Wer hätte gedacht, dass die Coronakrise die Arbeitsweise der meisten Menschen völlig umstellt? Plötzlich arbeitet man nicht mehr gemeinsam in einem Grossraumbüro, sondern jeder einzeln im Home Office.
Home Office war bisher etwas, das viele ab und zu einmal gemacht haben, jedoch bei den meisten nicht über ein 20-prozentiges Arbeitspensum hinausging. Dafür benötigte man auch nicht die beste digitale Infrastruktur, weil man genau einteilen konnte, welche Arbeiten auch zu Hause möglich waren. Nun ist man plötzlich zu 100 Prozent im Home Office. Nicht nur die technische Infrastruktur kann einem da zu schaffen machen, sondern auch die enorme Umstellung von Ort und Routine, welche Gewöhnung braucht und eine grosse Portion Selbstdisziplin.
Ich frage mich dabei: Wird in Zukunft 100 Prozent Home Office zur Normalität werden? Welche Berufe werden betroffen sein? Ein Bäcker kann ja schlecht Home Office machen, oder stellen Sie sich vor, wie er plötzlich seine Küche auf den Kopf stellt. Von «Remote Work» haben bisher meistens nur IT-Spezialisten gesprochen. Nun sind plötzlich sämtliche Berufsgruppen damit konfrontiert. Eine Zukunft, in der die meisten Personen zu Hause arbeiten und ihre vier Wände nur noch selten verlassen, scheint absurd, könnte aber Realität werden, wie der neueste Trend zeigt, welcher uns aufgezwungen wird.
Die Hauptfrage, die sich in der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern nun stellt, ist: Kann man Personen einstellen, ohne sie persönlich gesehen zu haben? Gerade in einer Krise wie dieser können wir das sehr gut testen. Da in der Schweiz immer noch circa 25’000 IT-Fachspezialisten fehlen, sind Unternehmen gezwungen, auch im Ausland zu suchen. Was macht man jedoch, wenn die Grenzen zu sind? Stellt man einfach keine Ausländer mehr ein und stoppt somit indirekt auch die technologische Entwicklung unseres Landes? Meiner Meinung nach gewinnen in jeder Krise diejenigen Unternehmen, die sich sehr gut an neue Situationen anpassen können und sofort agieren, anstatt abzuwarten und auf bessere Zeiten zu hoffen. Internationale Unternehmen machen es uns vor. Seit Jahren rekrutieren Firmen wie etwa Microsoft, Google oder Apple via Video. Es gibt sogar Unternehmen, in denen Mitarbeiter kein einziges Team-Mitglied je live getroffen haben, man aber trotzdem täglich die Projekte gemeinsam per Video Call bespricht.
Wir sehen auch hierzulande, dass immer mehr Unternehmen mit ihren neu gewonnenen ausländischen Spezialisten das Onboarding per Remote machen. Alles, was es für eine erfolgreiche Einführung braucht, ist ein Laptop und eine Internetverbindung. Die Technologien, die wir aktuell zur Verfügung haben, sind bereits so unheimlich gut, dass man sich gut vorstellen könnte, keine einzige Person mehr persönlich treffen zu müssen, was enorme Kosten sparen würde. In einem Face-to-Face-Bewerbungsgespräch ist es sicherlich etwas einfacher, herauszufinden, ob die Chemie zwischen Bewerber und Arbeitgeber passt. Ob die Person jedoch auch so arbeitet, wie sie sich im Interview verkauft, sieht man erst nach einer bestimmten Zeit.
Meiner Meinung nach ist die aktuelle Krise der Startschuss für eine neue digitale Rekrutierungsweise. HR-Manager und Entscheidungsträger müssen umdenken und ihre Rekrutierungsprozesse anpassen. Durch Video Calls können Kosten und Zeit gespart werden. Zudem wird die Umwelt geschont, wenn immer mehr Meetings in Video-Chatrooms stattfinden und nicht mehrere Personen unzählige Kilometer an einen Ort fahren müssen, um sich zu treffen. Man kann schliesslich im Videochat das gleiche besprechen wie in einem persönlichen Meeting.
Die guten Neuigkeiten für IT-Spezialisten sind, dass genau sie der Schlüssel zur immer stärker vernetzten Welt und Digitalisierung sind. Bei der grossen und aktuell häufigsten Frage, wer jetzt systemrelevant ist, ist meine Antwort stets die gleiche: IT-Spezialisten.