Berater gibt es wie Sand am Meer. Deshalb sollten sich Unternehmens- oder IT-Berater, Steuer- oder Social-Media-Berater, Vertriebscoaches oder -consultants in ihrem Aussenauftritt erkennbar von ihren Mitbewerbern abheben. Sie sollten sozusagen eine unverwechselbare Marke werden, damit ihre Zielkunden sie und nicht einen ihrer Mitbewerber kontaktieren und letztlich ihnen einen Auftrag erteilen – und zwar im Idealfall auch dann, wenn ihr Kostenvoranschlag etwas höher als der ihrer Mitbewerber ist. Vor dieser Herausforderung stehen nicht nur alle selbstständigen Berater, sondern letztlich alle Verkäufer solch komplexer Produkte und Dienstleistungen wie IT-Systeme, denn sie nehmen im Verkaufsprozess stets auch eine Beratungsfunktion bezüglich ihrer Kunden wahr.
Entwicklungsziel: Eine Marke werden
Doch wie werden Berater und Verkäufer beziehungsweise Buying Consultants eine Marke? Indem sie, wie einige selbstständige Berater, auf allen Fotos und bei allen Auftritten einen Hut tragen? Oder sich ihre Arme top-down tätowieren lassen? Oder wie der Blogger Sascha Lobo, der auch Berater und Speaker in Sachen Digitalisierung ist, einen knallroten Irokesen-Schnitt tragen? Solche Brand-Zeichen beziehungsweise Äusserlichkeiten führen eventuell dazu, dass Berater als Person im Gedächtnis bleiben. Doch engagiert werden sie deshalb nicht. Im Gegenteil! Denn solche Äusserlichkeiten wirken schnell gekünstelt und nicht authentisch, weshalb sie eher Misstrauen säen als Vertrauen aufbauen.
Brands beziehungsweise Marken schaffen Vertrauen
Vertrauen ist aber der zentrale Faktor bei der Selbstvermarktung von Dienstleistern gleich welcher Couleur. Denn Personen oder Organisationen, die zum Beispiel das Engagement eines IT-Beraters erwägen oder darüber nachdenken, eine neue IT-Lösung einzuführen, stehen meist vor einer Herausforderung, die sie verunsichert. Deshalb wünschen sie sich eine Person (oder Organisation) als Partner an ihrer Seite, der sie sich anvertrauen können – nicht nur, weil sie ihr die Kompetenz zuschreiben, ihr Problem zu lösen. Also sollte die Selbstpräsentation aller Berater und Buying Consultants darauf abzielen, bei ihren Zielkunden dieses Vertrauen aufzubauen. Dabei lautet das übergeordnete Ziel, sich bei den Zielkunden zu einem sogenannten Trusted Advisor zu entwickeln, den diese auch eigeninitiativ ansprechen, wenn sie ein entsprechendes Problem haben. Einige Tipps, wie dies gelingt.
Tipp 1: Sich als «Spezialist für ...» präsentieren
Kein Berater kann alle Probleme lösen, die Personen oder Organisationen haben. Also lautet der erste Schritt bei der Markenbildung, sich auf eine definierte Zielgruppe und das Lösen ganz bestimmter Probleme zu spezialisieren – ähnlich wie dies zum Beispiel die Marken Langnese, Schwartau und Seidenbacher getan haben. Sie sind zwar alle Lebensmittel-Anbieter, doch innerhalb dieser Branche hat sich Langnese auf Eiscreme, Schwartau auf Marmelade und Seidenbacher auf Müsli spezialisiert. Ähnlich sollten IT-Berater und -Unternehmen agieren – also sich zum Beispiel auf das Themenfeld Produktionssteuerung, Vertriebs- optimierung oder Digitalisierung von Kommunikations- oder Lernprozessen spezialisieren.
Tipp 2: Den Zielkunden den Mehrwert der angebotenen Leistung aufzeigen
Auf seiner Webseite kann jeder behaupten: Ich bin ein guter Unternehmens- und IT-Berater. Oder ein innovatives und kundenorientiertes Unternehmen. Nur weil diese Behauptung zum Beispiel auf einer Webseite steht, ist sie noch nicht glaubhaft. Also gilt es solche Kompetenz-Aussagen inhaltlich zu unterfüttern.
Die meisten selbstständigen Berater tun dies, indem sie auf ihrer Webseite beispielsweise detailliert die absolvierten Ausbildungen und die beruflichen Stationen, die sie durchlaufen haben, auflisten. Das ist richtig – denn ihre Kompetenz ist das Resultat ihrer beruflichen Biografie. Das Problem ist nur: Dass ein Berater zum Beispiel ein Informatik-Studium und die Weiterbildungen x und y absolviert hat, sind zwar interessante Fakten, sie machen für den Zielkunden aber nicht transparent, welchen Nutzen sie davon haben. Also sollten Berater unter anderem auf ihrer Webseite die nötige Übersetzungsarbeit leisten; beispielsweise, indem sie dort schreiben: «Ich war 10 Jahre verantwortlicher Projektmanager für hochkomplexe, strategische IT-Projekte in der Industrie (Fakt). Deshalb kenne ich die Knackpunkte bei solchen Projekten und weiss aus Erfahrung, worauf man bei deren Planung und Realisierung achten sollte (Kundennutzen). Entsprechendes gilt für alle Buying Consultants: Auch sie müssen im Kundenkontakt die nötige Übersetzungsarbeit leisten.
Tipp 3: Die Persönlichkeit «griffig» machen
Neben der fachlichen Kompetenz ist die Persönlichkeit des Beraters für die Vertrauensbildung entscheidend, denn sie entscheidet weitgehend darüber, inwieweit es ihm gelingt, eine Beziehung zu dem Klienten (beziehungsweise Klientensystem) aufzubauen, und bestimmt seine Arbeitsweise. Die meisten Berater wissen das. Deshalb sind ihre Werbeunterlagen gespickt mit Floskeln wie «wertschätzender Umgang» und «nachhaltige Lösungen». Eine plastische Vorstellung von der Persönlichkeit eines Beraters und seiner Arbeitsweise erhalten die Zielkunden hierdurch nicht – auch weil kein Berater von sich das Gegenteil behaupten würde. Deshalb sollten Berater und Buying Consultants, die sich zum Trusted Advisor entwickeln möchten, auf solche Floskeln verzichten. Viel interessanter ist es für ihre Zielkunden beispielsweise zu erfahren, wie sie sich als Berater verhalten, wenn in einem Projekt scheinbar nichts mehr geht. Legen sie dann die Hände in den Schoss und denken sich: «Es ist halt so». Oder ergreifen sie die Initiative und sagen zum Beispiel: «Ich sehe die Lösungsmöglichkeiten eins, zwei und drei. Welche präferieren Sie?» Indem Berater und Buying Consultants im Kundenkontakt ihr Verhalten in bestimmten Beratungs- oder Projektsituationen narrativ beschreiben, entsteht ein viel klareres Bild von ihrer Persönlichkeit, als wenn sie mit Floskeln solche Selbstverständlichkeiten beschreiben wie «Ich arbeite ziel- und lösungsorientiert» (Kommentar: Wie sonst?) oder «Ich arbeite systemisch» (Kommentar: Wie sonst? Blind, das Umfeld und die Wechselwirkungen ausblendend?). Also fällt es ihren Zielkunden auch leichter, sich für sie und ihr Angebot zu entscheiden.
Tipp 4: Den Zielkunden das Gefühl vermitteln «Der Berater kennt meine Situation»
Dies gilt speziell dann, wenn der Berater beziehungsweise seine Organisation den Zielkunden auch ansonsten in der Kommunikation und im Kundenkontakt das Gefühl vermittelt: «Diese Person beziehungsweise Organisation versteht meine Situation. Sie weiss, wo der Schuh drückt.» Dieses Gefühl können Berater beziehungsweise Organisationen, die komplexe Problemlösungen verkaufen, ihren Zielkunden – speziell, wenn diese keine IT-Experten sind – nur vermitteln, indem sie mit ihnen in einer einfachen, bildhaften Sprache kommunizieren; zum Beispiel, indem sie als IT-Berater auf ihrer Webseite schreiben: «Als Top-Manager kennen Sie vermutlich folgende Situation: Sie müssen eine komplexe IT-Entscheidung treffen. Zum Beispiel, wie... Oder wie... Diese Entscheidung fällt Ihnen schwer. Zum Beispiel, weil Ihnen wichtiges IT-Know-how fehlt. Oder weil Sie wissen, dass Mitarbeiter gegen die angestrebten Veränderungen opponieren werden. Wünschen Sie sich in solchen Situationen zuweilen einen Sparring-Partner, der mit Ihnen tragfähige Lösungen erarbeitet und deren Umsetzung plant? Dann sollten Sie mich kontaktieren. Denn...» Ein solcher Text veranlasst Zielkunden eher einen Berater zu kontaktieren als die schlauste Abhandlung über das Thema Digitalisierung, Unternehmensführung oder Geschäftsprozessoptimierung. Denn in ihm kommuniziert er mit ihnen und bezieht sich auf ihre Alltagserfahrungen.
Tipp 5: Den Zielkunden ein Leistungsversprechen geben und dieses einlösen
Je bildhafter und konkreter, das heisst auf den Lebens-/Arbeitsalltag der Zielkunden bezogen, die Sprache eines Beraters ist, umso klarer wird für sie sein Profil. Umso eher wird er in ihren Augen auch eine unverwechselbare Marke, der sie vertrauen können. Dabei gilt es jedoch zu beachten: Jede Marke gibt ihren Zielkunden ein Leistungsversprechen. So wie dies zum Beispiel der Autohersteller Audi mit seinem Slogan «Vorsprung durch Technik» und sein Konkurrent BMW mit dem Slogan «Aus Freude am Fahren» tun. Dieses Versprechen gilt es im Beratungsprozess und Kundenkontakt stets einzulösen. Geschieht dies, entwickelt sich der Berater allmählich zum Trusted Advisor, mit dem die Kunden zufrieden sind, dessen Rat sie bei Bedarf selbst suchen und den sie auch gerne weiterempfehlen.
Tipp 6: Das eigene Licht nicht unter den Scheffel stellen
Damit dieser Prozess in Ganz gesetzt wird, gilt es jedoch zunächst die Markenbotschaft in die Welt hinauszutragen. Zum Beispiel, indem IT-Berater oder -Unternehmen ihre Werbeseite für die Suche im Netz optimieren. Oder mittels Werbebriefen, Presseveröffentlichungen und Vorträgen – ähnlich wie dies die Autohersteller Audi und BMW mit ihren Werbespots und Messeauftritten tun. Denn wer sein Licht unter den Scheffel stellt und sich nicht zeigt, den sieht auch niemand. Also wird er auch nicht kontaktiert.
Der Autor
Bernhard Kuntz ist Inhaber der (Online-) Marketing- und PR- Agentur
Die Profilberater, Darmstadt. Er ist unter anderem Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher «Die Katze im Sack verkaufen – off- und online» und «Fette Beute für Trainer und Berater».
Bernhard Kuntz ist Inhaber der (Online-) Marketing- und PR- Agentur Die Profilberater, Darmstadt. (Quelle: Die Profilberater,)