Auf der Plattform
Kununu, die zur Xing-Mutter New Work gehört, können Arbeitnehmende ihre aktuellen oder ehemaligen Arbeitgeber bewerten – anhand verschiedener Kriterien, inklusive Kommentaren, und das natürlich anonym. Doch diese Anonymität wird jetzt zur Diskussion gestellt, und zwar vom Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, wie die Zeitung "FAZ"
berichtet. Dieses hat nämlich entschieden, dass Kununu – falls ein Unternehmen Zweifel an der Echtheit einer Bewertung hat – den entsprechenden Eintrag entweder löschen muss oder aber die Person, die die Bewertung abgegeben hat, ihre Identität enthüllen muss.
Hintergrund des Entscheids ist laut Bericht eine Klage einer Anwaltskanzlei, die sich offenbar darauf spezialisiert hat, im Namen von Unternehmen gegen unliebsame Bewertungen vorzugehen. Diese feiere das Urteil laut "FAZ" nun als Erfolg und wird mit den Worten zitiert: "Die Bewertenden müssen ihre Bewertungen wahrheitsgemäss verfassen, sonst drohen rechtliche Konsequenzen." Das erhöhe letztlich die Glaubwürdigkeit, schaffe Transparenz und Fairness.
Allerdings dürfte die Aussicht, dass Arbeitnehmer bei kritischen Bewertungen Gefahr laufen, ihre Anonymität zu verlieren, der Todesstoss für die Plattform sein – sollte das Urteil Bestand haben. Das allerdings scheint fraglich, wie Dario Wilding, Sprecher von New Work, auf Anfrage von "Swiss IT Magazine" erklärt. Der Beschluss des OLG Hamburg sei eine vorläufige Entscheidung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung, und man werde diese Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren überprüfen lassen, das man in der ersten Instanz vor dem Landgericht bereits gewonnen habe, heisst es seitens New Work. "Wir gehen von einem mehrjährigen Verfahren aus und sind zuversichtlich, dass – wie bereits in der Vergangenheit durch andere Gerichte – in unserem Sinne entschieden wird."
Dabei stützt sich New Work auf die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Deutschland. Dario Wilding führt aus: "Das OLG Hamburg ist offenbar der Auffassung, dass ein anonymisierter Tätigkeitsnachweis unserer Nutzer nicht ausreiche, um der Pflicht des Nachweises eines tatsächlich bestehenden Arbeitsverhältnisses (im Falle einer Beschwerde des Arbeitgebers) nachzukommen. Dieser Auffassung stehen jedoch die klaren Vorgaben der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs in Deutschland entgegen. So hat der BGH mehrfach betont, dass die Abgabe anonymisierter Bewertungen in Bewertungsportalen wie
Kununu gesetzlich anerkannt ist. Insbesondere geht der BGH davon aus, dass Bewertungsportale wie Kununu auf die Beschwerde eines Bewerteten hin die vom Nutzer übermittelten Unterlagen auch in anonymisierter Form weiterleiten darf." Es reiche nach Auffassung des BGH also aus, geschwärzte Unterlagen weiterzuleiten, ohne dass der Klarname des Bewerters herausgegeben werden muss, so Dario Wilding, denn der Betreiber eines Bewertungsportals sei gesetzlich dazu verpflichtet, die Wahrung der Anonymität ihrer Nutzer zu gewährleisten. "Der BGH hat somit mehrfach klargestellt, dass anonyme Bewertungen rechtlich zulässig sind. Diese Rechtsprechung beachtet das OLG Hamburg offenbar nicht."
Wilding lässt abschliessend zudem verlauten, dass Kununu wie gewohnt für jede Bewertung kämpfen werde und keine Namen seiner Nutzer an Unternehmen herausgeben wird. "Dies gilt für die Schweiz ebenso wie für Deutschland." Man werde sich bis zur endgültigen Klärung im Hauptsachverfahren an die bislang geltende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs halten.
(mw)