Start-up Yokoy: Spesen auf Autopilot
Quelle: Yokoy

Start-up Yokoy: Spesen auf Autopilot

Das Fintech Start-up Yokoy verfolgt die Vision, die Spesen- und Geschäftskreditkarten-Prozesse von Firmen komplett zu automatisieren. Dazu setzt das Jungunternehmen auf Künstliche Intelligenz.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2020/10

     

Das in Zürich ansässige Start-up Yokoy verwendet Künstliche Intelligenz, um Spesen- und Firmenkreditkartenverarbeitung zu automatisieren, vom Bild einer Quittung bis hin zu den Compliance-Prüfungen, der Finanzbuchung, der Mehrwertsteuer-Vorsteuerrückforderung, Archivierung und Rückerstattung. Dies soll es Managern und dem Finanzteam ermöglichen, sich nur auf Ausnahmen und Ausreisser zu konzentrieren. Seit September 2020 bietet Yokoy zudem eine eigene integrierte Firmenkreditkarte an, welche auf Karten- und Wechselkursgebühren verzichtet.


Die Vision von Yokoy ist es, durch die Automatisierung der Geschäftskreditkartenprozesse Zeit und Geld zu sparen, die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen, die Komplexität zu reduzieren und die Einhaltung von Vorschriften sicherzustellen. Im Gegensatz zu herkömmlichen digitalen Lösungen soll die Technologie des Unternehmens den Prozess für alle Beteiligten des Ausgabenmanagements – Mitarbeiter, Manager und das Finanzteam – vereinfachen.

Eine (Spesen)-Revolution

Die Idee stammt ursprünglich vom heutigen CTO und Mitgründer, Devis Lussi. 2018 war er weltweit für einen Grosskonzern tätig und hatte es satt, monatlich so viele Stunden zu vergeuden mit dem mühsamen Zusammentragen von Spesenberichten. «Im Gespräch mit unserem heutigen CEO Philippe Sahli war schnell klar, dass dies eine Geschäftsidee ist, die Potenzial hat», so Melanie Gabriel, ebenfalls Mitgründerin und heute CMO von Yokoy. Gleichzeitig stiessen Thomas Inhelder (CFO) und Lars Mangelsdorf (CCO) dazu, die das müssige Thema Spesen ebenfalls zur Genüge kannten. So entstand zunächst das Unternehmen Expense Robot.

Die fünf Mitbegründer erlebten den Schmerz der manuellen Vorbereitung, Verfolgung, Kontrolle, Genehmigung und Bearbeitung von Ausgaben also aus erster Hand und machten sich daran, eine Revolution einzuleiten. Das Ziel war klar: maximal fünf Sekunden manuelle Arbeit pro Spesen- und Geschäftskreditkartentransaktion und keine Verlagerung der Arbeit vom Mitarbeiter zum Finanzteam. Manuelle Arbeit sollte auch auf Sonderfälle beschränkt werden, die von der KI nicht validiert werden können. Ein Unternehmen mit etwa 150 Spesen- oder Geschäftskreditkartennutzern soll dank Yokoy eine ganze Vollzeitstelle einsparen.


«Am Anfang war es schwierig, Investoren von unserer Idee zu überzeugen, da das Digitalisieren von Spesen nichts Neues ist», so Philipp Sahli. «Die Automatisierung der Spesen- und Firmenkartenprozesse hat bisher aber noch niemand gelöst. Wir fingen mit dem Bau eines Prototyps unserer Technologie an. Schnell hatten wir einige kleinere Firmen mit im Boot, welche die Mühseligkeiten mit Spesen aus erster Hand kannten und auf der verzweifelten Suche nach einem Produkt waren, das Abhilfe verschaffen würde. Diese Firmen testeten unsere Prototypen, gaben Inputs und Verbesserungsvorschläge, vor allem aber auch die Zusicherung, dass sie unser Produkt kaufen würden sobald es auf dem Markt ist.» Mit dieser Zusicherung ging das Start-up dann mögliche Investoren an. Bei der Suche nach Kunden setzt Yokoy derweil auf mittlere und grössere KMU. «Die meisten sind momentan noch aus der Schweiz, mittlerweile bedienen wir aber auch die ersten Kunden aus dem DACH-Raum», erläutert Sahli.

Namensänderung nach Jahresfrist

Die Yokoy Spesenmanagement-Plattform (Mobile App und Desktop App) bietet verschiedene Rollen (Mitarbeiter, Assistent, Manager und Finanzteam) und kann von den Firmen auf deren individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Die Automatisierung hilft, die Prozesse vom Foto über das Hochladen der Quittung bis zur Finanzbuchung ohne manuelle Eingriffe zu ermöglichen. Ein wichtiger Teil des Angebots sei aber auch die Integration in Systeme wie Finanz- und Geschäftsreise-Tools, um eine End-to-End-Automatisierung bieten zu können. Verrechnet wird das Ganze über ein Lizenz-Modell.

Nach einem erfolgreichen ersten Jahr stand bei Expense Robot 2020 eine grosse Änderung an: «Angefangen haben wir als Expense Robot», erzählt Melanie Gabriel. «Wir wählten damals einen Namen, der beschreibt, was wir machen und der uns auch SEO-technisch hilft, schnell gefunden zu werden.» Mit der Einführung der Yokoy Business Mastercard Anfang September 2020 änderte Expense Robot den Namen zu Yokoy. «Nachdem wir die eigene Karte in unsere Produktpalette aufgenommen haben und wir noch viele weitere Produkte rausbringen wollen, repräsentiert uns der alte Name nicht mehr komplett», erklärt Gabriel. «Yokoy ist ein Fantasiename, den wir nun mit unserer Vision eines hochmodernen Ausgabenmanagements für Firmenkunden füllen können.»


Die beruflichen Laufbahnen der Gründer könnten derweil nicht unterschiedlicher sein: «Anders als bei vielen Start-ups zeichnet unser Gründungsteam aus, dass wir alle sehr komplementäre Kompetenzen mitbringen und somit von Tag eins an ein komplettes Management Team hatten», erzählt Gabriel. So hat Devis Lussi etwa einen Hintergrund als Physiker, der an der ETH Zürich für seine Forschung auf dem Gebiet der Neutrino-Physik promoviert hat. Nach dem Verlassen der akademischen Welt arbeitete er vier Jahre lang im Quant & Analytics Team von Ernst & Young (EY) Zürich, wo er zahlreiche quantitative Risiko- und KI-Projekte leitete. Lars Mangelsdorf, heute CCO, hat sich in wenigen Jahren in Unternehmen wie X-Rite und Beekeeper vom Vertriebsmitarbeiter zum Senior Sales Executive hochgearbeitet. Melanie Gabriel selbst hat einen Master-Abschluss in Unternehmensführung der Universität St. Gallen, leitete zuvor das Marketing beim B2B-Software-Start-up Dizmo und ist auch Vostandsmitglied bei We Shape Tech. CEO Philippe Sahli leitete als ehemaliger CFO des Schweizer und US-Start-ups Beekeeper die jüngste 45 Millionen-Dollar-Finanzierungsrunde mit. Zuvor war er in der Unternehmensberatung bei Ernst & Young und in Managementfunktionen bei Schweizer Banken wie Credit Suisse und UBS tätig, nachdem er ein Blockchain-Startup aufgebaut und verkauft hatte. CFO Thomas Inhelder schliesslich arbeitete als CPA-zertifizierter Finanzprüfer bei KPMG. Danach sammelte er Erfahrungen in Führungspositionen bei der Schweizer Grossbank Credit Suisse und bei British Telecom (BT), zuletzt als Country Finance Manager für die Schweiz. Neben den Gründern Devis Lussi, Lars Mangelsdorf, Melanie Gabriel, Philippe Sahli und Thomas Inhelder beschäftigt Yokoy heute rund 20 Mitarbeitende. «Und unser Team wächst stetig weiter», so Gabriel.

Auge auf den internationalen Markt

Zu den wichtigsten Meilensteinen von Yokoy gehört bislang neben dem Launch im September 2019 mit den ersten Test-Kunden auch die Tatsache, dass das Start-up ein paar Monate später bereits namhafte Unternehmen wie Ameropa und Swissquote zu seinen Kunden zählen durfte. «Nach gut einem Jahr hatten wir bereits über 100 Kunden», so Gabriel dazu.

Ein Beispiel ist Sherpany, «ein Unternehmen für Meeting-Management-Software mit Sitz in der Schweiz, das sich in kontinuierlichem Wachstum befindet», so Gabriel. «Daher wollte die CFO der Firma, Tania Thiebach, so viele Finanzprozesse wie möglich automatisieren. Sherpany benutzte davor ein anderes Spesentool, das durch Yokoy ersetzt wurde, da die Firma eine Lösung benötigte, die global skalierbar ist und den Grossteil der manuellen Arbeit abnimmt, damit das Finanzteam sich auf andere Aufgaben konzentrieren kann.»


Ein weiterer Meilenstein war die Finanzierungsrunde in der Höhe von 1,7 Millionen Franken, die von den zwei Hauptinvestoren SIX Group und Swisscom Ventures angeführt wurde, berichtet Gabriel weiter. Und: In der nahen Zukunft, sprich im vierten Quartal 2020, ist die Eröffnung eines neuen Office im nahen Ausland ein grosser nächster Meilenstein. «Längerfristig wollen wir unsere Spesen-Software und Kreditkarte nicht nur in weitere grössere und internationale Firmen bringen, sondern auch unser Ökosystem weiter ausbauen, um unseren Kunden die perfekte End-zu-­End-Automatisierung garantieren können.» (swe)


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