Möglicherweise bin ich als ehemaliger Swisscom-Manager etwas befangen. Trotzdem möchte ich mich zu einem Thema äussern, das kürzlich in den Medien behandelt wurde. Es betrifft eine Abo-Kündigung bei Sunrise, welche die Telekomfirma nicht akzeptierte, weil die Stornierung schriftlich statt telefonisch vorgenommen wurde. Der Vorgang macht uns etwas rat- und fast sprachlos.
Doch der Reihe nach: Ein verärgerter Kunde wollte sein Abonnement bei Sunrise auflösen, wie man Verträge üblicherweise kündigt. Während das bei Swisscom und Salt und wohl bei den meisten Firmen per Brief möglich ist, geht das bei Sunrise offenbar nicht. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB schliessen briefliche Kündigungen aus. Das ist originell, um es zurückhaltend auszudrücken. Denn damit wird es jetzt spannend: Der verstimmte Kunde wollte nämlich trotzdem unbedingt von Sunrise weg. Er zog den Fall durch die Mühlen der Justiz bis ans Bundesgericht. Dort lief er auf, weil das hohe Gericht überraschenderweise auf seine Beschwerde gar nicht erst eintrat. Die Begründung des abschlägigen Urteils liegt uns noch nicht vor. Sunrise kann weiterhin ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB anwenden und nur mündliche Kündigungen akzeptieren. Das wiederum inspiriert uns zu weiteren AGB-Bestimmungen. Auf Anhieb fallen uns dazu gleich mehrere interessante AGB-Ergänzungen für Sunrise ein: Beispielsweise Abo-Kündigungen nur bei Vollmond oder starkem Föhn akzeptieren. Aber nur in Schaltjahren. Jedoch keinesfalls dienstags. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Ein Sunrise-Sprecher erklärte, eine Kündigung im direkten Kontakt sei für beide Parteien von Vorteil. Wer hätte das gedacht! Für beide Seiten? Tatsächlich? Für Sunrise mag es durchaus vorteilhaft sein, Kunden auf diese Weise von Stornierungen abzuhalten. Für Kunden indes, die ihren Vertrag mit Sunrise auflösen wollen und solcherart daran gehindert werden, ist das ärgerlich. Auch für den Schweizer Konsumentenschutz sind die Kündigungsbedingungen von Sunrise ein Dauerthema. Und der «K-Tipp» reicht Klage ein, um «diesmal gegen die Kündigungs-Schikane von Sunrise vor Gericht zu ziehen», wie er schreibt. Sunrise sei Spitzenreiter bezüglich Klagen der «K-Tipp»-Leser, heisst es im Magazin. Die Sunrise-Eigenwerbung mag dazu nicht so recht passen: Dream big. Do big. Eine Motion von Nationalrätin Birrer-Heimo beauftragte den Bundesrat, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit missbräuchliche Beschränkungen bei Kündigungsformen in Konsumentenverträgen zukünftig verhindert werden können.
Soweit der Stand der Dinge, welcher zufällig mit der Publikation der Quartalszahlen von Sunrise zusammenfällt. Der Umsatzrückgang wurde von der Firma mit dem verblüffenden Satz kommentiert: «Mit Blick nach vorne erwartet man im 4. Quartal ein deutlich stärkeres Momentum, weil der Gegenwind aus dem 3. Quartal wegfalle». Eine etwas seltsame Logik. Aber warum auch nicht.
Fritz Sutter
Fritz Sutter ist ehemaliger Präsident des Schweizerischen Telekommunikationsverbands Asut und langjähriger Kolumnist von «Swiss IT Magazine». Er vertritt seine persönliche Meinung.