Ich nehme es gleich vorneweg: Agile Zusammenarbeit ist nichts Neues. Es geht darum, die Zusammenarbeit einfacher, unkomplizierter und unmittelbarer zu gestalten. Dass diese Entwicklung in den meisten Unternehmen mit einem umfassenden Kulturwandel einhergeht, ist bezeichnend für die sogenannte agile Transformation. Doch schön der Reihe nach.
Digitalisierung ist der Treiber der agilen Transformation
So rasant das Tempo der technologischen Entwicklung voranschreitet, so rasch verändern sich Bedürfnisse und Anforderungen von Kunden und Konsumenten – fast in jeder Branche. Gleichzeitig steigt die Komplexität von Problemstellungen für ein Unternehmen: Im Kontext der Digitalisierung geht es je länger, je mehr nicht mehr nur darum, sich in seiner angestammten Branche gegenüber der Konkurrenz abzugrenzen. Es geht immer mehr auch darum, sich gegenüber ganz neuen Marktteilnehmern zu behaupten. Diese oft aggressiven Marktteilnehmer sind zusehends in allen Branchen anzutreffen. Ihr Businessmodell basiert vorwiegend auf der Bereitstellung von kundenfreundlichen, einfach zu bedienenden, digitalen Plattformen. Sie verfügen über keine eigenen physischen Assets, sondern nutzen die Infrastruktur Dritter. Für etablierte Unternehmen mit traditionellem Geschäftsmodell bedeutet das, dass sie sich im Wettbewerb mit Akteuren behaupten müssen, die nichts anderes tun, als eine digitale Plattform bereitzustellen, die den Kunden das bietet, was sie wollen. Man nennt es auch Disruption. Uber, Spotify oder Tripadvisor sind nur einige Beispiele, die so ganze Branchen auf den Kopf gestellt haben.
Um mit dieser neuen Komplexität im Marktumfeld und der zunehmenden Veränderungsgeschwindigkeit umgehen zu können, sind Anpassungsfähigkeit, Innovationskraft, Time-to-Market, konsequente Kundenzentrierung und die Fähigkeit, kollektive Intelligenz zu nutzen, matchentscheidend. Genau hier setzt die agile Transformation an.
Agile Transformation bei der SBB – einfach zusammenarbeiten
Ein Kulturwandel, der sich zur Aufgabe macht, die Zusammenarbeit einfacher, direkter und unkomplizierter zu gestalten, sollte es nicht allzu schwer haben, auf offene Ohren und Wohlwollen zu stossen – so könnte man meinen. In grösseren Unternehmen, wie der SBB, ist die agile Transformation aber ein neues Mindset, das von Grund auf gelernt werden will. Konzernübergreifende, interdisziplinäre Zusammenarbeit, die sich weniger an hierarchischen Strukturen als an echten Kompetenzen ausrichtet, ist leider keine Selbstverständlichkeit. So wird heute oft zu viel Energie dafür aufgewendet, sich um starre Strukturen herum zu organisieren, um doch relativ flexibel auf neue Herausforderungen reagieren zu können – auch bei der SBB. Um die nötigen Veränderungen anzustossen, starteten wir deshalb verschiedene Change-Initiativen. Sie setzten auf ganz unterschiedlichen Ebenen an, haben aber alle das Ziel, die Eigenverantwortung, Selbstorganisation und die Wertorientierung gegenüber den Kunden zu fördern. Die interdisziplinäre, bereichsübergreifende Zusammenarbeit in kleinen Teams mit den besten Protagonisten, um ein spezifisches Problem oder eine bestimmte Aufgabe zu lösen, ist dabei handlungsleitend. Wir gehen sogar so weit, dass wir den neuen Standort der SBB Informatik, dessen Innenausbau wir aktuell planen, so gestalten, dass die Büroumgebung diese handlungsleitenden Maximen auf ideale Weise unterstützt.
Wir sind uns bewusst, dass jeder Kulturchange seine Zeit braucht, bis die Verhaltensveränderungen im Alltag angekommen sind. Doch wenn die Zeit für kulturelle Veränderungen reif ist, kann es plötzlich schnell gehen. Und die Zeit für agile Zusammenarbeit ist sehr reif.