Ein Abo für Auszeiten
Quelle: Flatnap

Start-up Flatnap

Ein Abo für Auszeiten

Das Start-up Flatnap liefert mit einem Hotel-Abo ein innovatives Konzept für die Tourismusbranche und bietet Nutzern die Möglichkeit zu spontanen Kurz-Ausflügen und Hotelübernachtungen in der Schweiz.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2017/06

     

Das junge Start-up Flatnap will kurzentschlossene Gäste und Hotels zusammenbringen. Dafür haben die beiden Gründer und Brüder Dominik und Daniel Stocker ein neues Konzept entwickelt, das der Schweizer Hotellerie in Zeiten von Airbnb und Co. zu neuem Schwung verhelfen könnte. "Flatnap ist ein Abo für Unterkünfte. Die Idee ist, dass man für einen monatlichen Pauschalpreis Zugriff auf ein ganzes Netz an Unterkünften bekommt, wann immer man will. Der Preis ist moderat und soll für eine breite Masse attraktiv sein", erklärt Dominik Stocker im Gespräch mit "Swiss IT Magazine". Die aus dem Aargau stammenden Brüder kommen beide aber nicht aus der Tourismusbranche. So arbeitete Dominik nach einer KV-Lehre und einem Studium in Interaktionsleitung als selbständiger Entwickler und Berater, Daniel schloss, ebenfalls nach einer KV-Lehre, in Design Management ab und war danach als selbständiger Berater in den Bereichen Design Thinking und Management tätig. "Wir waren beide selbständig und setzten für Kunden Projekte um. Dann kam uns spontan eine Idee im Bereich des Büro-Sharing. Eigentlich hat ja jeder zuhause ein privates Büro, was man auch anderen zur Verfügung stellen könnte. Daraus entstand dann die Idee, dass man überall, wo man sich gerade befindet, ein Zimmer zur Übernachtung zur Verfügung hat." Unterstützung bei der Umsetzung erhielten die beiden in Form von Know-how von Graubünden Ferien sowie von der Stiftung für Innovation, Entwicklung und Forschung Graubünden, welche dem Start-up nach einer Präsentation auch finanzielle Hilfe anbot. "Wir haben 50 Prozent Eigenleistung, die Aufwände werden zur Hälfte aufgeteilt", erklärt Dominik.

Dank Abo jederzeit in die Berge

Mit Airbnb wollen die Brüder jedoch nicht verglichen werden. Das Start-up verfolgt ein anderes Nutzungsmodell. So bezahlen die Nutzer einen monatlichen Abopreis ab 99 Franken und können jederzeit vom Angebot Gebrauch machen. "Es existiert kein Referenzmarkt. Das Konzept kann radikal das Nutzungsverhalten verändern", erklärt Dominik. Bislang gilt das Angebot für Hotels in sieben Regionen, allesamt in Graubünden. Darunter sind bekannte Destinationen wie Davos, Flims, Laax und Arosa. Wer bis sieben Tage vor der geplanten Reise bucht, erhält garantiert ein Zimmer, da die Hotels Zimmer speziell für Flatnap-Kunden freihalten. Kurzfristige Buchungen müssen vom Hotel kurz bestätigt werden. Dabei handelt es sich lediglich um eine Vorsichtsmassnahme, um allfällige Doppelbuchungen zu vermeiden. Als einzige Bedingungen galt bis vor kurzem, dass man zu zweit verreisen musste und pro Trip jeweils eine Übernachtung im Abopreis inklusive ist. Wer mehrere Nächte hintereinander in einem Hotel übernachten will, zahlt ab dem zweiten Tag den regulären Zimmerpreis. "Das momentane Angebot ist für alle, die regelmässig zu zweit verreisen und zusammen Zeit verbringen wollen", so die Gründer. Seit Anfang Juni dieses Jahres bietet Flatnap jedoch auch ein Abo für Einzelpersonen an.

Qualität kommt vor Quantität

Richtig Fahrt nahm das Projekt im Oktober 2015 auf, als die beiden Brüder begannen, die Idee umzusetzen. Als Knackpunkt erwies sich die Umsetzung und Entwicklung des Kerns von Flatnap: dem Buchungssystem. "Wir kannten eigentlich den ganzen Workflow, wie die Abläufe im Hintergrund sein sollten. Danach war es wichtig, ein System zu entwickeln, das für alle Hoteliers funktioniert und niemanden ausschliesst. Schlussendlich sind die Hoteliers unser Kapital und müssen zufrieden sein mit dem System", so Dominik. Am 9. Januar 2017, bewusst nach dem für die Hotels hektischen Weihnachtsgeschäft, ging das Projekt live. Gestartet wurde mit einer relativ geringen Nutzerbasis für die Testphase, da es den Gründern zu Beginn vor allem darum geht herauszufinden, wie die Leute das Angebot nutzen. "Wir möchten Flatnap zuerst in kleinem Rahmen testen und versuchen, unsere Nutzer absolut zu überzeugen. Es gilt das Credo Qualität vor Quantität. Der Pilot soll als Basis dienen, der quantitative Ausbau folgt dann später", verrät Dominik.
Die beiden Gründer wählten bewusst Graubünden als Testkanton für Flatnap. Zum einen biete der Kanton ein vielseitiges touristisches Angebot, seien es Skigebiete oder Wandermöglichkeiten, zum anderen hatten die beiden ursprünglich aus dem Aargau stammenden Brüder immer schon einen Bezug zur Region Graubünden und Dominik lebt mittlerweile auch im Kanton. "Dies erleichtert uns auch den Kontakt zu den Hoteliers in der Region", erklärt Daniel. Auch bei der Auswahl von Hotels setzt Flatnap auf "Qualität vor Quantität", so Dominik. Für die zurzeit noch laufende, rund 16-monatige Testphase konnten die Brüder bislang neun Hotels für ihr Konzept gewinnen. "Als Kriterium für die Zusammenarbeit galt es, Hotels mit Innovationscharakter, welche mit gutem Beispiel vorangehen, zu finden", kommentiert Daniel. Zudem sollten einerseits ein guter Zugang und eine attraktive Lage der Hotels gewährleistet sein. Der stetige Austausch zwischen Flatnap und den Hotel-­Partnern bezeichnen die beiden als ein zentrales Element ihrer Strategie.

Den Markt abtasten

Der Entscheid, sich, quasi als Pilot, zu Beginn auf einen Kanton zu beschränken, fiel insbesondere, weil es sich bei Flatnap um ein bislang einmaliges Konzept handelt. Durch die Testphase, welche zwei komplette Winter- sowie eine Sommersaison dauern soll, wollen die beiden Gründer daher den Markt erst einmal abtasten. So laufen momentan die Vorbereitungen für die Sommersaison, für welche Flatnap nicht nur in Graubünden das Unterkunfts-Angebot weiter ausbaut. "Ziel ist es, auch in urbanen Regionen, wie Zürich, Bern oder Basel Unterkünfte anzubieten, so dass man das Angebot das gesamte Jahr nutzen kann", erklärt Daniel, und Dominik ergänzt: "Die Idee ist natürlich, dass auch eine interessante Mischung entsteht. Sodass man zum Beispiel ein Wochenende in Zürich ein Konzert besuchen und am nächsten im Bünderland den Kopf lüften kann. Daran arbeiten wir." Mit unter anderem einer Idee zur Kombination aus Anreise und Unterkunft ist Flatnap ausserdem daran, weitere Möglichkeiten auszuloten, um das Angebot zu erweitern.
Auch die Beschränkung auf nur jeweils eine Nacht pro Kurztrip soll in Zukunft aufgehoben werden. Besonders bei weiten Anfahrtswegen ist laut Daniel und Dominik der Wunsch da, auch mehrere Nächte hintereinander in einem Hotel übernachten zu können. Deshalb ist im Verlaufe des Sommers die Einführung eines Abos mit einer Aufenthaltsdauer von zwei Nächten pro Trip geplant. "Der Fokus bleibt aber klar auf Kurzaufenthalten", so Dominik. "Das Angebot soll die Möglichkeit bieten, sich eine Auszeit zu nehmen, daher auch der Name: ‹Nap› steht für ein Nickerchen." Entsprechend soll ein kurzes Entfliehen aus dem Alltag für neue Energie sorgen. Der Fokus liegt dabei auf Schweizer Gästen und Reisenden aus dem nahen Ausland. Momentan gibt es Flatnap nur in deutscher Sprache, weitere sind aber geplant, beziehungsweise technisch bereits vorbereitet. An Zukunftsplänen und Ideen mangelt es den Gründern sicherlich nicht. "Es ist wichtig, agil zu bleiben, permanent zu schauen, wie man etwas optimieren und weiterentwickeln kann", so Dominik. "Feature-mässig lässt sich nicht sagen, wann die Plattform komplett ist." An einen Verkauf denken die Brüder daher nicht. Das Projekt "ist und bleibt", so Dominik, "vorerst unser eigenes Ding.Aber natürlich möchten wir davon leben können. Wenn sich das ganze etabliert, kann man sich irgendwann Gedanken dazu machen." (swe)


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