Acht Arme für die Lizenzübersicht
Quelle: Octopus Cloud

Start-up Octopus Cloud

Acht Arme für die Lizenzübersicht

Microsofts SPLA-Lizenzierung und Audits gehen Hand in Hand, was für Kunden sehr unangenehm sein kann. Das Schweizer Start-up Octopus Cloud hat dies erkannt und bietet eine Cloud-Lösung, die solche Audits überflüssig macht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2017/05

     

Jeder, der schon einmal ein Audit erlebt hat, weiss, dass dies teilweise ein sehr langer, zäher und nicht selten auch ein nervenaufreibender Prozess ist. Das ist in der Welt von Microsofts Services Provider License Agreements (SPLAs), welche es Service Providern ermöglichen, Microsoft-Produkte mit einem Dreijahresvertrag auf einer monatlichen Basis zu lizenzieren, nicht anders. Zwar bieten SPLA den Service Providern mitunter die Möglichkeit, Lizenzrechte als massgeschneiderte Lösungen anzubieten, was aber gleichzeitig auch eine gewisse Missbrauchsgefahr birgt. "Die erste Idee zu Octopus Cloud kam uns, als wir selbst für Microsoft gearbeitet haben. Die Kunden waren immer wieder unzufrieden mit dem SPLA-Lizenzierungsthema. Sie fanden das Thema zu komplex und fühlten sich oftmals – nicht zuletzt wegen den wiederkehrenden Audits – missverstanden", erklärt Bahadir Durak, der zusammen mit Bruno Pauli und Cihan Gökgöz Octopus Cloud gegründet hat. So hätten die Kunden gegenüber Pauli und Durak, die beide für Microsoft im SPLA-Bereich tätig waren, immer wieder den Wunsch nach einem Tool geäussert, das Aufschluss über die entsprechenden Lizenzen gibt und die Audits verkürzen beziehungsweise gar überflüssig machen kann. "Dabei kam das Feedback nicht nur von Schweizer Kunden, sondern von überall aus der Welt", so Durak.

Schwieriger Schweizer Markt

Motiviert von den Kundeninputs haben Pauli und Durak ihren Microsoft-Job an den Nagel gehängt und per Ausschreibung an der ETH einen Programmierer gesucht, der bei der Entwicklung der Cloud-Lösung mithelfen sollte. So ist der dritte im Bunde, Cihan Gökgöz, zum Start-up gestossen. "Dass Cihan nicht aus der SPLA-Welt kommt, hat uns sicherlich auch geholfen. So konnte er die Software unabhängig von SPLA-Erfahrungen entwickeln. Jedoch hat es auch einige Zeit gedauert, bis wir ihm das komplette SPLA-Thema erklärt haben", erinnert sich Durak lachend. Zu dritt haben sie dann eine erste Version der Cloud-Lösung entwickelt. "Die erste Version war relativ simpel", so Gökgöz, und Bahadir Durak führt weiter aus: "Als wir an den Markt gegangen sind, haben sich erst mal nur Beratungsunternehmen wie etwa KPMG für unsere Lösung interessiert. Von potentiellen Endkunden gab es fast kein Feedback. Wir haben den Auditoren von KPMG unsere Entwicklung gezeigt und sie haben uns alle die Punkte aufgeführt, die ihrer Meinung nach noch gefehlt haben." Motiviert durch die Inputs, haben Pauli, Gökgöz und Durak ihre erste Variante rundumerneuert und neun Monate nach der KPMG-Prüfung die Version 1.5 rausgebracht, welche man wiederum durch die Auditoren prüfen liess und die dann auch als gut befunden und mit einem KPMG-Zertifikat ausgezeichnet wurde. "Wir waren damals das erste Tool, welches das KPMG-Zertifikat erhielt und sind auch heute noch das einzige zertifizierte SPLA Tool auf dem Markt", erzählt Pauli stolz. Zudem sei durch das Zertifikat auch das internationale Vertrauen in die Cloud-Lösung von Octopus gewachsen. "Plötzlich interessierten sich die Kunden für uns und sie waren davon überzeugt, dass unser Cloud-Angebot sicherstellt, dass der monatliche SPLA-Lizenzierungsbericht den tatsächlich genutzten Applikationen entspricht. Scheinbar haben dies vor uns schon andere Firmen versucht, sind jeweils aber gescheitert oder konnten nur halbwegs gescheite Lösungen vorweisen", so Pauli.
Interesse konnte Octopus Cloud vor allem aus dem Ausland verzeichnen. "Im Heimmarkt Schweiz hat sich kaum jemand für die Lösung interessiert", erklärt Co-CEO Durak und ergänzt: "Mein persönliches Gefühl ist, dass man sich in der Schweiz zuerst als Start-up etablieren und auch überleben muss, bevor man tatsächlich nachhaltige Projekte mit Kunden realisieren kann. Wir haben unser Unternehmen 2014 gegründet und können nun, nach etwas mehr als zwei Jahren, endlich ein zunehmendes Interesse aus der Schweiz verzeichnen." Um das Start-up nach der KPMG-Lizenzierung voranzutreiben, haben sich Gökgöz, Pauli und Durak dann auch bald dazu entschieden, in den deutschen Markt zu gehen und die Applikation in einer deutschen Cloud laufen zu lassen. "Durch eine Empfehlung von einem unserer ersten Kunden sind wir dann auf T-Systems gestossen und innerhalb von einem Tag haben wir die Zusammenarbeit aufgegleist. Octopus wird somit inzwischen aus der Open Cloud von T-Systems angeboten", so Durak. Als unter den deutschen SPLA-Nutzern bekannt wurde, dass es ein entsprechendes Angebot gibt, welches in einem deutschen Datacenter läuft, konnte sich das Schweizer Start-up kaum mehr von Anfragen aus unserem nördlichen Nachbarland retten. "Die haben uns fast die Türe eingerannt", erinnert sich Pauli. Inzwischen findet die Cloud-Lösung des Schweizer Kraken in diversen Ländern rund um den Globus Anwendung, wie Bruno Pauli verrät. "Wir haben neben europäischen Kunden auch Octopus-Nutzer in Australien sowie in Nord- und Mittelamerika."

Gemeinschaftsgedanke im Mittelpunkt

Obwohl der Fokus von Octopus zurzeit in erster Linie dem internationalen Geschäft gilt, unterhält das Start-up nur ein einziges Büro in Zug. "Wir haben zwar einen eigenen Sales Manager für Deutschland, der hat aber kein Büro dort. Und auch wir haben uns kurz einmal überlegt, ob wir überhaupt ein physisches Office brauchen. Denn wir sind eine Cloud-Company, wir haben fast keine eigene Infrastruktur und sind oftmals unterwegs", erklärt Durak. Schlussendlich habe man sich aber für die Beibehaltung des Büros entschieden, mitunter auch weil der Gemeinschaftsgedanke dem Start-up sehr wichtig ist. "Wir agieren als Team und erst vor kurzem haben wir darüber gesprochen, dass es eigentlich schön wäre, wenn wir irgendwann in Zukunft alle Entwickler und sonstigen Octopus-Mitglieder an einem Ort hätten und man beispielsweise zusammen einen Kaffee trinken kann", so Bahadir Durak.
Bis zum Punkt, bei dem man die Kooperation mit T-Systems eingegangen ist und die ersten Erfolge verzeichnet werden konnten, musste das Start-up auch einige finanzielle Hürden meistern. "In den ersten zwei Jahren bestanden die Investitionen vor allem aus unserem privaten Etat", erzählt Mitgründer Pauli. "Dafür braucht man auch ein grosses Verständnis von der Familie." Erst nachdem sich herausgestellt hat, dass sich die einzelnen Projektschritte in die Länge ziehen, hat sich das Start-up aktiv auf Investorensuche begeben. "Wir haben dann einen Investor in unserem persönlichen Umfeld gefunden, der grosses Sachverständnis mitbringt und uns vertraut", erklärt Durak und Pauli ergänzt: "Das gegenseitige Vertrauen war sofort da und das Bauchgefühl hat gestimmt. Nichtsdestotrotz haben wir uns aber darauf geeinigt, dass der Investmentvertrag unabhängig von den Anwälten des Investors sowie von unseren Rechtsspezialisten geprüft wird. Durch das gegenseitige Vertrauen war dieser Schritt für beide Seiten okay. Uns sind Fälle von anderen Start-ups bekannt, die sich mit ihren Investoren verstritten haben oder nun aufgrund von Knebelverträgen bluten müssen. Das wollten wir unbedingt verhindern."
Gesamthaft ist die Erfahrung aus den vorherigen Jobs den Gründern von Octopus Cloud sehr zugute gekommen, sind alle drei überzeugt. "Wir haben gemeinsame Interessen und ziehen an einem Strang und selbst wenn wir von Zeit zu Zeit laute Diskussionen haben, können wir nachher zusammen an einen Tisch sitzen und schauen, wie wir die nächsten Schritte angehen möchten", so Pauli. Die Geduld und die langfristige Sicht ist sicherlich etwas, was die Köpfe hinter Octopus Cloud auszeichnet, sind Gökgöz, Pauli und Durak überzeugt. "Die Geduld, die wir haben, ist wohl auch etwas, das Start-ups, die direkt nach dem Studium gegründet wurden, teilweise nicht haben und es deswegen am Anfang sehr schwer haben oder gar wegen eigentlichen Kleinigkeiten scheitern", ist sich Pauli sicher. (asp)


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