zugänglich sind – ist uns in der Schweiz keine vergleichbare Lösung bekannt», sagt der CEO.

Einsatz im Handel

Im Mittelpunkt der Geschäftsidee von Trihow steht immer die Interaktion. Am simpelsten ist dies am Szenario Retail zu erklären. Das Produkt, beispielsweise ein Schuh, wird vom Kunden in die Hand genommen und auf das Interaktionsmöbel von Trihow gelegt. Via NFC erkennt die Lösung das Produkt und zeigt auf dem Screen weitere Informationen an, die der Händler zuvor definiert. Denkbar sind in diesem Fall verfügbare Farbkombinationen des Schuhs, Grössen, Materialien oder ähnliche Modelle.


Der Prozess ist aber aber auch ohne ein Lesemodul umsetzbar. Ein Sensor am Produkt, in diesem Beispiel eine Weinflasche, erkennt dabei, wenn die Flasche aus dem Regal genommen wird. Während der Kunde sie in der Hand hält, erscheinen auf einem Display weitere Informationen: Geschmack, Herkunft, dazu passende Gerichte. Meistens stehen diese Informationen zwar auch auf dem Etikette, allerdings in kleiner Schrift und vor allem ohne die Geschichte hinter dem Produkt. Auf einem grossen Screen können diese Angaben viel übersichtlicher und ansprechender dargestellt werden, etwa durch Bilder, Videos oder Webinhalte ergänzt, die eine Story rund um das Produkt erzählen.

Auch Abstraktes wird greifbar

Trihow vermag aber nicht nur Produkte besser zu bewerben, sondern auch abstrakte Themen in ein Erlebnis zu verwandeln. Scherrer nennt als Beispiel Weiterbildung zum Thema Projektmanagement, die normalerweise über zahlreiche, textlastige Folien abgehandelt wird. Der Lerneffekt ist dabei je nach Dozent überschaubar. Um aus einem Monolog stattdessen einen Dialog zu gestalten, hat das Start-up eine Art modularen Würfel entwickelt. Der gesamte Würfel steht für das Hauptthema, die einzelnen Elemente in verschiedenen Farben für die Unterthemen. Die Teilnehmenden des Seminars können die einzelnen Elemente aussuchen, in die Hand nehmen und mit ihnen interagieren, um über verschiedene, nicht sichtbare Buttons (die ohne Batterie oder Akku funktionieren) entsprechende Inhalte auf einem Bildschirm anzuzeigen. Diese Art der Wissensvermittlung ist nachhaltiger und ermöglicht einen besseren Lerneffekt. Das schafft laut Scherrer Begeisterung, selbst bei anspruchsvollen Teilnehmenden: «Die Zielgruppe solcher Seminare besteht teilweise aus erfahrenen Managern. Obwohl der zu vermittelnde Inhalt durch Trihow unverändert blieb, haben die Führungskräfte den Würfel mit der Neugier und Begeisterung von Kindern analysiert und auseinandergenommen».

Die Idee ist der Schlüssel

Das Start-up aus Rotkreuz ist kein klassisches Hightech-Unternehmen – Scherrer betont, dass man keine hochkomplexe Technologie entwickelt, sondern die Kundeninteraktion und die emotionale Komponente in den Vordergrund stellen will. Einige der verwendeten Sensoren sind wiederum bereits bei günstigeren Smartphones verbaut, unter anderem Gyro-Sensoren, NFC-Technologie oder berührungsempfindliche Sensoren sowie Bewegungsmelder. Andere Sensoren, die am Markt aktuell nicht zu beziehen sind, entwickelt das Unternehmen selbst.

Der Hauptteil der Arbeit im Unternehmen besteht jedoch in der Konzeption und Entwicklung sowie dem Bau der entsprechenden Prototypen. Trihow nutzt dabei die Daten der Kunden und entwirft in Folge ein passendes Konzept. Nicht nur die Ideenfindung sowie die Software-Entwicklung findet dabei inhouse statt, auch der Bau der Prototypen erfolgt in Rotkreuz. Dazu ist Trihow mit einer Werkstatt, einer kleinen Schreinerei, CAD-Maschinen sowie 3D-Druckern ausgestattet. «Es ist uns wichtig, dass wir die ersten Entwürfe selbst anfertigen können. Dazu verfügen wir auch über das entsprechende Personal, welches die Gerätschaften bedienen kann», fügt Scherrer an. Vom Kunden abgesegnete Projekte stellt Trihow dann aber auch gemeinsam mit externen Partnern – etwa einer Schreinerei – fertig.


Für die Zukunft möchte das Start-up zudem das Potenzial der KI nutzen. Dazu ist das Unternehmen eine Kooperation mit einem grossen Schweizer Anbieter eingegangen, den Scherrer nicht namentlich nennen kann. Gemeinsam forschen die Partner an KI-Einbindung beziehungsweise an Bild- und Gegenstandserkennung. Konkrete Ergebnisse sind laut Scherrer jedoch bislang nicht spruchreif.

Auf den Zug der Virtual Reality dagegen möchte Trihow im Moment bewusst nicht aufspringen. Scherrer meint, die Technologie sei aktuell noch zu wenig verbreitet und zu wenig intuitiv, als dass die breite Masse sie nutzen würde. Stattdessen sei es zielführender, die Menschen weiterhin mit physischen und interaktiven Objekten zu begeistern. (dok)


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