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Durchblick im Weiter­bildungsdschungel
Quelle: Montage: SITM

Durchblick im Weiter­bildungsdschungel

Von Sheila Karvounaki Marti Ein breites Angebot von Höheren Fachschulen und Fachhochschulen, daneben private Weiterbildungsanbieter und unzählige Herstellertrainings – den Durchblick im IT-Weiterbildungsdschungel zu haben, ist wahrlich nicht leicht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2019/04

     

Im Rahmen der Digitalisierung scheint alles im Wandel – alles ist rasant, dynamisch, dem demografischen Wandel unterworfen und im stetigen Umbruch. Auch der IT-Bereich entwickelt sich täglich weiter: Es gibt heutzutage in der IT gut 60 verschiedene Berufe, mit jeweils zusätzlichen Schwerpunkten, die es zu beherrschen gilt. Hinzu kommen noch die ständig auf den Markt drängenden neuen Methoden und Tools, die zum Einsatz kommen.

Dies wirkt sich nicht nur auf die Unternehmen aus, auch die Arbeitnehmenden sehen sich einer immer grösseren, zu beherrschenden technologischen Vielfalt gegenüber. Sie müssen ihre Kompetenzen laufend anpassen und ausbauen, um in der Arbeitswelt erfolgreich bestehen zu können – unabhängig von Alter oder Generation.


Dabei ist jedoch nicht nur die technische Beherrschung des Fachs relevant. Denn gerade durch die Digitalisierung werden auch Softskills immer wichtiger: Wie arbeitet man kulturübergreifend? Wie kommuniziert man digital richtig? Wie bleibt man trotz durchgehender Erreichbarkeit resilient? Dies sind nur ­einige der vielen Fragen, denen sich Mitarbeitende und Führungspersonen heute zunehmend stellen müssen.

Was derweil der Weiterbildungsmarkt tut

Nicht nur der Arbeitsmarkt unterliegt den Auswirkungen der Digitalisierung, auch für den Weiterbildungsmarkt gilt es, sich den veränderten Bedürfnissen von Seiten Unternehmen und Arbeitnehmenden anzupassen und entsprechende Angebote zu kreieren. Wer heute im Aus- und Weiterbildungsmarkt erfolgreich bestehen will, muss den Kunden Inhalte bieten, die den Anforderungen, denen sie sich gegenübersehen, entsprechen. Und genauso wie es bei den Teilnehmenden nicht nur um die rein technische Sicht geht, geht es bei den Angeboten der Aus- und Weiterbildungsinstitute nicht nur um den reinen Inhalt, sondern auch um die Vermittlungsform, die Soft-Skills beim Lernen sozusagen.

Wo früher eine Ausbildung für einen klar definierten Job, den die Teilnehmenden dann fast auf Lebzeiten ausführten, ausreichte, gilt es heute, die sich stetig wandelnden Anforderungsprofile abzuholen und entsprechende Gefässe zu erstellen und fortlaufend den Aktualitäten anzupassen. Damit steigt auch die Anzahl an Kursen, Trainings und anderen Aus- und Weiterbildungen laufend.


Beobachtet man die Entwicklung im IT-Bereich in den letzten Jahren, so lässt sich ein starker Anstieg der Nachfrage nach der Kombination von Hard- und Softskills feststellen. Weiterbildungsinstitute sollen nicht mehr nur reine "Kursanbietende" sein, sondern für ihre Kundinnen und Kunden vielmehr als Begleiter fungieren, die die Teilnehmenden digital ready machen; Analysen dazu, wo die jeweiligen Unternehmen und ihre Mitarbeitenden stehen und wie sie den Weg effizient meistern können, inklusive.

Unterschiede bei den Weiterbildungsanbietenden

Die Bildungslandschaft in der Schweiz ist mittlerweile relativ breit und zuweilen unübersichtlich. Tendenziell kann man sagen, dass die Angebote von Fachhochschulen (FH) und Höheren Fachschulen (HF) und diejenigen von privaten, oftmals spezialisierten Weiterbildungsinstituten immer ähnlicher werden. Denn auch FHs und HFs brechen aufgrund der veränderten Nachfrage ihre bis anhin eher starren Bildungsgänge vermehrt auf und nehmen neue, wichtige Themen aus der IT – wie Cloud, Security oder Big Data – in ihre Programme auf.

Was unterscheidet also Angebote von FHs und HFs von solchen privater Anbieter? Oft sind es die Schwerpunkte und die Dauer der Weiterbildungen. ­Bachelor-, Master- sowie CAS-, DAS- oder MAS-Ausbildungen dauern in der Regel länger (ab einem halben Jahr bis vier Jahre) und bieten gleichzeitig ein breites Wissen. Angebote privater Institutionen hingegen sind themenspezifischer und fokussierter und dauern in der Regel weniger lang, bauen jedoch oft von Kurs zu Kurs auf und vertiefen die Themen so.


Ist nun das eine oder andere besser? Nein, es kommt ganz auf die persönlichen Zielsetzungen und Wünsche an. Klar ist nur: Immer mehr Arbeitgebende setzen Weiterbildungen und Abschlüsse als selbstverständlich voraus, auch im IT-Bereich.

Herstellertrainings als valide Option

Neben den verschiedenen Bildungsinstitutionen bieten im IT-Bereich auch die diversen Hersteller selbst Trainings zur Nutzung ihrer Angebote an. Im Folgenden seien einige der grössten erwähnt, wobei eine abschliessende Aufzählung den Umfang des Artikels sprengen würde.

Microsoft
Am innovativsten präsentiert sich wohl Microsoft. Es handelt sich hier auch um den ersten Hersteller, der sein Zertifizierungsmodell komplett geändert und den aktuellen Herausforderungen angepasst hat. Denn bis Herbst 2018 waren die angebotenen Trainings auf Zertifizierungen ausgelegt, die den Teilnehmenden das Wissen zu spezifischen Microsoft-Produkten bescheinigt haben, so zum Beispiel "MCSA Windows Server 2012". Heute hingegen setzt Microsoft auf Zertifizierungen, die die Fähigkeiten für bestimmte Jobrollen bescheinigen und würdigt so die Nachfrage der Unternehmen nach produktübergreifenden Kenntnissen. Das Thema Azure, Microsofts Cloud-Infrastruktur, ist dabei stark in den Fokus gerückt. Neu werden folgende Zertifikate angeboten:
• "Microsoft Certified: Azure Fundamentals"
• "Microsoft Certified: Azure Administrator Associate"
• "Microsoft Certified: Azure Developer Associate"
• "Microsoft Certified: Azure Solutions Architect Expert"
• "Microsoft Certified: Azure DevOps Engineer Expert"
• "Microsoft 365 Certified: Security Administrator Associate"
• "Microsoft 365 Certified: Modern Desktop Administrator Associate"
• "Microsoft 365 Certified: Enterprise Administrator Expert"
Microsoft legt regelmässig weitere Zertifizierungen nach, so dass diese Liste nicht als abschliessend zu betrachten ist. Erwähnenswert ist auch, dass nicht nur die Prüfungen angepasst, sondern auch die Trainings an sich entstaubt wurden. Es gibt zudem seit gut einem Jahr auch themenfokussierte Microsoft Professional Programs (MPP), die sich durch den Ansatz auszeichnen, individuelles Lernen zu fördern und zu fordern. MPPs bestehen aus diversen Videos und Labs, welche die Teilnehmenden selbständig sowie zeit- und ortsunabhängig absolvieren können.
Vmware
Auch Vmware hat sich weiterentwickelt. Anders als Microsoft setzt der Marktführer im Bereich Servervirtualisierung zwar weiterhin auf Produktzertifizierungen. Zukünftig bezieht sich der erlangte "Titel" aber nicht mehr auf die Produktversion. Wo bis vor Kurzem noch die Version auf dem Zertifikat genannt wurde, zum Beispiel "Vmware Certified Professional – Data Center Virtualization (VCP-DCV 6.5)", wird nun die Jahreszahl abgebildet. So können Unternehmen überprüfen, wann jemand die Prüfung absolviert und bestanden hat und entsprechend, ob jemand up to Date ist.
Auch Vmware fokussiert zudem auf das Cloud-Geschäft. So besteht eine strategische Partnerschaft zwischen Vmware und Amazon Web Services (AWS). Um den Administratoren den Umgang im aus der Partnerschaft resultierenden Zusammenspiel näher zu bringen, hat der Hersteller eigens das Training "Vmware Cloud on AWS: Deploy and Manage" entwickelt. Mit Workspace One ermöglicht Vmware den Benutzenden ortsungebundenes Arbeiten auf einer gesicherten Umgebung – genau das, was die Mitarbeitenden von heute tun und was eine Unternehmung benötigt.
Ein weiterer, grosser Fokus von Vmware ist der Bereich Security. Sämtliche Trainings des Herstellers wurden entsprechend um diesen Aspekt ergänzt.


Citrix
Auch Citrix hat das Cloud-Business im Fokus, und spätestens seit der Partnerschaft mit Microsoft 2017 ist diese Ausrichtung auch klar spürbar. Denn auch Citrix hat gemerkt: Die Kunden wollen jederzeit und ortsunabhängig auf die gewohnte und gesicherte Arbeitsumgebung zugreifen können. Obschon Citrix selbst keine eigene Cloud-Infrastruktur bietet, sind die vom Hersteller angebotenen Tools zur Sicherheit die wohl wichtigsten und die entsprechenden Trainings von grossem Nutzen. Die Trainings und Zertifizierungen sind nach wie vor auf die ­Learningstreams "Citrix Virtual Apps and Desktops", "Citrix Endpoint Management", "Citrix ADC", "Citrix Content Collaboration" und "Citrix Hypervisor" ausgelegt, wobei der jeweilige Cloud-Bezug berücksichtigt wird.
Amazon Web Services (AWS)
Lange Zeit als Underdog unter den Technologieherstellern belächelt, hat sich Amazon Web Services (AWS) sehr schnell die berechtigte Marktführerschaft im Bereich Cloud gesichert. Die Trainings und Zertifizierungen wurden von Beginn an auf die Rollen der Anwendenden ausgelegt und passen sich so dynamisch wie die Technologie selbst auch im Inhalt an. Zurzeit sind fünf Zertifizierungen für Anwender und Anwenderinnen erhältlich:
• Amazon Web Services (AWS) Certified Solutions Architect – Associate Level
• Amazon Web Services (AWS) Certified Solutions Architect – Professional Level
• Amazon Web Services (AWS) Certified Developer – Associate Level
• Amazon Web Services (AWS) Certified SysOps Administrator – Associate Level
• Amazon Web Services (AWS) Certified DevOps Engineer – Professional

Red Hat
Der Open-Source-Verfechter verfolgt den Ansatz, dass nicht einzelne Produkte, sondern die Art und Weise, wie sie in ein Unternehmen integriert werden, entscheidend ist. Es sind also ganzheitliche Lösungen gefragt. So bietet Red Hat beispielsweise mit Openshift eine Container-Anwendungsplattform für virtuelle und Private-Cloud-Infrastrukturen an, welche es unabhängig von der jeweiligen Anwendungsarchitektur ermöglicht, einfach und schnell zu entwickeln und bereitzustellen. Gleichzeitig ist auch bei Red Hat die Automatisierung ein grosses Thema. So zählen die Ansible-Kurse zu den beliebtesten aus dem Red-Hat-Portfolio.


CompTIA
Die Computing Technology Industry Association (CompTIA) ist ein internationaler Branchenverband der IT-Industrie. Zu den Mitgliedern zählen IT-Hersteller, -Händler, -Dienstleister, -Freelancer, -Trainer sowie andere Branchenangehörige aus insgesamt 102 Nationen. CompTIA bietet von Trainings für den absoluten Beginner, wohl der meistgezählte Bereich bei Quereinsteigern, bis hin zu Angeboten für Security-Spezialisten, der Königsklasse der Informatik. Gleichzeitig gehören auch Soft-Skills-Kurse zum Angebot von CompTia, beispielsweise der CompTIA CTT+ Certified Technical Trainer.
Ein Fokus von CompTIA liegt zudem aktuell auf den Themen Security und Cloud; beides Gebiete, die Unternehmen im Moment sehr beschäftigen und in denen ein hoher Expertenmangel herrscht.

Wer sich oft und konsequent weiterbildet, ist vorne mit dabei

Es gilt mehr denn je: Um im Arbeitsmarkt attraktiv zu sein und es auch zu bleiben, genügt es heute nicht mehr, nur eine Ausbildung absolviert zu haben. Das Motto lautet klar "Lebenslanges Lernen" und in Anbetracht dessen, dass durch den demografischen Wandel wohl künftig noch über das 65. Lebensjahr hinaus gearbeitet wird, gilt dieses Motto sogar noch länger als bis anhin.

Insbesondere im IT-Bereich gilt es, up to Date zu bleiben, denn wo die Halbwertzeit des IT-Know-hows früher bei zwei Jahren festgemacht wurde, ist sie heute um einiges kürzer. Dabei gilt es, nicht mit jeder Aus- und Weiterbildung einen komplett neuen Bereich zu erlernen, sondern vielmehr das eigene Wissen über die technologische Weiterentwicklung und die Anwendung der Tools und Methoden aktuell zu halten. Nicht zu vergessen, dass auch Soft-Skills nicht abschliessend erlernt, sondern stetig weiterentwickelt werden können.


Bei der Wahl der Aus- oder Weiterbildung gilt es darauf aufzubauen, was bereits an bestehendem Wissen vorhanden ist und welches Ziel man weiter erreichen möchte. Möglichkeiten der Weiterbildung gibt es zur Genüge, es gilt schlicht, die passende für sich selbst auszusuchen.

Die eidgenössischen Diplome sowie auch die diversen CAS- und MAS-­Ausbildungen und die Bachelor- und Master-Titel werden den Hersteller-Zertifizierungen auch künftig nicht den Rang ablaufen. Dies schon alleine, weil letztere wegen der Partnerstatus der Unternehmungen mit den Herstellern benötigt werden. Es zeichnet sich viel eher ab, dass zukünftig eine Kombination beider Ausbildungsgruppen an Relevanz gewinnen wird.

Die Autorin

Sheila Karvounaki Marti ist als Community Managerin für Digicomp tätig. Digicomp zählt zu den bekanntesten Schweizer Weiterbildungsanbietern und führt neben den klassischen Herstellertrainings auch eidgenössische Diplome und CAS im Angebotsportfolio. Als Ergänzung zu den Hard-Skills bietet Digicomp mit 40 Jahren Erfahrung auch die Weiterbildung der entsprechenden Soft- und Social-Skills an.


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