Die angesehene Fachzeitschrift «Connect» führt regelmässig Netztests durch. Kürzlich wurden die Ergebnisse des diesjährigen Festnetztests publiziert. Gewonnen hat den renommierten Test die Swisscom. Prädikat «überragend»!
Das sehen nicht alle so und das gefällt offenbar nicht allen. Neulich publizierte denn auch das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» eine eigene Rangliste der besten Schweizer Telekom-Anbieter mit dem reisserischen Titel «Anschluss verloren. Swisscom und Sunrise sind out». Out? Wirklich? Was sich der stellvertretende «Bilanz»-Chefredaktor Marc Kowalsky bei dieser Überschrift dachte, weiss nur er selbst. Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Denn im Festnetz wie auch bei den Breitbandanschlüssen erreichen Swisscom und Sunrise zusammen nach wie vor einen Marktanteil von zirka 70 Prozent.
Zum Inhalt des «Bilanz»-Artikels: Die Autoren der Rangliste, Peter Messmann und Jörg Halter, publizierten ihren Befund als «exklusiv». «Exklusiv», das macht natürlich sofort hellhörig! In der «exklusiven» Rangliste findet man die erfolgreichsten Schweizer Telekomanbieter Swisscom und Sunrise interessanterweise abgeschlagen auf den letzten Plätzen aller aufgeführten Firmen! Damit wird die aktuelle Realität geradezu auf den Kopf gestellt. Die Bewertung ist derart seltsam, dass wir sie etwas näher anschauen wollten.
Auf Nachfrage erfährt man beispielsweise, dass sich das Rating auf die Antworten von exakt und scheingenau 10’145 Privatkunden stützt. Man erfährt weiter, dass «gemessen» in diesem Fall bedeute, dass die Privatkunden einen Fragebogen zur Zufriedenheit ihrer eigenen Telekomanbieter beantworten mussten.
Was sofort auffällt, ist der eklatante Widerspruch zwischen dem «Bilanz»-Telekom-Rating und der Wahrnehmung durch die Kunden. In der «Bilanz» findet man auf den ersten zehn Plätzen fast nur Klein- und Kleinstanbieter, während es die erfolgreichsten Schweizer Telekomanbieter Swisscom und Sunrise gerade noch an den Schluss der Rangliste geschafft haben sollen. Das ist nicht plausibel.
In der «Bilanz» wurde offengelassen, ob man die Kunden schriftlich oder mündlich, bei Vollmond oder bei starkem Föhn befragte. Auch die Nachfrage, nach welchen Kriterien die Umfrageteilnehmer ausgewählt wurden, blieb unbeantwortet. Nur Linkshänder? Nur Velofahrer? Man weiss es nicht, man erfährt es nicht. Hingegen legte Autor Messmann Wert auf die Feststellung, dass es sich um eine seit Jahren bewährte breitangelegte Umfrage nach höchsten Standards handle mit dem Ziel, «den Puls am Markt objektiv abzubilden». Soso, der Puls soll es richten. Das Umfrageresultat lässt freilich nur den Schluss zu, dass der «Bilanz»-Pulsmesser wieder einmal neu geeicht werden müsste.
Fritz Sutter
Fritz Sutter ist ehemaliger Präsident des Schweizerischen Telekommunikationsverbands Asut und langjähriger Kolumnist von «Swiss IT Magazine». Er vertritt seine persönliche Meinung.