These 1: Durch die Covid-19-Pandemie wurde endgültig klar: Die Digitalisierung macht vor der Personalentwicklung beziehungsweise Personalarbeit nicht halt.Das heisst, die firmeninternen Personalentwickler sowie Trainings- und Beratungsanbieter müssen sich künftig verstärkt fragen, ob und wie sie einen Teil ihre Leistungen digitalisieren können und eine diesbezügliche Kompetenz aufbauen. Sei es, indem sie sich selbst weiterbilden oder in ihr Team verstärkt auch Mitarbeiter integrieren, die über die erforderliche Digitalkompetenz verfügen, um digitale Lernkonzepte zu planen und zu realisieren.
These 2: Im Gefolge der Pandemie stiegen nicht nur die Akzeptanz von Online-Meetings, sondern auch Online-Trainings, -Coachings und -Beratungen enorm. Deshalb werden künftig auch die Kunden der Personalentwickler sowie Berater, Trainer und so weiter verstärkt fragen:
- Können wir die Trainings und Beratungen auch online durchführen?
- Inwieweit ist bei unseren Mitarbeiterqualifizierungsmassnahmen auch ein E-Learning beziehungsweise ein hybrides Lernen, das das Online-Lernen mit dem Lernen in Präsenzveranstaltungen verknüpft, möglich?
Das heisst, die Erwartungshaltung ihrer Kunden beziehungsweise deren Wünsche haben sich verändert.
These 3: In den zurückliegenden Monaten wurde vielen Klienten bewusst, dass ein Online-Beraten, -Trainieren und -Coachen auch Vorzüge hat.So rechnen sich online oft auch kürzere Trainings- und Beratungssessions von zum Beispiel einer Stunde, die sich als Präsenzveranstaltungen betriebswirtschaftlich nicht rechtfertigen liessen – auch aufgrund der langen Anfahr- und Abfahrzeiten der Trainer oder Berater sowie der Teilnehmer. Ausserdem lassen sich Online-Trainings- und -Beratungen meist auch kurzfristiger beziehungsweise zeitnäher realisieren; also dann, wenn gerade ein akuter Bedarf besteht. Zudem lässt sich das Online-Lernen oft leichter in den Arbeitsalltag der Mitarbeiter integrieren – zum Beispiel solcher, die in ihren Unternehmen bereits herausfordernde Jobs und eine entsprechend straffe Agenda haben, oder solcher, bei denen ein längeres Fehlen das Tagesgeschäft lahmlegen würde.
These 4: Durch die Online-Trainings in den vergangenen Monaten wurde vielen Usern bewusst: Das alte Credo, dass sich über digitale Lernmedien nur kognitive Lerninhalte vermitteln lassen, stimmt nicht mehr.Unter anderem, weil sie registrierten, dass man zum Beispiel Zoom-Sessions viel interaktiver als gedacht gestalten kann und man in ihnen deutlich mehr vom Gegenüber beziehungsweise den anderen Teilnehmern wahrnimmt als angenommen. Hinzu kommt: Je länger die coronabedingten Social-Distancing-Beschränkungen gelten, desto mehr steigt die allgemeine Akzeptanz des Online-Lernens; zudem lernen die Bildungs- und Beratungsanbieter zunehmend, wie man Qualifizierungs- und Beratungsprozesse gestalten muss, damit auch nichtkognitive Inhalte in ihnen bearbeitbar sind.
These 5: Künftig werden die Trainingsanbieter und so weiter schärfer begründen müssen, warum gewisse Trainings oder Beratungen als Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden sollten. Und in der Praxis werden sich speziell wenn es um komplexe Personal- und Organisationsentwicklungskonzepte geht, verstärkt Blended-Learning-Konzepte beziehungsweise hybride Qualifizierungskonzepte durchsetzen, die das Lernen in Präsenzveranstaltungen mit einem Online-Lernen verknüpfen – spätestens dann, wenn die coronabedingten Abstands- und Hygienevorschriften nicht mehr gelten.
These 6: Ohne eine valide Digitalkompetenz werden mittelfristig Personalentwickler sowie Trainer ihren Job beziehungsweise ihr Business nicht mehr ausüben können.Das heisst nicht, dass sie ein Informatik-Studium absolvieren müssen. Sie müssen aber so viel IT-Know-how haben, dass sie qualifiziert beurteilen können, welche Lern- und Beratungsarchitekturen sich mit der modernen Informations- und Kommunikationstechnik schmieden lassen und für welche Ziele diese eingesetzt werden können. Zudem benötigen sie eine fundierte praktische Erfahrung im Umgang mit elektronischen Lernplattformen sowie Tools wie Teams, Zoom und Facetime. Sonst werden sie von den Spezialisten in den Fachabteilungen – speziell im IT-Bereich – nicht mehr ernst genommen.
These 7: Die Personalentwicklungsbereiche werden verstärkt mit den IT-Bereichen der Unternehmen kooperieren müssen.Da sie meist selbst keine IT-Experten sind, sind die HR-Bereiche künftig beim Realisieren moderner beziehungsweise zeitgemässer Lern- und Trainingslandschaften auf die Unterstützung der internen (oder von externen) IT-Spezialisten angewiesen – zumindest, wenn ihre Problemlösungen mit der bestehenden IT-Landschaft in ihrem Unternehmen kompatibel sein sollen. Das heisst, sie müssen auch deren Sprache sprechen sowie deren technische (statt primär pädagogische beziehungsweise psychologische) Denkweise verstehen.
These 8: Der Trainingsmarkt beziehungsweise der Markt für Lerntechnologie ist ein Markt im Umbruch.In den nächsten Jahren werden viele etablierte Trainings- und Beratungsbieter vom Markt verschwinden – sei es, weil es ihnen nicht gelingt, ihre Produkt- und Leistungspalette so zu transformieren, dass diese den veränderten Kundenwünschen entspricht, oder weil ihnen ihre (Ziel-)Kunden aufgrund ihrer Historie oder ihres Alters nicht die Kompetenz zuschreiben, auch innovative Online-Lernkonzepte oder hybride Lernkonzepte zu realisieren.
An ihre Stelle werden nicht selten neue Anbieter treten, deren Wurzeln eigentlich im IT-Bereich liegen und die sich das erforderliche inhaltliche sowie pädagogische und psychologische Know-how zum Entwickeln ihrer Produkte beziehungsweise Leistungen zukaufen.
These 9: Im Markt werden sich Firmen etablieren, die auf das Entwickeln von Learning-Nuggets spezialisiert sind, und Plattformen, die solche Lernbausteine vermarkten.Die firmeninternen Programmentwickler werden aus Zeit- und Kostengründen beim Entwickeln ihrer Qualifizierungsprogramme zunehmend auf diese vorgefertigten digitalen Lernbausteine zurückgreifen und diese in ihre Programme integrieren. Neben dieser «Konfektionsware», die gegen Aufpreis auch individuell angepasst wird, wird es jedoch auch weiterhin einen Markt für massgeschneiderte Qualifizierungsprogramme sowie Lernbausteine geben.
These 10: Dem Online-Coaching gehört die Zukunft. Das Coaching-Business wird zumindest im B2B-Bereich mittel- und langfristig aus Zeit- und Kostengründen ein weitgehend virtuelles sein. Im Markt werden sich verstärkt Blended-Coaching-Konzepte beziehungsweise hybride Coaching-Konzepte etablieren, bei denen die Präsenz-Coachings primär dem Beziehungsaufbau dienen; ansonsten erfolgt das Coachen weitgehend online oder per Telefon. Etwas anders wird es vermutlich im B2C-Bereich sein. Auch hier werden sich zwar im gesamten deutschsprachigen Raum tätige, reine Online-Coaching-Anbieter etablieren. Zudem werden die auf das Privatkunden-Business beziehungsweise Selbstzahler-Geschäft spezialisierten Coaches verstärkt die Konkurrenz von Coaching-Apps spüren. Wenn es jedoch um das Bearbeiten akuter persönlicher Probleme und Konflikte geht, werden die meisten potenziellen Kunden weiterhin den persönlichen Kontakt zu einem Coach in ihrem lokalen oder regionalen Umfeld suchen.
These 11: In naher Zukunft werden noch sehr viele neue Tools und Problemlösungen zum Digitalisieren von Lern- und Beratungsprozessen auf den Markt kommen.In den zurückliegenden Corona-Monaten haben viele Investoren gemerkt, welch riesiges Marktpotenzial in der Digitalisierung von Dienstleistungen steckt. Entsprechend viele etablierte Unternehmen und Start-ups tüfteln zurzeit an neuen Problemlösungen in diesem Bereich – wobei noch unklar ist, welche Rolle hierbei mittel- und langfristig das Thema künstliche Intelligenz spielt. In entsprechend viele neue Tools zum Digitalisieren von Qualifizierungs- und Beratungsprozessen werden sich speziell im B2B-Bereich tätige Trainer, Berater und Coaches künftig einarbeiten müssen, um up-to-date zu sein. Das wird insbesondere den Solo-Unternehmern unter ihnen zunehmend Probleme bereiten.
These 12: Der Online-Trainings-, -Beratungs- und -Coachingmarkt ist ein (Wachstums-)Markt im Entstehen.Von einem entsprechenden Wildwuchs ist er zurzeit geprägt – auch weil die meisten Anbieter und Nachfrager in ihm noch nicht auf eine jahre- oder gar jahrzehntelange Erfahrung mit dem Online-Lernen und -Beraten zurückblicken. Deshalb haben sich in ihm bisher auch noch kaum Qualitätsmassstäbe sowie keine Preisniveaus etabliert. Diese werden sich aber ebenso wie im klassischen Trainings-, Beratungs- und Coachingmarkt zunehmend entwickeln, sobald dieser neue Markt einen höheren Reifegrad erreicht.
Generell gilt jedoch: Der Trainings-, Beratungs- und Coachingmarkt ist ein Wachstumsmarkt, da sich in einer von rascher Veränderung sowie sinkender Planbarkeit geprägten Welt die Herausforderungen, vor denen die Unternehmen stehen, und somit auch die Anforderungen an ihre Mitarbeiter immer rascher wandeln. Zudem müssen wir als Privatpersonen unsere Lebenskonzepte sowie Denk- und Verhaltensmuster immer häufiger den veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Entsprechend steigt insgesamt sowohl der organisationale als auch personale Lern- und Beratungsbedarf. Deshalb werden in dem Trainings-, Beratungs- und Coachingmarkt auch künftig viele Personen und Organisationen gutes Geld verdienen – sofern sie ihr Leistungsportfolio den veränderten Marktstrukturen und Kundenwünschen anpassen.
Die Autorin
Sabine Prohaska ist Inhaberin des Wiener Beratungsunternehmens Seminar Consult Prohaska, das Unternehmen beim Entwickeln einer neuen Lernkultur unterstützt und dessen Blended-Learning-Trainer-Ausbildung mit dem BDVT-Trainingspreis in Gold ausgezeichnet wurde (Internet:
www.seminarconsult.at).
(Quelle: Seminar Consult Prohaska)