Es grenzt schon fast an Gesetzmässigkeit, dass sich der heimische Internetanschluss in der jeweils falschen Ecke des Wohnraumes befindet. Und weil es in modernen Haushalten und Geschäftsräumen immer mehr Geräte gibt, die einen Zugang zum weltweiten Datennetz suchen oder gar fordern, gibt es für den Nutzer eigentlich nur drei Varianten: Das gesamte Gebäude zu verkabeln, eine Powerline-Lösung einzusetzen, sofern dies der Stromkreis zulässt, oder aber auf das wesentlich einfacher zu handhabende WLAN zu setzen. In gewissen Konstellationen und je nach Bauweise des Gebäudes, in dem sich das drahtlose Netzwerk ausbreiten soll, reicht aber ein einzelner WLAN-Router womöglich nicht aus, weil er nicht jede Ecke der Wohnung oder des Hauses ausreichend mit Daten versorgen kann. Um diesem Manko entgegenzuwirken gibt es Repeater und Bridges, die das WLAN-Signal des Routers aufnehmen und in entlegene Winkel der Behausung weitersenden. Ein solches System kann in weitläufigen Räumlichkeiten im selben Stockwerk eingesetzt werden, aber auch, um eine Verbindung über mehrere Stockwerke hinweg sicherzustellen.
Die Testkandidaten im Überblick
Zwei solcher aktuell in der Schweiz erhältlichen Produkte hat «Swiss IT Magazine» unter die Lupe genommen. Es handelt sich um die WLAN-Bridges Orbi von Netgear (Modell RBK50) und Gigagate von Devolo. Beide funktionieren nach demselben Prinzip, unterscheiden sich aber im Preis und der Funktionalität. Die zwei Systeme bestehen aus einer Basisstation, die entweder mit dem Modem oder einem nachgelagerten Router verbunden wird, und einem Satelliten, der das Signal der Basisstation empfängt und via Kabel oder auf dem Luftweg an unterschiedliche Endgeräte weiterleitet. Schon beim Öffnen der Verpackungen ist unschwer zu erkennen, dass man es hier mit Herstellern zu tun hat, die über jahrelange Erfahrung im Hardware-Geschäft verfügen. An der Verarbeitung der Geräte gibt es nichts auszusetzen und sie werden mit den wichtigsten Komponenten geliefert.
Im Falle von Devolos Gigagate sind dies nebst den beiden Stationen zwei Stromadapter sowie zwei Gigabit-Ethernet-Kabel. Basis und Satellit sehen auf den ersten Blick gleich aus, sind schwarz, relativ klein und von funktionalem Design. Die Basisstation verfügt über einen Gigabit-Ethernet-Port für den Anschluss an einen Router und auf der Vorderseite befinden sich drei weisse Status-LEDs. Der Satellit ist mit einem Gigabit- und drei Fast-Ethernet-Ports ausgestattet und kann als WLAN-Access-Point genutzt werden. Er verfügt ausserdem über einen Knopf auf der Stirnseite, der dazu dient, mobile Geräte mittels WPS mit dem Satelliten zu verbinden.
Das Paket von Netgear fällt üppiger aus. Die Stationen sind grösser und dementsprechend schwerer, durch die matte weisse Farbe und die runden Formen aber dennoch optisch ansprechend. Im Lieferumfang enthalten sind auch hier zwei Stromadapter, aber nur ein Gigabit-Ethernet-Kabel. Die Basisstation selbst ist ein vollwertiger Router samt eingebauter Firewall. Auf deren Rückseite findet man einen Gigabit-Ethernet-Port für den Anschluss an ein Modem oder einen Router sowie drei weitere für die Verbindung mit Endgeräten. Ausserdem verfügt die Station auch über einen USB-2.0-Port, über den ein USB-Stick oder eine externe USB-Festplatte angeschlossen werden kann. Der Satellit ist ähnlich ausgestattet und verfügt über vier Gigabit-Ethernet-Ports sowie einen USB-2.0-Port.
Inbetriebnahme, Interface und Apps
Beide Systeme werben mit der Einfachheit der Handhabung. Und tatsächlich lassen sie sich mit wenigen Handgriffen in Betrieb nehmen. Die Geräte von Devolo müssen lediglich an den Strom angeschlossen und mit dem Internet-Router verbunden werden. Danach kommunizieren Basisstation und Satellit selbständig miteinander. Nach rund einer Minute ist das Netzwerk bereit für die Einbindung von Endgeräten. Zu beachten ist dabei, dass Basisstation und Satellit jeweils ein eigenes WLAN-Netzwerk mit eigener SSID aufbauen. Die werksseitig voreingestellten Zugangsdaten sind auf der Unterseite der jeweiligen Geräte aufgedruckt und müssen nur noch im Endgerät eingegeben werden. Während die beiden Stationen mittels 4×4-MIMO-Technologie über das 5-GHz-Frequenzband miteinander kommunizieren und laut Devolo fast 1,3 Gbit/s Durchsatz erreichen, bedienen sie drahtlos im Netzwerk eingebundene Endgeräte lediglich über das 2,4-Ghz-Frequenzband. An dieser Stelle wird klar, dass das Gigagate für Point-to-Point-Verbindungen zwischen zwei Räumen vorgesehen ist, an deren Ende sich hauptsächlich Geräte wie PCs, Spielkonsolen oder ein Smart TV befinden, die mittels Ethernet-Kabel an den Satelliten angeschlossen werden.
Das Gigagate lässt sich über ein Webinterface konfigurieren. Basisstation und Satellit verfügen jeweils über ein eigenes Portal, das gerätespezifische Einstellungsmöglichkeiten bietet. Hier lassen sich unter anderem die Zugangsdaten der Stationen sowie deren SSID ändern, ausserdem Informationen zum Status des Netzwerkes auslesen. Die Oberfläche ist einfach aufgebaut und nur mit den nötigsten Elementen versehen, was der Übersichtlichkeit zugutekommt. Devolo bietet zusätzlich auch eine App für Smartphones an, bei der es sich um eine mobile Version der hauseigenen Geräte-Management-Software Devolo Cockpit handelt. Mit deren Hilfe kann man auf die Geräte des Herstellers zugreifen, allerdings funktioniert die von uns getestete iOS-Version nicht oder zumindest noch nicht mit dem Gigagate.
Auch die Lösung von Netgear bedarf für die Inbetriebnahme keiner speziellen Kenntnisse. Die Geräte werden analog zum System von Devolo an den Strom angeschlossen und mit dem Modem oder Router verbunden, und schon beginnen die beiden Stationen, miteinander zu kommunizieren. Dabei bauen sie ein so genanntes Mesh Network auf, in dem alle Stationen beziehungsweise Nodes (zu Deutsch: Knoten) dieselbe SSID nutzen und die Daten vom jeweils nächstgelegenen Node an das Zielgerät senden. Damit soll das WLAN in der Lage sein, eine grössere Fläche abzudecken, ausserdem merkt der Nutzer beim Übergang von einem Node zum nächsten in der Regel nichts davon, weil sein Gerät im selben Netzwerk verbleibt. Ein weiterer Vorteil: in einem Netz mit mehr als zwei Nodes wirkt sich der Ausfall einer Station nur bedingt auf das Netzwerk aus, weil die Daten über die verbleibenden Knoten zirkulieren. Sind die Stationen an ihrem Platz, kann man bereits damit beginnen, Endgeräte in das Netzwerk einzubinden. Die werkseitig eingestellten Zugangsdaten für das WLAN sind auch hier am Gerät selbst ersichtlich.
Durch einen Schlitz entlang der oberen Kante der Geräte dringt Licht nach aussen, das im Inneren von LEDs erzeugt wird und als Statusanzeige dient. Beim Verbinden eines Rechners mit der Basisstation oder dem Satelliten, sei es nun via Ethernet oder WLAN, öffnet sich das Webinterface automatisch im Browser. Ein sehr einfach gehaltener Assistent führt den Nutzer dann durch die Installation. Zuerst wird die Basisstation eingerichtet, danach der Satellit und am Schluss der Admin-Account. Danach wird dem Nutzer die Option geboten, die Login-Daten für das Netzwerk und den Admin-Account auszudrucken. Auch das Admin-Interface ist schlicht gehalten und übersichtlich. Die wichtigsten Optionen sind schnell ausfindig gemacht und einfach zu verstehen. Selbst die erweiterten Einstellungen sind leicht verständlich dargestellt und beschrieben. Herauszuheben ist zudem die Möglichkeit, neben dem 2,4 und dem 5-Ghz-Netzwerk auch ein Gastnetzwerk zu aktivieren.
Auch Netgear stellt eine Smartphone-App zur Verfügung. Diese dient hauptsächlich dazu, Informationen zu den Geräten und zum Netzwerk anzuzeigen. Die Startseite zeigt SSID und Passwort an, ausserdem die Anzahl verbundener Satelliten und den Online-Status des Netzwerkes. Der Rest der Menüpunkte dient der Anzeige der angebundenen Clients und Netzwerkgeräte mit Modellbezeichnung, MAC-Adresse und Firmware-Version. Unter anderem besteht auch die Möglichkeit, dem Netzwerk aus der App heraus neue Geräte hinzuzufügen.
Gut implementierte und einfach zu bedienende Software ist wichtig, nützt aber wenig, wenn die Hardware nicht über die nötige Leistung für die ihr zugedachte Aufgabe verfügt. Um die Performance der beiden Systeme zu überprüfen, haben wir deshalb mit den Geräten unter Normalbedingungen verschiedene Messungen durchgeführt und den Datendurchsatz über WLAN und über Ethernet ermittelt.
Datendurchsatz und Stabilität der Verbindung
Die Testumgebung erwies sich als hartes Terrain, das den Kontrahenten einiges abverlangte. Abgespielt hat sich der Test in einem rund 30 Jahre alten Haus mit soliden, verputzten Backsteinmauern, umgeben von nicht weniger als 13 WLAN-Netzwerken, die um die Datenpakete im Äther buhlen. Getestet wurden die beiden Systeme sowohl auf demselben Stockwerk in derselben Wohnung als auch über zwei Stockwerke hinweg mit einer Betondecke dazwischen. Der Aufbau und die Komponenten der Versuchsanlage waren bei allen Messungen gleich. Die Basisstation wurde jeweils über Gigabit Ethernet direkt mit einem Rechner verbunden, auf dem ausser dem Tool Jperf (im Server-Modus) zur Durchsatzmessung keine weiteren Programme liefen. Der Satellit hingegen wurde am gegenüberliegenden Ende des Grundrisses platziert und sowohl drahtlos als auch über Gigabit Ethernet mit einem frisch aufgesetzten Notebook verbunden, auf dem mit Jperf (im Client-Modus) die Messergebnisse ausgelesen wurden.
Entgegen den Erwartungen bekundete das Gigagate von Devolo Mühe, sich in der Testumgebung zurechtzufinden. Zwar gab es im laufenden Betrieb kaum Probleme mit der Stabilität der Verbindung, jedoch zeigten die Messungen mit Jperf, dass das System weit hinter seinen Möglichkeiten zurückblieb. Bei der Testaufstellung mit der Basisstation und dem Satelliten auf demselben Stockwerk in einer Entfernung von gut 10 Metern zueinander erreichte das Gigagate einen durchschnittlichen Durchsatz von 29,7 Mbit/s (Spitze: 37,4 Mbit/s) über WLAN und 78,2 Mbit/s (Spitze: 88 Mbit/s) über den Gigabit-Ethernet-Anschluss. Wurde der Satellit im darüber liegenden Stockwerk platziert, was einer Entfernung von rund 13 Metern von der Basisstation entspricht, dann sank der Durchsatz, jedoch nicht dramatisch. Über WLAN erreichte das System von Devolo im Durchschnitt dann noch 23,6 Mbit/s (Spitze: 32,2 Mbit/s) und über Gigabit Ethernet 65,1 Mbit/s (Spitze: 86,9 Mbit/s). Zum Vergleich: Netflix braucht für das Streaming von Inhalten in Ultra High Definition 25 Mbit/s, bei HD-Auflösung reichen lediglich 5 Mbit/s.
Netgears Orbi meisterte die Herausforderung deutlich besser. Auf demselben Stockwerk wurde ein Durchsatz von durchschnittlich 418 Mbit/s (Spitze: 475 Mbit/s) über WLAN gemessen, während die Daten über Ethernet mit 449 Mbit/s (Spitze: 571 Mbit/s) durch das Netzwerk rasten. Musste die Verbindung noch die Decke zum darüber liegenden Stockwerk überwinden, konnten über WLAN im Durchschnitt noch 270 Mbit/s (Spitze: 339 Mbit/s) und über den Ethernet-Port noch 247 Mbit/s (Spitze: 264 Mbit/s) gemessen werden.
Aufgrund der Diskrepanz der ersten Messungen wurden diese mehrmals wiederholt und mit Messungen in anderen Räumen im Gebäude verglichen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Kontrollmessungen die ursprünglichen Messergebnisse stützen.
Halten die Brücken der Datenlast stand?
Beide WLAN-Bridges tun, wozu sie konstruiert wurden. Sie verbinden weit entlegene Ecken eines Gebäudes mit dem Internetzugang. Allerdings hängt viel davon ab, um welche Art von Gebäude es sich dabei handelt. Solide Wände und Decken sind die natürlichen Feinde einer jeden WLAN-Verbindung und weitere Faktoren wie konkurrierende Drahtlosnetzwerke tun ein Übriges dazu, die zur Verfügung stehende Bandbreite weiter zu schmälern. Angesichts der stämmigen Bauweise unseres Testgebäudes und der 13 in unmittelbarer Nachbarschaft funkenden WLANs war schon zu Beginn des Tests klar, dass keine Spitzenresultate zu erwarten sein würden. Dennoch konnten beide Kandidaten eine unterbruchsfreie Verbindung mit einem annehmbaren Datendurchsatz über längere Zeit stabil aufrechterhalten.
(luc)