High-End-Desktop aus der Cloud
Quelle: Blade

Blade Shadow

High-End-Desktop aus der Cloud

Den Desktop in die Cloud verschieben? Blade macht’s möglich: Für knapp 40 Franken im Monat erhalten Nutzer einen stets aktuellen High-End-Rechner direkt auf ihre Geräte gestreamt. Wir haben getestet, ob sich das Angebot auch im professionellen Umfeld eignet.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/12

     

An Streaming-Angeboten, die versprechen, den Gaming-­Desktop obsolet zu machen, mangelt es definitiv nicht. Doch den kompletten Desktop als Strea­ming-­Setup anzubieten? Das scheint auf den ersten Blick gewagt, hat aber unser Interesse geweckt. Denn genau das bietet Blade mit Shadow, einem Streaming-­Service, der nun auch in der Schweiz ver­fügbar ist und nicht nur für Gaming angespriesen wird, sondern auch für professionelle Tasks.


Ein leistungsfähiger Rechner, jederzeit und auf jedem Gerät abrufbar, wo immer man gerade ist, so lautet das Versprechen von Shadow. Apps gibt’s momentan für Windows, MacOS und Android. Ubuntu- und iOS-Versionen befinden sich in der Beta-Phase. Als Nabelschnur zum Cloud-Rechner dient dabei die Internet-­Leitung der Nutzer, und dabei muss es sich gemäss dem Hersteller keineswegs um Glasfaser handeln. Bereits 15 Mbit/s sollen für den Gebrauch geeignet sein, sei es über Kabel oder WLAN.

Volle Leistung, stets aktuell

Doch was genau bekommt man für die monatliche Abo-Gebühr, die mit mindestens 40 Franken zu Buche schlägt? In Sachen Grafik-Power hält sich Blade ein wenig bedeckt, spricht aber von einer professionellen GPU, die gleichwertig zu einer Nvidia GTX 1080 sein soll. Dazu gibt’s eine Xeon-CPU mit acht dedizierten Threads, 12 GB DDR4-Arbeitsspeicher und mindestens 256 GB Speicherplatz (erweiterbar um 1 TB). Interessant ist zudem, dass im Angebot auch eine 1-Gbit/s-Internetverbindung inkludiert ist. Die Leitung des Nutzers wird also nur verwendet, um zwischen Shadow und dem Client-Gerät zu kommunizieren, also das Bild darzustellen und Inputs zu übermitteln. Downloads werden derweil direkt über die Leitung im Rechenzentrum (welches sich für die Schweiz in Amsterdam befindet) von Shadow durchgeführt. Ausserdem verspricht Blade, dass Shadow stets mit der aktuellsten Windows-10-Version läuft, und auch die Hardware soll fortlaufend aktualisiert werden.

Installation und Einrichtung

Um das Angebot zu testen, haben wir die Shadow-Software auf einem Windows-10-Desktop sowie einem Android-Smartphone installiert. Blade bietet allerdings auch einen eigenen Host-Klienten an, genannt Shadow Box. Mit dem Mini-PC, der in seiner aktuellsten Version in der Schweiz allerdings noch nicht verfügbar ist, lässt sich der Cloud-Service quasi überall nutzen, sei es am TV zuhause oder unterwegs etwa via Beamer.

Die Installation unter Windows 10 geht ohne Mühe und schnell vonstatten. Öffnet man die App, können erstmal ein paar Einstellungen vorgenommen werden. So lässt sich etwa bestimmen, ob man Shadow automatisch starten lassen will, sich zwischen Fenster- und Fullscreen-Modus entscheiden, die gewünschte Bandbreiten-Auslastung festlegen sowie verschiedene Einstellungen zu Peripherie, Ton und Video vornehmen. Mit einem Klick auf den Start-Button wird danach die Verbindung zum eigenen Cloud-Rechner hergestellt.


Ähnlich einfach funktioniert das Ganze auch unter Android, wo man schlicht die App aus dem Play Store herunterlädt und das Gerät per Mail bestätigen und mit dem virtuellen Desktop verknüpfen muss. Die App bietet zwar weniger Einstellungsmöglichkeiten, ist aber schön gestaltet und tut ihren Zweck. So lässt sich mit einem Klick die Verbindung zu Shadow herstellen.

Performance überzeugt

Ist Shadow erstmals gestartet, erscheint die altbekannte Windows-Anmeldeoberfläche. Hier erstellt man wie gewohnt einen Account und meldet sich an. Eine Windows-Lizenz muss nicht erworben werden, der virtuelle Desktop kommt mit einer lizenzierten Version von Windows 10 Home. Sofort fühlt man sich wie Zuhause, alles scheint, als würde man einen normalen Windows-PC oder -Laptop verwenden. Latenzen sind auf den ersten Blick keine auszumachen und das ge­streamte Bild ist augezeichnet. Wer bislang keinen High-End-Rechner sein Eigen nennen konnte, dürfte zudem von der Geschwindigkeit von Shadow beeindruckt sein. Programme, Webseiten und Web-­Inhalte laden blitzschnell.

Um die 1-Gbit/s-Leitung zu testen, laden wir eine 28 GB grosse Datei herunter und führen einen Speed-Test im Browser durch. Hier hält Blade was versprochen wird, die durchschnittliche Download-Geschwindigkeit beläuft sich auf rund 990 Mbit/s. Beim Upload sind es hingegen im Durchschnitt nur rund 105 Mbit/s. In Sachen Bildübertragungsrate konnten im Test durchschnittlich 40 Frames in der Sekunde gemessen werden (beim Ausführen verschiedener Anwendungen wie Web-Browser, Bildbearbeitung, Rendering). Ein akzeptables Ergebnis für Anwendungen, die keine schnellen Reaktionszeiten verlangen. Und auch die Latenzzeiten hielten sich mit einem durchschnittlichen Wert von rund 30 Millisekunden in einem guten Rahmen. So waren kaum merkliche Verzögerungen beim Input oder Output erkennbar. Für Anwendungen jenseits des Gaming-Bereichs lässt es sich mit diesen Werten komfortabel arbeiten. Sogar auch dann noch, wenn die Latenzzeiten teilweise in den (tiefen) dreistelligen Bereich ansteigen, falls man statt Kabel WLAN nutzt.


Primär richtet sich Blade mit Shadow sicherlich an Gaming-Anwender. Doch das Angebot soll sich durchaus auch für Nutzer eignen, die die Rechenleistung eines High-end-Desktops etwa für 3D-Rende­ring, Video- oder Fotobearbeitung nutzen möchten. Diesen Anwendern ist ein grosser Vorteil gemein: Die Minimalisierung der Latenzzeiten steht nicht unbedingt im Vordergrund. Viel wichtiger ist die Rechenleistung, Stabilität und auch die stetige Aktualität der Hardware. In Sachen Rechenleistung und Hardware punktet Shadow ganz klar. Anders sieht es allerdings momentan bei der Stabilität aus.

Holprige Stabilität

So kam es im Test des Öfteren zu Systemabstürzen, die Gründe dafür waren meist nicht klar ersichtlich. Mal gab es Probleme beim Hin- und Herwechseln zwischen dem Host und dem virtuellen Desktop, mal stieg plötzlich die Maus oder die Tastatur aus. Auch Probleme mit dem Ton traten leider mehrmals auf. Besonders der Vollbild-Modus scheint unter Windows zu Problemen zu führen. Des weiteren ist für einen stabilen Betrieb eine Verbindung mittels LAN unabdingbar. Shadow funktioniert zwar auch über WiFi, hier kommt es aber immer wieder zu kurzen Unterbrüchen in der Verbindung. Für professionelles Arbeiten, sei es im Rendering- oder Bildbearbeitungs-Bereich, stellen solche Stabilitätsprobleme ein grosses Hindernis dar. Plötzliche Systemabstürze und Input- oder Output-Störungen können schnell zum Verlust von Zeit und Arbeit führen. Was im Gaming-Bereich vielleicht ärgerlich ist, kann im professionellen Anwendungsfall unter Umständen nicht toleriert werden. Hier bleibt zu hoffen, dass Blade weiter an der Stabilität, insbesondere des Windows-Clients, arbeitet. Ebenfalls schade ist, dass Shadow bisher keine Dual-­Screen-Setups unterstützt, ein weiteres Manko, das besonders professionelle Anwender vom Gebrauch abhalten könnte. Dafür läuft die Android-Anwendung sehr stabil. Mobil bekommt man damit vollen Zugriff auf den virtuellen Rechner und damit Windows 10. Zwar ist die Bedienung zwangsweise nicht besonders komfortabel, es sei denn man fügt Tastatur und Maus zum Setup hinzu, was im Test bis auf ein paar Aussetzer gut klappt. Dass man so via Smartphone oder Tablet auf den Cloud-Rechner und somit alle Dateien und Programme zugreifen kann, ist toll. So kann man beispielsweise von überall her Tasks oder Downloads starten oder etwa einen Blick auf einen gerade laufenden Prozess werfen. (swe)


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