Wer schon einmal versucht hat, sich mit dem Handy oder einem GPS-Gerät durch die Strassen zu navigieren, ohne dabei auf eine entsprechende Halterung zurückgreifen zu können, kennt das Problem vielleicht. Man schaut kurz runter, nimmt das Gerät allenfalls gar in die Hand und tippt darauf rum. Dabei lenkt man – wenn auch nur kurz – seine Aufmerksamkeit von der Strasse auf den Bildschirm. Dieser kurze Moment reicht bereits aus, um einen Unfall zu verursachen. Vitaly Ponomarev, CEO und Gründer des Start-ups
Wayray musste diese Erfahrung am eigenen Leib machen. Er hat sich deshalb vorgenommen, die Strassen sicherer zu machen.
Erreichen möchte er dieses Ziel mit einem auf Augmented Reality (AR) basierenden Navigationssystem. Er greift dabei auf ein kleines Gerät zurück, das auf der Armatur des Autos angebracht wird und anschliessend ein Hologramm der gewünschten Route ins Sichtfeld des Fahrers projiziert. "Die True-AR-Technologie erlaubt es Navion, Wegbeschreibungen und Details zur Route genau dort einzublenden, wo der Fahrer sie benötigt – nämlich auf der Strasse vor ihm. Wir nennen dieses Konzept natürliche Navigation, und wir glauben, dass es unsere Art zu fahren verändern wird", erläutert Ponomarev. Die Projektion soll auch bei Sonnenlicht zuverlässig sein und kann sowohl per Stimmbefehl als auch durch Gesten gesteuert werden. Auf den Markt kommen soll Navion im Verlaufe des nächsten Jahres. 2019 will das Start-up dann auch den B2B-Markt erschliessen.
Mit AR-Technologie zur Akzeptanz fahrerloser Autos
Auf die Frage, ob
Wayray sich nicht darüber sorgt, dass Navion durch selbstfahrende Autos überflüssig werden könnte, erklärt Ponomarev: "Mit dem Fortschritt, den die Autoindustrie im Bereich der fahrerlosen Zukunft macht, sind die Nutzer auf Technologien angewiesen, die es ihnen erleichtern, sich anzupassen. AR ist ein natürlicher Weg, den Entscheidungsprozess des Wagens zu visualisieren. Die Passagiere werden sich dadurch wohler dabei fühlen, dem Wagen zu vertrauen." Er ist überzeugt: "Die Nachfrage und die soziale Rolle von True-AR-Lösungen werden dadurch nur steigen."
Wayray – der Name setzt sich übrigens aus Way, sprich Weg, und Ray, also Laser, von denen Ponomarev persönlich ein grosser Fan ist, zusammen – setzt aber nicht nur auf Navion. Das Start-up hat unter dem Namen Element bereits die Beta-Version eines interaktiven Trackers veröffentlicht, der das Verhalten der Fahrer verfolgt und ihnen basierend auf diesen Erkenntnissen Verbesserungsvorschläge macht. Zudem will Wayray 2018 ein Infotainment-System für fahrerlose Autos auf dem Markt bringen. Dieses soll es den Passagieren erlauben, die Windschutzscheibe zur Darstellung von Navigationselementen, Performance-Indikatoren, Kommunikation und Werbung zu verwenden.
Entwickelt werden die Augmented-Reality-Lösungen des Start-ups zum einen an dessen Hauptsitz in der Schweiz zum anderen aber auch in Russland. Daneben besitzt das Start-up bereits einen dritten Standort in den USA. Dieser widmet sich vornehmlich dem Business Development und dem Marketing der Firma. Letzteres scheint bereits Früchte zu tragen. "Wayray ist unter die Finalisten von LAs Top Ten Automotive Start-ups gewählt worden", berichtet der CEO stolz. Bis zu diesem Erfolg war es allerdings ein weiter Weg.
Eine universelle Plattform zum Ziel
Es hat das Unternehmen, das 2012 gegründet wurde, vier Jahre gekostet, bis es eine patentierte Technologie für transparente holografische Displays vorweisen konnte. In diesen vier Jahren hat
Wayray 10 Millionen Dollar investiert – teils aus eigener Tasche, teils mit der Unterstützung von Business Angels und dem Geld aus einer ersten Finanzierungsrunde. Dieses Jahr hat das Unternehmen in einer zweiten Finanzierungsrunden neben 18 Millionen Dollar auch gleich einen namhaften Investor an Land gezogen: Alibaba. Zudem konnte Wayray Banma Technologies, das ebenfalls von Alibaba unterstützt wird, als Partner für sich gewinnen.
Das Ziel lautet nun, in Zusammenarbeit mit Banma Technologies das AR-Infotainment-System in fahrerlose Autos zu bringen. Konkret soll das Wayray-System bis 2018 in eines der Modelle eines Partners integriert werden. "Es würde sich dabei um das weltweit erste Fahrzeug handeln, das mit einem holografischen AR-Head-up-Display in Produktion geht", so Ponomarev.
Auf seine Vision angesprochen erklärt der Wayray-Gründer: "Ich stelle mir eine universelle Plattform vor, die als goldener Standard für jeglichen transportbezogenen AR-Inhalt gilt." Und er ergänzt: "Diese Plattform soll als Eckpfeiler für die Entwicklung eines Ökosystems für Autohersteller, Software- und Hardware-Entwickler und Content Creators dienen." Die Mitarbeiter seien dank dieser Vision und ihrer sozialen Auswirkungen genauso motiviert, wie sie der Lancierung der Hardwareprodukte entgegenfiebern. Als Hauptmärkte stehen dabei Europa und die USA im Fokus. Ponomarev verrät aber abschliessend, dass man – insbesondere aufgrund der bestehenden Partnerschaften – auch Asien bereits ins Auge gefasst habe.
(af)