Noch vor nicht allzu langer Zeit haben die persönlichen Erinnerungen eines Menschen ganze Schränke und Regale gefüllt, in Form von Schallplatten, CDs, Fotoalben, DVDs und Ordnern mit allen möglichen Dokumenten der letzten Jahre oder gar Jahrzehnte. Die Digitalisierung – nicht die, von der alle gerade reden, sondern die, die noch vor der Jahrtausendwende begonnen hat – hat die Gewohnheiten der Menschen mit der Verbreitung von Technologien wie dem MP3-Format und der Digitalkamera nachhaltig verändert. Immer mehr Erinnerungen werden digital kreiert und auf Speichermedien abgelegt, die wesentlich weniger Platz benötigen. So passt die gesamte Musik-, Foto-, Film-, und Dokumentensammlung eines Menschen heute auf eine Festplatte von der Grösse eines Buches. Während früher physische Medien wie CDs und Fotoalben ihr Dasein üblicherweise wohlbehütet in einer Wohnung fristeten, hat die Mobiltechnologie ausserdem dazu geführt, dass die Menschen ihre digitalen Erinnerungen überallhin mitnehmen können.
Medien wie Musikstücke und Filme werden in den mobilen Apps samt Cover und zusätzlichen Informationen zum Inhalt angezeigt. (Quelle: Lima)
Das Design der Lima Ultra ist schnörkellos und dezent. Damit passt das kleine Gerät fast überall hin. (Quelle: Lima)
Das Kreuz mit der Datenverwaltung
Diese Entwicklung ist im weitesten Sinne ein Fortschritt und eine Erleichterung, birgt aber auch neuartige Probleme. Erstens sind im Falle eines Defektes der Festplatte alle Erinnerungen auf einmal dahin, und zweitens besitzen moderne Mobilgeräte in den seltensten Fällen genügend Speicherplatz, um den gesamten Datenbestand einer Person aufzunehmen. Doch auch für diese Unzulänglichkeiten wurden Lösungen entwickelt. So verfügt zum Beispiel ein NAS (kurz für Network-attached Storage) in der Regel über mehrere Festplatten, die im RAID-Verbund betrieben werden können, so dass alle Daten mehrmals vorhanden sind, was das Risiko eines Totalverlustes minimiert. Zusätzlich lassen sich diese Daten von Geräten im internen Netzwerk als auch von solchen ausserhalb abrufen. In der Theorie ist ein NAS also die perfekte Lösung für die eingangs beschriebenen Bedürfnisse zur Erhaltung und Verwaltung des persönlichen Erinnerungsschatzes. Es kann grosse Datenmengen speichern und diese auch unterwegs zugänglich machen. Es gibt allerdings auch Nachteile. Zum einen sind gute NAS-Geräte relativ kostspielig und lassen sich üblicherweise nicht nach Belieben erweitern, was das Kostenproblem weiter verschärft, und ausserdem ist deren Einrichtung und Verwaltung zeitintensiv und für technisch weniger versierte User nicht immer trivial.
Die Entwicklung von Cloud-Lösungen hat diese Nachteile weitgehend beseitigt. Heute lassen sich alle persönlichen Daten auf Server in Rechenzentren multinationaler Konzerne speichern, die grosse Mengen an Speicherplatz zu niedrigen Preisen und oftmals sogar umsonst anbieten. Weiter lassen sich die Daten dann von allen möglichen Geräten von überall her abrufen. Bingo! Oder doch nicht? Kaum jemand weiss nämlich, auf welchem Server in welchem Rechenzentrum oder gar in welchem Land seine Daten liegen. Das wirft Fragen auf in Bezug auf den Datenschutz, ein Thema, das aktuell auf breiter Front debattiert wird. Dabei kristallisiert sich heraus, dass viele Menschen der Herausgabe persönlicher Informationen zunehmend skeptisch gegenüberstehen.
Einfachheit ist Trumpf
Genau in diese Bresche will ein Start-up springen, das in Frankreich gegründet wurde und 2013 eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter lancierte, die rund 13’000 Unterstützer erreichte und über 1,2 Millionen Dollar einbrachte. Das Unternehmen erhob damals den Anspruch, die Art neu erfunden zu haben, wie wir mit unseren Geräten und den darauf gespeicherten Daten umgehen. Lima hiess das Produkt und ist ein kleines Kästchen, das als Interface zwischen einem Modem oder einem Router und einer USB-Festplatte fungiert. Es konfiguriert sich mehr oder weniger selbst und stellt die Daten auf der angeschlossenen Festplatte im Nu über das Netzwerk für jedes Gerät bereit, auf dem die entsprechende Lima-App installiert ist. Die Idee dahinter: Eine günstigere und einfacher zu bedienende Alternative zu einem NAS für Menschen, die ihre Daten gerne in den eigenen vier Wänden wissen und nicht möchten, dass diese auf irgendeinem Server eines Unternehmens lagern. Anstatt den eigenen Datenschatz also in die Cloud auszulagern, holt man sich die Cloud ganz einfach nach Hause.
Die Idee kam gut an, es gab aber auch kritische Stimmen, die vor allem die eher mässige Performance des kleinen Gerätes bemängelten. Lima hat die Rückmeldungen offenbar beherzigt, denn im November letzten Jahres hat das Unternehmen den Nachfolger Lima Ultra präsentiert, der neu mit einem Quadcore-Prozessor mit einer Taktfrequenz von 1.5 GHz, einem Gigabit-Ethernet-Port und einem USB-3.0-Port bestückt ist und laut Angaben des Herstellers rund 40 Mal schneller arbeitet als sein Vorgänger. Hat man die Verpackung vor sich, fällt als erstes auf, wie klein diese ist. Im Inneren befinden sich die Bestandteile der Lösung, namentlich ein Netzteil, ein Ethernet-Kabel und das Gerät selbst, sowie eine Kurzanleitung und eine Informationsbroschüre. Die Anleitung verweist den Nutzer wiederum auf die Webseite von Lima (aktuell nur in englischer Sprache), von der die Software für das entsprechende Betriebssystem oder Endgerät bezogen werden kann. Die Installationsroutine selbst erfüllt den Zweck einer Anleitung und verlangt zunächst die Einrichtung eines Kontos, das dafür verwendet wird, die Geräte des Nutzers zu identifizieren und untereinander zu vernetzen. Zum Schluss muss nur noch die Lima Ultra via Ethernet-Kabel mit dem Modem oder Router und einer USB-Festplatte verbunden werden, und schon ist die persönliche Cloud einsatzbereit. Die verwendete Festplatte sollte allerdings leer sein, weil die Lima diese mit eigenen Ordnern konfiguriert, aber anders als bei einem NAS, bei dem die Grösse der eingesetzten Festplatten in der Regel nach oben limitiert ist, können die Nutzer einer Lima Ultra Speichermedien jeder Grösse verwenden.
In zehn Minuten zur eigenen Cloud
Die Lima generiert in der Ordnerstruktur des Rechners ein virtuelles Laufwerk, das den Inhalt der angeschlossenen Festplatte anzeigt und mit einer stilisierten, liegenden Acht gekennzeichnet ist, dem Logo von Lima. Auf dieselbe Weise werden alle Ordner markiert, die Dateien enthalten, die sich auf der externen Festplatte befinden. Das ist äusserst praktisch, sieht man doch so auf einen Blick, welche Dateien lokal auf dem Rechner lagern und welche man in die heimische Cloud kopiert oder verschoben hat. Auf dem virtuellen Laufwerk generiert die Lima ausserdem fünf Ordner, um die Daten der Nutzer zu verwalten. Es sind dies die Ordner «Music», «Pictures», «Movies», «Desktop» und «Documents». Somit kann man gleich nach der Installation damit beginnen, Daten in die persönliche Cloud zu verschieben. Sofort werden Metadaten aller Dateien angelegt, damit diese verzögerungsfrei auf allen übrigen Geräten der Nutzer verfügbar sind. Um sie abzurufen, muss auf jedem Endgerät die entsprechende App installiert sein, die es für Windows, Linux, MacOS, iOS und Android gibt.
Der gesamte Installationsprozess vom Öffnen der Verpackung bis hin zu dem Zeitpunkt, an dem man beginnen kann, Daten auf die Lima Ultra zu kopieren, dauert höchstens zwischen fünf und zehn Minuten. Technisches Know-how ist dafür nicht vonnöten, was die Lösung sehr nutzerfreundlich macht. Genauso leicht geht auch die Installation der App auf einem Smartphone oder Tablet von der Hand. Man muss sich lediglich in das eigene Lima-Konto einloggen und sobald die App mit der Cloud Verbindung aufgenommen hat, werden die Ordner mit den jeweiligen Inhalten angezeigt. Dem Nutzer wird dann auch gleich die Option angeboten, die Bilder vom eigenen Mobilgerät auf der Lima Ultra beziehungsweise auf der daran angeschlossenen Festplatte zu sichern. Ist die Einrichtung des persönlichen Cloud-Ökosystems abgeschlossen, übernimmt die Lima das Management des Datenbestandes und synchronisiert alle Dateien zwischen den angeschlossenen Geräten. Die Frage ist nun, wie sich die Lima Ultra im Vergleich mit anderen Speicherlösungen schlägt.
Datenzugriff von unterwegs
Die Software, die Lima zur Verfügung stellt, macht einen aufgeräumten Eindruck. Sowohl auf dem PC als auch auf dem Smartphone werden nur die nötigsten Elemente angezeigt. Über den entsprechenden Ordner können dann die jeweiligen Dateien abgerufen werden. Der Video Player für Mobilgeräte kommt mit allen möglichen Dateiformaten zurecht und unterscheidet sich kaum von den vorinstallierten Apps. Bei Kinofilmen werden die Filmplakate eingeblendet sowie weitere Informationen zur Besetzung und zur Handlung. Dasselbe gilt für das Abspielen von Musikdateien. Diese können nach Künstlern, Liedern oder Alben angezeigt werden, jeweils mitsamt Cover oder Bildern der Musiker. Auch können Filme und Musikstücke direkt aus dem Player via Streaming an anderen Geräten ausgegeben werden. Ist man einmal länger ohne Internetverbindung unterwegs, kann man vor der Abreise eine lokale Kopie aller benötigten Dateien auf dem Endgerät anlegen.
Die Einfachheit der Software kommt unerfahrenen Nutzern sicherlich entgegen, sie hat aber auch ihren Preis. So sucht man fortgeschrittene Features, die in den Apps bekannter Hersteller von NAS-Geräten enthalten sind, hier vergeblich. Zum Beispiel lassen sich Dateien nicht beliebig verwalten und auch nicht mit Freunden teilen, sondern lediglich auf dem eigenen Gerät abspielen.
Verschlüsselt alle Daten
Wer Cloud-Speicherdiensten wie Dropbox oder Onedrive nicht vertraut und sein Daten-Schicksal lieber in die eigenen Hände nimmt, ist mit dem Kauf einer Lima Ultra gut beraten, allerdings gilt es, einige Punkte zu beachten. Zum einen verschlüsselt das Gerät sämtliche Daten. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, nur kann dies zum Problem werden, wenn die Lima Ultra den Geist aufgeben sollte. Schliesst man die Festplatte nämlich direkt an einen USB-Port am PC an, lassen sich die darauf gespeicherten Dateien nicht ohne weiteres auslesen. Auf Anfrage erklärt Lima, dass man an einer Software-Lösung arbeitet, mit der sich die Daten auf einen PC übertragen lassen, diese befindet sich aktuell aber noch in der Testphase. Weiter arbeitet eine Lima Ultra nur mit jeweils einer USB-Festplatte. Das bedeutet für die Nutzer, dass sie zwingend und regelmässig eine Kopie aller Daten auf einem separaten Speicher anlegen müssen, um nicht das Risiko eines Datenverlustes einzugehen.
Eine Alternative ist, eine zweite Lima Ultra zu kaufen und eine weitere USB-Festplatte daran anzuschliessen. Wenn man diese mit demselben Nutzerkonto aufsetzt, verbinden sich die beiden Geräte automatisch und spiegeln die Daten auf den beiden Festplatten. Damit hat man eine RAID-Umgebung, in der die Daten redundant abgelegt sind, wie bei einem NAS. Ein grosser Vorteil dieser Lösung ist, dass man die beiden Limas auch getrennt voneinander an zwei verschiedenen Orten betreiben kann, weil diese über das Nutzerkonto dennoch verbunden sind. Bricht zum Beispiel an einem Ort ein Feuer aus, das eine der beiden Limas zerstört, dann sind die Daten nach wie vor auf dem zweiten Gerät vorhanden. Bis zu vier Limas können auf diese Weise verbunden werden, ausserdem funktioniert ein solcher Verbund auch mit den Vorgängermodellen.
Nicht gerade günstig
Die Lima Ultra wird ab März 2017 für rund 140 Franken in der Schweiz erhältlich sein. Damit ist das kleine Gerät nicht gerade billig, wenn man bedenkt, dass man den Preis der USB-Festplatte dazu rechnen muss. Leergehäuse für NAS mit zwei Festplattenschächten (ohne Festplatten) sind bereits für weniger Geld zu haben. Will man wie weiter oben beschrieben zwei Limas im RAID-Verbund verwenden, dann erhöht sich der Gesamtpreis der Lösung dementsprechend. Dennoch kann sich die Investition lohnen, wenn man die Nutzerfreundlichkeit in Betracht zieht. Gute NAS-Geräte sind ausserdem auch nicht günstig und haben oft den Nachteil, dass sie mit mehr oder minder lauten Lüftern bestückt sind, um die Festplatten zu kühlen. Günstiger fährt man nur, wenn man einen Online-Cloud-Speicher nutzt, je nach Speicherbedarf umsonst oder für eine in der Regel moderate monatliche Gebühr. Allerdings muss man sich dabei fragen, ob man die eigenen Daten wirklich aus den Händen geben will.
(luc)