Passender könnte das Büro von
Virtual Reality Learning (VRL) nicht liegen, ist das Zürcher Start-up doch in den Räumlichkeiten der Fachstelle ASN für die Alkohol- und Drogenprävention im Strassenverkehr einquartiert. Passend deshalb, weil sich VR Learning die Revolution des Lernprozesses für Fahrschüler auf die Fahne geschrieben hat. Ziel des Start-ups, das 2015 von Lionel Kuster gegründet wurde, ist es, eine Software anzubieten, die Fahrlehrer bei ihren Schülern einsetzen können. So soll ein Virtual-Reality-Simulator für eine realitätsnahe Ausbildung dabei helfen, dass Fahrschüler Gefahrensituationen mittels virtueller Realität quasi echt erleben können und nicht nur im Frontalunterricht theoretisch davon hören. "Mit unserer Software können wir zum Beispiel simulieren, dass ein kleines Kind vor das Auto rennt. Diese Situation kann mit dem Fahrlehrer im Auto nicht direkt geübt werden, die Fahrschüler kennen sie somit auch nach dem Bestehen der Prüfung nicht aus der Praxis und wissen nicht, wie sie in einer solchen Situation tatsächlich reagieren würden. Dank unserer Software werden solche realen Szenarien simuliert und den Fahrschülern wird nochmals bewusst gemacht, welche Gefahren im Strassenverkehr lauern", erklärt Gründer und Geschäftsführer Lionel Kuster.
Mit der Software von Virtual Reality Learning lassen sich reale Gefahrensituationen im Strassenverkehr simulieren. (Quelle: Virtual Reality Learning)
Virtual Reality im Einsatz bei Paul Schindler-Saefkow (links), VR Experte, und Lionel Kuster (rechts), Geschäftsführer. (Quelle: Virtual Reality Learning)
Lancierung für Ende 2018
Die finale Version der Software, die seit rund drei Jahren entwickelt wird, soll Ende dieses Jahres auf den Markt kommen. Als Basis der Software kommt Unity zum Einsatz, in welches die VRL Engine implementiert wurde. "Wir hatten als Basis auch Unreal evaluiert, bei Unity gibt es aber unserer Einschätzung nach mehr Ressourcen und man hat entsprechend auch auf mehr Entwickler Zugriff", begründet Kuster die Entscheidung für Unity. Entwickelt wird die Software primär in der Schweiz. Die erste finale Version ist entsprechend für den Schweizer Markt gedacht.
Aktuell arbeitet man beim Start-up noch am Feinschliff der Software. "Zurzeit testen wir, welche emotionale Wertung didaktisch Sinn macht", erklärt Kuster und ergänzt: "Dabei geht es darum, dass der virtuelle Fahrlehrer für ein möglichst realitätsnahes Erleben durchaus auch ärgerlich werden soll, wenn ein Schüler wiederholt denselben Fehler macht. Diese emotionale Komponente hilft den Fahrschülern, den Schweregerad ihrer Fehler zu bewerten."
Grenzen überwinden
"Mit der Software Geld verdienen möchten wir 2019", so Lionel Kuster, von dem die Idee der Fahrlehr-Software stammt. Dabei ist
Virtual Reality Learning nicht das erste Unternehmen des ausgebildeten Psychologen. "Ich habe 2001 eine Multimedia-Agentur gegründet und Kurse gegeben in diesem Bereich. 2015 ging es hier aber nicht mehr weiter und Virtual Reality kam auf. Deshalb habe ich mich für einen sauberen Schnitt entschieden und mich ganz dem Bereich VR gewidmet", berichtet der Geschäftsführer. "Meine erste Firma habe ich aus Begeisterung für Flash gegründet, VR Learning habe ich aus Begeisterung für Virtual Reality gegründet", erklärt Lionel Kuster den Beweggrund für seinen Einstieg in die VR-Welt. Dabei wollte er aber nicht – wie die meisten anderen – Virtual Reality im Game-Bereich machen. "Mich interessiert schon seit jeher viel mehr das Lernumfeld, ich habe ja bereits in der Vergangenheit Kurse gegeben und E-Learning-Projekte durchgeführt." VR setzt gemäss Kuster dort an, wo das klassische E-Learning seine Grenzen hat. "Mit E-Learning ist es nur schwer möglich, das tatsächliche Verhalten der verschiedenen Akteure, der Gefahrenquellen und der Unabwägbarkeiten zu antizipieren." Hier kommt dann Virtual Reality ins Spiel.
Nach der Gründung von Virtual Reality Learning machte sich Kuster auf die Suche nach Unterstützung, die er in der Form von Paul Schindler-Saefkow gefunden hat, den er vorher nicht kannte. "Auf Paul Schindler-Saefkow bin ich in den einschlägigen Foren gestossen, als ich einen VR-Spezialisten suchte." Zudem wird auch auf Freelancer zurückgegriffen, etwa für grafische Arbeiten und Entwicklerarbeiten.
Flughafen, Forschung und Feuerwehr
Venturekick war es, das den Anfang des Start-ups finanziert hat. Dabei beziffert Kuster die Kosten für die Entwicklung der Software im unteren siebenstelligen Bereich.
Nebst der Anfangsfinanzierung durch Venturekick helfen zahlreiche Aufträge bei der Querfinanzierung des Hauptprojekts – sprich der Fahrlehr-Software für den Virtual-Reality-Einsatz. So durften Kuster & Co. etwa für die Fachstelle ASN ein Programm entwickeln, mit welchem Leute fahren können und dies in einem alkoholisierten Modus – sprich die Reaktionen des Fahrers werden verzögert. Ein weiterer Kunde ist ein Flughafen, der seine Mitarbeiter bei der Gepäckabfertigung mittels Virtual Reality schulen will. "VR Learning ist gerade für Bereiche, in welchen Menschen motorische Abläufe einüben und mit komplexen Situationen klarkommen müssen, prädestiniert", ist Kuster überzeugt. So können mittels VR etwa Stresssituationen simuliert werden und gerade in der Kofferabfertigung können damit Fehler vermieden werden, die den Flughafen viel Geld kosten. Denn durch VR kann man den Mitarbeitern nun die automatisierten Abläufe einprägen und so hoffentlich in Zukunft viele am falschen Ort gestrandete Koffer vermeiden.
Beim Flughafen wussten Kuster und sein Team auch mit ihrem Einsatz zu punkten, wie das Feedback des Flughafens zeigte. "Wir haben hier schon eine halbfertige Lösung vorgezeigt, wo man eigentlich nur mal mittels Powerpoint-Präsentation über die Möglichkeiten von VR informiert werden wollte", erinnert sich Kuster. Generell werde geschätzt, dass sich das Start-up bei Projektanfragen gleich mit der Thematik auseinandersetze. "Wir schleppen unser Zeugs mit drei Koffern zu den Kunden und zeigen gleich live vor, während andere erst eine Aufstellung der Kosten schicken oder eine Powerpoint-Präsentation machen", erklärt er, wie man sich von allfälligen Mitbewerbern abheben will.
Generell gibt es laut Kuster beim Einsatz von VR kaum Grenzen. Weitere Tätigkeitsfelder sieht er etwa bei der Unfallprävention oder in der Forschung. "Aktuell arbeiten wir gerade an einem Projekt mit einer grösseren Schweizer Universität, mehr darf ich dazu aber noch nicht sagen.". Aber auch etwa zur Übung von Brandbekämpfung in Tunnel kann VR einen wertvollen Beitrag leisten. "Bislang war dies nur mit aufwendigen realen Übungsanlagen möglich." Mit einer VR-Trainingseinheit können Kosten gespart werden und etwa auch Aktionen von in Panik geratenen Menschen im Tunnel simuliert werden. Sobald das Hauptprojekt abgeschlossen ist, will man sich denn auch intensiver um die Erweiterung der möglichen Einsatzfelder kümmern, verspricht Kuster. Zudem hegt das Start-up auch Expansionspläne. "Wir wollen die Software, sobald sie fertig ist, für verschiedene Länder anpassen – etwa für Deutschland und einige weitere europäische Länder", so Kuster. Weitere Infos unter
www.virtualreality-learning.com.
(abr)