"Swiss IT Magazine": Per 1. April 2019 tritt Ricoh neu als IT-Service-Anbieter auf. Was gehört im Verständnis von Ricoh alles zu IT-Services, was umfasst Ihr Angebot?Toni Fuchs: Es ist richtig, dass wir per 1. April mit IT-Services starten, allerdings ist das Thema für Ricoh nicht komplett neu. Mit unseren Print-Services waren wir bereits zuvor im IT-Umfeld tätig, auf Servern, mit Applikationen und vielem mehr. In dem Zusammenhang wurden wir auch immer wieder von Kunden angegangen mit der Frage, ob wir im Sinne eines One-Stop-Anbieters nicht auch weitere Services für sie übernehmen können. Vor diesem Hintergrund habe ich meinen Job im Juni 2018 angetreten, das Portfolio analysiert und in den letzten Monaten dann mit entsprechenden Services komplettiert. Um aber auf Ihre Frage zurückzukommen: Unser Angebot umfasst schwerpunktmässig Private Cloud Services aus der Ricoh Cloud, basierend auf unserer eigenen Infrastruktur in zwei Datenzentren in der Schweiz. Hinzu kommt der ganze Workplace-Services-Bereich, wo wir mit unserem Druckergeschäft bereits nahe am Thema sind. Wir bieten hier das komplette Spektrum an Workplace-Management, inklusive Roll-out- und Betrieb. Abgerundet wird das Ganze durch die Applikationsseite, wo wir uns vor allem in den Bereichen Dokumentenmanagement und Enterprise Content Management positionieren. Damit sind wir überzeugt, dem Kunden eine End-to-end-Lösung offerieren und als Single Point of Contact auftreten zu können.
Applikationen sind ein gutes Stichwort. Wie weit gehen Ihre Services hier? Hilft mir Ricoh auch, wenn ich als Kunde beispielsweise ein Problem mit meiner SAP-Installation habe?Wenn es ausschliesslich um SAP geht, verweise ich sie gerne an einen SAP-Partner. Wenn es aber darum geht, die passende Infrastruktur aufzubauen und SAP einfach eine Applikation ist, die auf dieser Infrastruktur laufen soll, dann ist das sicherlich unser Thema. Wobei wir SAP nicht selbst machen, sondern einem Partner weitergeben würden. Ambitionen, ein SAP-Systemhaus zu werden, haben wir aktuell keine.
Wo liegen die Grenzen der IT-Services sonst noch?Sicherlich im Bereich WAN, hier sind die Telcos die passenden Anbieter. Auch im Applikationsbereich gehen wir vorerst nicht zu sehr in die Tiefe, ausser dort, wo unser angestammtes Geschäft herkommt, also den erwähnten Dokumenten- und Content-Diensten und Print Services.
Sind die IT-Services eine Initiative von Ricoh Schweiz, oder steht der Konzern dahinter? Die Strategie wurde von Ricoh weltweit festgelegt, kommt also vom Mutterhaus her. Dies vor dem Hintergrund, dass das Druckergeschäft stagniert, die Digitalisierung dafür sorgt, dass weniger Papier produziert wird. Also hat sich Ricoh schon lange Gedanken gemacht, wo der Weg hingehen soll. Und da unsere angestammten Dienstleistungen ohnehin schon nah an der IT angesiedelt sind, macht der Schritt Richtung IT-Services auch Sinn. In zahlreichen anderen Ländern wurde die Strategie bereits umgesetzt, weltweit macht Ricoh bereits 20 Prozent des Umsatzes mit IT- und IT-nahen Dienstleistungen.
Die Konkurrenz unter den IT-Dienstleistern ist gross, auf dem Markt finden sich zahlreiche etablierte Anbieter. Wie will Ricoh hier ein Geschäft aufbauen und bestehen können?Ricoh hat einen wichtigen Pluspunkt, der letztlich den Erfolg ausmachen wird: Unsere bestehende und vor allem zufriedene Kundenbasis. Ich habe es eingangs erwähnt, Kunden haben immer wieder nach weiterführenden IT-Services gefragt, wir wissen also, die Nachfrage ist da. Denn das Gros der Kunden möchte die Zahl der Partner und damit die Zahl der Schnittstellen reduzieren. Mit unserem erweiterten Portfolio können wir für den Kunden der eine Ansprechpartner für IT-Fragen sein. Hinzu kommt, wir können international tätige Kunden mit Schweizer Hauptsitz bedienen, weil wir selbst weltweit tätig sind, Das können nur wenige Schweizer Anbieter.
Wen sehen Sie als Ihre Hauptmitbewerber?Swisscom muss man hier sicherlich nennen, vor allem im Schweizer Geschäft. Avectris, Comicro, Netsys, T-Systems bei den ganz grossen Kunden und punktuell auch HP gehören ebenfalls zu den Mitbewerbern. Ich sehe unsere Konkurrenz eher bei den etablierten Service-Partnern und weniger bei den Systemintegratoren, weil unser Fokus auf den Kunden liegt, die einen Service beziehen wollen.
Und wie will sich Ricoh von den Mitbewerbern abheben?Wir bringen neue Modelle an den Markt, schnüren beispielsweise Packages, in deren Rahmen Kunden einen Managed-Arbeitsplatz zum Fixpreis selbst definieren können – inklusive Mail oder Office 365, aber auch dem Workplace oder Printservices. Insbesondere mit den letztgenannten Printservices und unserer Kompetenz in diesem Bereich können wir Angebote machen, wo viele Mitbewerber bereits passen müssen.
Für Managed Workplace sind Sie als Managed-Print-Service-Spezialist (MPS) ja prädestiniert?Das ist sicherlich so. Managed Workplace ist ein wichtiges Element in unserem Service-Katalog. Der Kunde soll sich nicht mehr um PCs, Betriebssysteme oder Office-Installationen kümmern müssen, sondern soll aus vordefinierten Sets basierend auf zwei, drei unterschiedlichen Hardware-Konfigurationen auswählen können, die er flexibel buchen und verändern kann und für die er dann monatlich bezahlt. Aber auch wenn der Kunde mit bestehender IT-Infrastruktur kommt, kümmern wir uns darum.
Sie bieten die IT-Services unter der Marke Ricoh an. Für mich steht Ricoh aber ganz klar für einen Drucker-Hersteller und MPS-Anbieter. Denken Sie nicht, der Name Ricoh könnte auf dem Weg zum IT-Service-Anbieter im Weg stehen?Ich würde nicht sagen, die Marke steht uns im Weg. Aber es ist sicherlich eine Herausforderung dafür zu sorgen, dass Ricoh künftig nicht mehr nur mit drucken und scannen assoziiert wird, sondern auch mit IT-Dienstleistungen. Das ist Teil meiner Aufgabe.
Mit wie vielen Leuten stemmen Sie zum Start das IT-Services-Angebot?Aktuell zählt das Team 25 Mitarbeiter – Servicemanager, Consultants, Engineers und Supporter. Dazu können wir auf die übrigen Ressourcen von Ricoh Schweiz zurückgreifen. So haben wir jüngst zum Beispiel 50 Sales-Leute auf IT-Services geschult. Für den Vor-Ort-Service können wir zudem die Workforce der Ricoh-Field-Service-Organisation mit über 100 Mitarbeitern nutzen.
Inwieweit arbeiten Sie mit Partnern zusammen?Partnerschaften sind sicherlich ein Thema, gewisse Partnerschaften stehen kurz vor dem Abschluss – beispielsweise im Bereich Security. Nicht vergessen darf man zudem, dass wir auch auf die Ressourcen von Ricoh in anderen Ländern bauen können. So unterhält Ricoh etwa in Italien und Spanien eigene Software-Entwicklerteams, oder in Polen ein Service Operations Center, und in einem zweiten Schritt wollen wir hier sicherlich auch gewisse Angebote machen.
Auf welche Kunden zielen Sie mit IT-Services ab?Der Schwerpunkt soll auf Kunden mit rund 50 bis rund 1000 EDV-Arbeitsplätzen liegen, wobei wir in einem ersten Schritt vielleicht nicht unbedingt den Kunden mit 1000 Arbeitsplätzen suchen, sondern zuerst im kleineren Rahmen Erfahrung sammeln wollen.
Und welche Zielsetzung bezüglich Anzahl Kunden haben Sie sich bis Ende 2019 gesetzt?Ich gehe davon aus, bis dann zwischen 30 und 50 Kunden zu zählen. Die Pipeline ist bereits sehr gut gefüllt, das Interesse ist definitiv da.
Mit dieser Kundenanzahl tragen Sie aber noch keine 20 Prozent zum Umsatz bei, so wie das bei Ricoh weltweit der Fall ist?Nein, dazu brauchen wir noch einige Kunden mehr, vor allem grössere. Ich gehen davon aus, für dieses Umsatzziel drei bis fünf Jahre zu benötigen.
Doch Hand aufs Herz: Hat die Schweiz auf den IT-Service-Anbieter Ricoh gewartet?Auf Ricoh als IT-Service-Anbieter hat niemand gewartet. Aber dank unserer Fähigkeiten in unserem Kerngeschäft und unserer Kundenbasis bin ich überzeugt, dass wir erfolgreich und ein wichtiger Anbieter von IT-Services in der Schweiz werden.
Toni Fuchs
Toni Fuchs (53) ist seit Juni 2018 als Head of IT & Digitalisation Services für
Ricoh Schweiz tätig. Dafür war er lange Jahre für Econis tätig, zuletzt knapp drei Jahre als CEO. Alles in allem blickt Fuchs auf gut 30 Jahre Erfahrung in der IT-Industrie zurück. Ricoh zählt hierzulande rund 400 Mitarbeiter und unterhält nebst dem Hauptsitz Wallisellen fünf weitere Standorte in der Deutsch- und Westschweiz.
(mw)