Kolumne: Allerlei Ratschläge an Bundesrat Rösti
Quelle: zVg

Kolumne: Allerlei Ratschläge an Bundesrat Rösti

Fritz Sutter nimmt Stellung zur jüngsten Kritik an Swisscom.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2023/04

     

Es gibt Ranglisten zu fast allem: Beispielsweise war die Schweiz im Jahr 2021 das wettbewerbsstärkste Land der Welt. Beispielsweise rangiert die ETH Zürich auf Platz 11 der 200 besten Hochschulen der Welt und gehört damit zu den Besten der Besten. Herzliche Glückwünsche! Und beispielsweise wurde Swisscom von der Fachzeitschrift «Chip» zum fünften Mal in Folge für das beste 5G-Netzwerk ausgezeichnet. Auch ist Swisscom mit über 500 Lehrlingen die grösste ICT-Ausbilderin des Landes, wie vom Bundesrat bescheinigt wird.


Dennoch kommt mein geschätzter Kolumnenkollege Luzi von Salis in der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift mittels einer – wie er schreibt – Bierdeckelrechnung zum Ergebnis, dass Swisscom beim Netzbau allein im Jahr 2022 rund 900 Millionen Franken «versenkt» habe. Notabene «ohne dass Köpfe rollen», wie er einfühlsam ergänzt. Sozusagen fünf vor zwölf. Dann stellt er die Frage, «wann eigentlich Verwaltungsrat, Aktionäre und die Öffentlichkeit aufwachen, um diese Missstände zu korrigieren». Das alles zu einem Zeitpunkt, in welchem sich der Swisscom-Aktienkurs auf einem Jahreshoch befindet. Und am Schluss seines Wehklagens fügt von Salis doch tatsächlich noch hinzu, «dass sich der verantwortliche Bundesrat Rösti hier korrigierend in Szene setzen könnte». Quasi bundesrätliche Aktienkurspflege? Relax, lieber Luzi, es geht nur um Glasfaseranschlüsse.
Auch die «Weltwoche» sucht Hilfe bei Bundesrat Rösti. Der bekannte Publizist Kurt W. Zimmermann empfiehlt in seiner Kolumne dem Bundesrat, allen und allem zu misstrauen: der SRG, den Verlegern, den Journalisten, der SVP und Simonetta Sommaruga sowieso. Namentlich erwähnt Zimmermann Swisscom, die zu Röstis Departement gehört. Er rät dem Bundesrat: «Hier, Albert Rösti, müssen Sie auf die Bremse stehen. Es kann nicht sein, dass ein Staatsunternehmen die privaten Medienhäuser mit Bundeshilfe derart konkurrenziert». Auf diesen Einfall muss man erst einmal kommen! Denn Zimmermann unterstellt damit, dass Swisscom vom Staat finanzielle Unterstützung bezieht. Tatsächlich hat das Unternehmen nie, wirklich nie, Bundeshilfe bekommen. Im Gegenteil: Swisscom ist seit der 1998 erfolgten Liberalisierung des hiesigen Telekom-Marktes eine florierende Firma, die jedes Jahr Dividenden von über einer Milliarde Franken erwirtschaftet. Rund die Hälfte davon fliesst in die Kasse der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die nach wie vor gesetzlich verpflichtet ist, mindestens 50 Prozent an Swisscom zu halten. Ob diese Beteiligung noch zeitgemäss ist, lassen wir hier offen. Die Frage ist, ob sich diese Eigentumsverhältnisse in absehbarer Zeit ändern werden, was nur mit einer Gesetzesänderung ginge. Dazu bemerkte ein Nationalrat allerdings einmal, seine Partei würde sofort das Referendum ergreifen, falls man Swisscom mehrheitlich privatisieren wollte, und danach eine Volksabstimmung mit Sicherheit gewinnen. Solche Voraussagen sind Kaffeesatzlesen, sogar wenn man Nescafé Gold nimmt. Seit der Aufhebung des Monopols sind nämlich unzählige neue Wettbewerber unterwegs, die den Markt mit Erfolg aufmischen.


Kommentare
Ratschläge an Bundesrat Rösti Fritz Sutter kritisiert die Empfehlung von Kurt Zimmermann, der Swisscom auf die Finger zu schauen. In Anbetracht der aggressiven Akquisitionspolitik der Swisscom scheint mir die Forderung von Zimmermann legitim. Es darf nicht angehen, dass der unangefochtene Marktführer dank seiner Finanzkraft immer mehr Mitbewerber aufkauft und damit den Wettbewerb liminiert.
Montag, 1. Mai 2023, Dangel



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