Start-up: Digitalisierungs-Schub für Elektroinstallateure
Quelle: Siresca

Start-up: Digitalisierungs-Schub für Elektroinstallateure

Siresca hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Elektroinstallateure auf dem Bau mit einer simplen, aber effektiven Smartphone-App zu unterstützen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2023/11

     

Nicht selten wird über Bürolisten und Schreibtischtäter gelästert. Dies ist insbesondere dann oft der Fall, wenn die zuständigen Personen etwas beschlossen oder entwickelt haben, was am tatsächlichen Bedürfnis der Anwender vorbeigeht. Diesen Vorwurf kann man gegenüber Siresca nicht stehen lassen, ganz im Gegenteil sogar. Denn vom dreiköpfigen Gründerteam des Start-ups hatten alle ursprünglich eine Lehre als Elektriker absolviert. Das Team rund um CEO Julien Reutimann kennt die Anforderungen und Herausforderungen des Berufes und folglich die Erwartungen der Kunden an Siresca ganz genau. «Ich selber habe bis zum Ende meines Studiums als Elektriker auf dem Bau gearbeitet und kenne die mühsamen Aspekte dieses Berufes bis ins Detail, da ich immerzu persönlich davon betroffen war», schildert Reutimann. Wenn im Rohbau etwas vergessen geht oder falsch platziert wird, was anschliessend in Beton eingegossen werde, so Reutimann, dann ist das nachträgliche Ausbaden dieser Vergesslichkeit äusserst umständlich und teuer. Deswegen wusste er genau, dass jedes Tool oder jede Lösung, welche wie Siresca im frühen Baustadium unterstützen kann, dankend angenommen werde.

Aus einer Projektarbeit wird eine Firma

Die Anfänge der Firma gehen auf Marcos López zurück, der in seiner Weiterbildung zum Thema Digitale Transformation in Form einer Projektarbeit untersuchte, wie man die elektrische Rohbauinstallation durch digitale Lösungen unterstützen könnte. Seine Projektarbeit wurde anschliessend bei seinem ehemaligen Arbeitgeber Plica vorangetrieben, die wiederum die Firma Tinline zur Unterstützung der Entwicklung miteinbezogen hatte. Zu diesem Zeitpunkt wurde Reutimann ebenfalls in das Projekt eingegliedert. Schliesslich wurde der Entscheid gefällt, das Projekt als Corporated Venture auszugliedern und die Firma Siresca wurde im November 2021 mit Reutimann und López als Führung gegründet und hat im Januar 2022 den operativen Betrieb aufgenommen. Im Juli 2022 wurde schliesslich das fertige Produkt in einer ersten Version an Kunden ausgerollt. Aus technischer Sicht wurde Siresca von externen Software-Entwicklern auf Auftragsbasis entwickelt, da das Budget nicht gross genug war, um eigene Entwickler zu beschäftigen.


Um die neue Lösung effizient zu vertreiben, suchte Siresca nach Elektro-­Grosshändlern wie Elektro-Material oder Sonepar Suisse als Vermittler, die wiederum ihrerseits Siresca bewarben. Weitere Aufmerksamkeit generierte die selber organisierte Keynote, welche Siresca kurz nach dem Launch in der alten Papierfabrik auf dem Areal des Sihlcity in Zürich durchführte. Die rund 500 Teilnehmer der Keynote wussten nichts von Siresca, sondern lediglich, dass eine digitale Unterstützung für Elektrofachleute vorgestellt wird. Erst durch die Teilnahme erfuhr man, was Siresca eigentlich ist und inwiefern das Produkt unterstützend ist.

Digitalisierung für den Arbeiter

Smarte Tools und Digitalisierungsversuche für Projektleiter und Planer gibt es zuhauf. Doch bislang profitieren nur die wenigsten Handwerker direkt von der Digitalisierung und genau hier setzt Siresca an. Die Applikation besteht zum einen aus der App für iOS und Android sowie aus einer Web App. Letztere bildet das Admin-Interface, in welchem Projekte und Baupläne erfasst, editiert, sortiert und zugeteilt werden können. Zudem werden alle administrativen Prozesse dort vorgenommen. Die Daten werden in einer von AWS bereitgestellten Cloud gespeichert und sind anschliessend unmittelbar auf allen Endgeräten auffindbar.

Die Elektroinstallateure auf der Baustelle können mit der Siresca-App nun auf alle für sie relevanten Dateien zugreifen. Ausserdem unterstützt Siresca beim Anzeichnen von Bohrlöchern, dem automatisierten Einmessen von Übergangsdübeln sowie bei Messungen und Umrechnungen. Auf dem Bauplan können beispielsweise zwei beliebig voneinander entfernte Punkte bestimmt werden und die App gibt die exakte Distanz in Millimetern wieder. Zudem kann mit der Zwei-Punkte-AR-Methode mittels Augmented Reality vor Ort besonders effizient und schnell gemessen werden. Die Vollständigkeits- und Positionierungskontrolle von manuell eingemessenen Objekten wird sogar komplett von Siresca übernommen. «Der grosse Vorteil von Siresca ist, dass bei unserer Lösung der ausführende Handwerker in seiner Tätigkeit unterstützt wird und im Fokus steht», hält der CEO fest. Aus diesem Grund sei auch wichtig, dass die App so einfach wie möglich zu bedienen sei und die Elektriker sie von sich aus gerne verwenden, um ihnen die Arbeit zu erleichtern und nicht, weil es das Management beschlossen hat.


Reutimann betont ausserdem, dass durch den Einsatz von Siresca nicht nur die Arbeiter ein wirksames Tool an die Hand bekämen, sondern die ganze Firma modernisiert werde. «Die Baubranche ist eine der am wenigsten digitalisierten Branchen überhaupt, wie verschiedene Studien belegen», führt Reutimann aus. Das bedeute im Umkehrschluss aber auch, dass grosses Potenzial vorhanden sei – Potenzial, das durch Siresca quasi «nebenbei» genutzt werde. «Da für Siresca eine Grundinfrastruktur in Form einer Cloud notwendig ist, wird damit für einige Firmen der Grundstein hin zu einer modernen IT gelegt», so Reutimann. Nicht wenige seiner Kunden seien vor dem Einsatz von Siresca noch ausschliesslich mit Papierplänen auf der Baustelle im Einsatz gewesen. Nun können Daten und Pläne in Echtzeit aktualisiert und gemeinsam genutzt werden, auch offline. Voraussetzung dafür sei, dass die entsprechenden Daten im Vorfeld heruntergeladen werden. Zudem entwickle sich Siresca laufend weiter, um den gesamten Bauprozess digital zu begleiten und zu unterstützen.

Die Nutzung von Siresca basiert auf ­einem Abo-Modell und kostet entweder pro Jahr und Nutzer 299 Franken oder pro Monat und Nutzer 27.90 Franken. Der erste Monat darf zu Testzwecken gratis genutzt werden. Das Start-up zählt mittlerweile 87 Unternehmen in der Schweiz, welche Siresca kostenpflichtig nutzen.

Drei Unternehmen als Investoren

Finanziell wird Siresca von den Investoren Janico, Tinline und Halter unterstützt. Reutimann sagt, dass es das Ziel von Siresca sei, in naher Zukunft finanziell unabhängig zu agieren, möchte sich aber nicht auf einen fixen Zeitpunkt festnageln lassen. Dass die Firma indes auf solidem Wachstumskurs ist, wird durch den Neuzugang von drei weiteren Mitarbeitenden bekräftigt. Bestand das Team bislang lediglich aus CEO, CTO und Key Account Manager, so beschäftigt Siresca seit ­August zusätzlich einen Software-Entwickler, eine Marketing- und Kommunikationsfachfrau sowie einen Customer Experience Manager. Weiterer Personalzuwachs sei im kommenden Jahr gemäss Reutimann durchaus denkbar. Mitgründer López ist mittlerweile indes nicht mehr für Siresca tätig.

Junge Firma mit grossen Plänen

Da es sich bei Siresca für viele Anwender um eine neue Technologie handelt, verstärkt die Firma die Support-Tätigkeiten. Bis anhin wurde Support in Form eines Ticketing-Systems erst dann angeboten, wenn seitens Kunden aktiv eine Frage oder ein Problem gemeldet wurde. Mit der Schaffung des Postens des Customer Experience Managers möchte Siresca nun auch aktiv auf potenzielle Kunden zugehen, die beispielsweise die App zum Ausprobieren heruntergeladen haben. Auch hat Siresca damit begonnen, Erklärvideos aufzuschalten und neue Kunden mit Webinaren mit den Anwendungsmöglichkeiten vertraut zu machen.


Und obwohl erst zwei Jahre jung hat Siresca erst kürzlich den Schritt ins benachbarte Ausland vollzogen. Dank zwei Vertriebspartnern ist Siresca auch in Deutschland sowie in Österreich erhältlich. Über die Partner werden Vertrieb, Support und Marketing vor Ort durchgeführt, das Schweizer Kernteam muss lediglich das Produktmanagement und die Bereitstellung übernehmen. Auf Gegenwind muss sich Siresca im gesamten DACH-Raum ausserdem nicht einstellen. «Direkte Konkurrenz zu Siresca ist mir keine bekannt», sagt Reutimann. Ausserdem könnte Siresca mit geringen Modifikationen auch für andere Branchen abgewandelt werden und Reutimann lässt kaum Zweifel daran, dass von dieser Möglichkeit zu gegebener Zeit Gebrauch gemacht wird. Auch die geografische Skalierung in weitere Märkte ist gemäss Reutimann nur eine Frage der Zeit. «Das sind ganz klar unsere Ziele, aber wir müssen natürlich einen Schritt nach dem anderen gehen», schliesst der Chef lächelnd ab. (dok)


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