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Jobplattformen auf dem Prüfstand

Jobs.ch, Linkedin und Xing sind die Marktführer, wenn es um die Jobsuche geht. Nischenplayer haben es schwer, könnten mittelfristig jedoch zu den Gewinnern gehören.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2020/07

     

Die Negativmeldungen überschlagen sich: Per Ende Mai sind die Stelleninserate – abhängig von der Branche – bis zu 70 Prozent eingebrochen. Corona hat einen ohnehin schon delikaten Markt nochmals kräftig durchgeschüttelt. Ob und wann sich die Lage auf dem Arbeits- und Stellenmarkt nachhaltig bessern wird, ist ungewiss. Da liegt es auf der Hand, dass auch die grossen Player im Markt Haare lassen müssen. «Wir überlegen uns natürlich jetzt mehr denn je, wo wir unsere Jobinserate platzieren wollen», sagt eine HR-Fachfrau, die lieber anonym bleiben möchte, «zumal Inserate auf den gängigen Plattformen zum Teil sehr viel Geld verschlingen.» Richtet man den Fokus auf Xing und Linkedin, erkennt man auf den ersten Blick interessante Parallelen: Beide Portale ermöglichen dem Stellensuchenden, sein Profil gratis zu erstellen, wobei Linkedin bei den kostenlosen Funktionen die Nase vorn hat. Geschätzte drei Millionen Menschen nutzen in der Schweiz diese Plattform, die seit 2016 zu Microsoft gehört. Das entsprechend grosse Netzwerk, die hohe Sichtbarkeit sowie die Reichweite sorgen dafür, dass Linkedin wohl auch künftig eine entscheidende Rolle bei der Jobsuche spielen wird. Xing darf in der Schweiz auf eine geschätzte Million Kunden zählen, wobei der Fokus eher auf Deutschland gerichtet ist, was erklärt, dass diese Plattform in der Schweiz nicht mit Linkedin mithalten kann. Für Xing jedoch spricht, dass Arbeitnehmende das Unternehmen bewerten können, was zweifellos für ein erhöhtes Mass an Transparenz sorgt. Beide Portale sind sowohl für Arbeitssuchende als auch für Stellenanbieter relativ aufwendig, was die Bewirtschaftung anbelangt. Dafür aber kommen sie wesentlich differenzierter als zum Beispiel Jobs.ch daher, wo vorwiegend die Stelleninserate im Fokus stehen.

Regionaler Fokus

Interessant, weil nicht unbedingt den aktuellen Trends entsprechend, erscheint die Aussage von HR-Fachfrau Nadine Vogel, die mehr denn je den regionalen Markt bearbeitet. Sie setzt bei Stellenbesetzungen auf die firmeneigene Website, dann aber auch auf die lokalen Printmedien. «Unser Zielpublikum ist nicht unbedingt nur auf Social-Media-Plattformen fixiert», nennt sie den Hauptgrund dafür, dass für das Zuger KMU, für welches sie arbeitet, Jobs.ch, Linkedin oder Xing noch nicht sonderlich hoch im Kurs stehen. Sie sagt aber auch, dass ihr Chef nun zunehmend in die digitale Welt vorpreschen wolle, zumal man möglichst breit abgestützt sein möchte. Erste diesbezügliche Gehversuche hätten bereits stattgefunden.

Chance für Nischen-Player

Per Ende Juni 2020 sind aktuell zwei Millionen Menschen in der Schweiz auf Kurzarbeit gesetzt. Gut möglich also, dass sich der Jobmarkt kurz- und mittelfristig stark und noch mehr in Richtung Digitalisierung bewegen wird. Eine Chance für Nischen-Player, die etwa den ganzen Bewerbungs- und Einstellungsprozess digital abwickeln können. So muss beispielsweise weniger Aufwand betrieben werden, wenn die kompletten Bewerbungsunterlagen nur einmal erfasst werden müssen und im Bedarfsfall aktualisiert werden können.

Recruiting kennt keine Grenzen

Solche Wege zu beschreiten kann auch heissen, immer einen Tick kreativer als die Konkurrenz zu sein. Jobsuche mit Inseraten am Bahnhof oder im Öffentlichen Verkehr können ebenso einschlagen wie die perfekt platzierte Bandenwerbung bei einem grossen Fussball- oder Eishockeyclub. Manchmal werden Mitarbeitende auch gefunden, weil sie sich von der Werbung auf Firmenfahrzeugen haben inspirieren lassen. Was damit vor allem gesagt werden soll: Rekrutierung ist primär harte Arbeit und kein Selbstläufer.


Ein Inserat publizieren, sich zurücklehnen und bei einem Kaffee davon träumen, dass der Traumkandidat gleich zur Türe hineintrudelt – das ist Schnee von gestern!

Die Grossen werden mächtig bleiben

Experten sind sich einig, dass die aktuelle Pandemie wie ein Orkan durch die Rekrutierungsbranche fegen dürfte, wobei selbst die grossen Player nicht ungeschoren durch diese Krise kommen werden. Trotzdem werden sie aber auch weiterhin eine entscheidende Rolle in der Jobrekrutierung spielen, zumal alleine Linkedin auf rund 500 Millionen Kunden in 200 Ländern zählen darf. So setzen etwa Personen, die gerade vor oder durch die Coronakrise bedingt arbeitslos geworden sind, weiterhin häufig darauf, ihre Dossiers bei Linkedin und Xing zu hinterlegen.


Zusätzlich sehen viele Arbeitssuchende aber auch einen hohen Nutzen in einem weiten Beziehungsnetz. Dieses pflegen sie nicht nur online, sondern vor allem auch real. Nichts geht über ein persönliches Treffen, einen gemeinsamen Kaffee oder einen Business Lunch, denn der zwischenmenschliche Kontakt – allen digitalen Tendenzen zum Trotz – wird auch in Zukunft der vielleicht wichtigste Türöffner in der Jobwelt bleiben.

Der umfassende Vergleich

Sollte es auch mit dem Beziehungsnetz nicht klappen, haben sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber die ­Möglichkeit, auf eine reiche Palette an Rekrutierungsoptionen zurückzugreifen. Die tabellarische Übersicht der wichtigsten Instrumente können Abonnenten in der Ausgabe 7-8/2020 nachlesen. Noch kein Abo? Hier klicken und Versäumtes nachholen.

Der Autor

Gabriel Aeschbacher ­arbeitet unter anderem als Redaktor für www.bildung-schweiz.ch und­ ­befasst sich daher regelmässig mit ­Fragen, welche Job, ­Karriere sowie Aus- und Weiterbildung betreffen.


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