Die Europäische Kommission hat den E-Government-Benchmark-Bericht 2024 veröffentlicht. Dieser soll aufzeigen, wie weit die europäischen Länder in der Digitalisierung von Behördendienstleistungen sind und wie sie sich verbessert oder verschlechtert haben. Total wurden 37 Länder bei der Untersuchung berücksichtigt. Vorweg: Die Schweiz hat sich zwar leicht verbessert, rangiert im europäischen Vergleich aber nach wie vor im hintersten Teil des Feldes. Bewertet wurden für den Bericht vier Schlüsselkategorien: User-Zentriertheit, Transparenz, Key Enablers beziehungsweise Schlüsseltechnologien (E-ID, Digitale Post etc.) sowie grenzübergreifende Services. Letztere Metrik bezieht sich auf die Frage, wie gut Bürger aus dem Ausland auf die Dienste in einem Land zugreifen können.
Moderates Tempo in der Schweiz
Ganz oben auf dem Treppchen der diesjährigen Rangliste findet sich Malta (97 von maximal 100 Punkten), gefolgt von Estland (92 Punkte). Luxemburg und Island teilen sich Platz drei (90 Punkte). Die Punktzahl der Schweiz stieg von 58 im Bericht 2023 auf 60 Punkte im aktuellen Report.
Der EU-Durchschnitt liegt bei 76 Punkten, der Schnitt aller geprüften Länder (EU27, inkl. Schweiz, Norwegen etc.) bei 71 Punkten. Damit landet die Schweiz auf Rang 31 und rutscht zwei Plätze ab (2023: Rang 29). Die Verbesserung von zwei Punkten im Vorjahresvergleich ist denn auch im Vergleich mit anderen Ländern in Europa eher moderat: Griechenland, Polen, Schweden und Serbien konnten sich etwa um 5 bis 8 Punkte verbessern. Andere Länder konnten also schneller die Qualität der digitalen Behördenleistungen anheben, während die Fortschritte der Schweiz in der vorliegenden Messung noch überschaubar blieben.
Der E-Government Benchmark 2024 zeigt auf, wie die digitalen Behördenservices in europäischen Ländern abschneiden. Der Schweiz fehlt für eine gute Punktzahl vor allem die E-ID. (Quelle: Europäische Kommission)
Die Baustellen: Schlüsseldienste und Transparenz
In den vier Schlüsselkategorien schnitt die Schweiz wie folgt ab: Bei der User-Zentriertheit wurden 87 Punkte erreicht (+1 Punkt gegenüber Vorjahr, Schnitt: 93), bei den Schlüsseltechnologien 49 Punkte (+4, Schnitt: 78) und bei den grenzübergreifenden Services 58 Punkte (+1, Schnitt: 66). Das Thema Transparenz ist derweil die grösste Baustelle mit gerade einmal 45 Punkten (+1, Schnitt: 67).
In der feineren Unterteilung der vier Kategorien punktet die Schweiz an zwei Stellen: Zum einen sind die Schweizer Behördenleistungen überdurchschnittlich Mobile-freundlich (98 Punkte), weiter – und kaum erstaunlich – punktet die dienstleistungsorientierte Schweiz mit einem vergleichsweise sehr guten Nutzersupport (89 Punkte) in der Kategorie grenzübergreifende Services.
Fehlende E-ID schenkt ein
Auffällig beim Betrachten der Unterkategorien ist, dass das Fehlen der E-ID viele Punkte kostet. Sowohl in den Kategorien Schlüsseltechnologien als auch grenzübergreifende Services ist die E-ID ein Kriterium – die Schweiz schneidet entsprechend schwach ab. Ein weiterer grosser Ausreisser nach unten finden sich weiter bei den Schlüsseltechnologien, weil die digitalen Behördendienste in der Schweiz wenig mit vorausgefüllten Formularen arbeiten, was die Nutzung deutlich vereinfachen könnte.
Ebenfalls bewertet wurden sogenannte Life Events, die in neun Kategorien (Umzug, Justiz, Unternehmen, Gesundheit etc.) aufgeteilt sind. Damit sind einschneidende Ereignisse im Leben gemeint, die die Nutzung von Behördendienstleistungen nach sich ziehen, wie etwa die Geburt eines Kindes. Auch hier liegt die Schweiz in sämtlichen Kategorien unter dem europäischen Schnitt. Besonderen Nachholbedarf sieht die Studien in den Bereichen Justiz, Familie und Studium, bei denen man besonders weit zurückliegt.
In den meisten Kategorien liegt die Schweiz (rot) unter dem europäischen Durchschnitt (blau). Nur die Verfügbarkeit auf Mobilgeräten und der Nutzersupport sind überdurchschnittlich gut (grün). (Quelle: Europäische Kommission)
Digitale Verwaltung Schweiz sieht Aufholbedarf
Die Organisation Digitale Verwaltung Schweiz, die dem Auftrag nachkommt, die Digitalisierung bei Bund, Kantonen und Gemeinden zu koordinieren und zu steuern, sieht daher Aufholbedarf, wenig erstaunlich vor allem bei den Themen Transparenz und Schlüsseldienste. Von den im Winter 2023/2024 vorgestellten klaren Digitalstrategien für Bund und Kantone erhofft man sich nun eine deutliche Verbesserung. Diese umfassen die drei Strategiepapiere «Digitale Schweiz 2024», «Digitale Verwaltung Schweiz 2024-2027» sowie «Digitale Bundesverwaltung».
Auf der operativen Ebene will man an der Bereitstellung weiterer digitaler Dienstleistungen sowie derer Qualität arbeiten. Weiter seien verschiedene Projekte wie etwa die E-ID nun in Arbeit, die das Rating verbessern sollen. «Der E-Government-Benchmark-Bericht 2024 bietet eine wertvolle Grundlage, um aus Perspektive der Kundinnen und Kunden neben der vergleichenden Sichtweise zu anderen Ländern auch vertiefend die Besonderheiten der Schweiz und die Unterschiede zwischen den Kantonen zu evaluieren», so Digitale Verwaltung Schweiz.
Knapp 400 Websites pro Land getestet
Der Bewertung in der Untersuchung liegen Praxistests von Mystery Shoppern zugrunde, die total mehr als 10ʼ000 Behördenwebsites und damit durchschnittlich etwa 400 Websites pro Land besucht und ausprobiert haben.
Dabei wurden möglichst in allen Ländern die gleichen Dienste genutzt, um einen Vergleich schaffen zu können. Dies ist jedoch mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen, da einzelne Leistungen in unterschiedlichen Ländern nicht immer von den Behörden selbst angeboten werden. So werden beispielsweise Leistungen, die das Gesundheitswesen betreffen, je nach Staat auch von Versicherungen oder Gesundheitseinrichtungen angeboten.
Die gesamte Studie kann über die URL
digital-strategy.ec.europa.eu heruntergeladen werden.
(win)