Display lädt Passanten ein
Quelle: Advertima

Display lädt Passanten ein

Durch die Auswertung von Kamera­bildern erkennt die Software des Start-ups Advertima Alter, Geschlecht, Gesten und Emotionen von Passanten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2016/11

     

Automatisch Schlüsse aus grossen Bilddatenmengen ziehen ist eines der Kern­einsatzgebiete für Machine Learning. Was bis vor kurzem aber nur Riesen wie Facebook konnten, gelingt jetzt auch dem Schweizer Start-up Advertima aus St. Gallen. Die Technologie des Start-ups konzentriert sich auf die Zone vor den Bildschirmen und will diese live auswerten – direkt im öffentlichen Raum. Die Algorithmen hinter der Technologie von Advertima erlauben ein direktes Ansprechen von Passanten sowie eine "intelligente" Interaktion.


Zurzeit arbeitet das Start-up an einem Pilotprojekt im Auftrag von Migros, welches das Ziel verfolgt, die Besucher eines Einkaufszentrums zu einem Weihnachtsspiel zu animieren. Mittels einiger verteilter Bildschirme werden Vorbeigehende persönlich eingeladen, am Spiel teilzunehmen und dieses an einem grossen Hauptschirm zu bewältigen. Das System erkennt Alter, Grösse und Geschlecht sowie die Farbe der Kleidung und so kann die Spielfigur dem Äusseren der spielenden Person nachempfunden werden, die ihren Avatar dann durch Gesten steuert.

Erkennt bis zu 30 Personen

Neu daran ist unter anderem, dass die erste Interaktion vom Bildschirm ausgeht und nicht durch einen Menschen ausgelöst werden muss. "Unsere Software kann zurzeit bis zu 30 Personen gleichzeitig erkennen", erklärt Christian Naef, der verantwortlich für Marketing und Customer Relations bei Advertima ist. Im Zentrum steht dabei die Reaktion der Teilnehmer. "Die Frage war: Wie können wir den Menschen Inputs geben, die ihrem Interesse entsprechen und ihnen gleichzeitig nützliche Informationen liefern?", so Naef weiter.


Ebenfalls zentral ist das Erkennen von Emotionen, zum Beispiel um Daten über Besucher zu sammeln: 1000 Frauen sind heute vorübergegangen, davon hatten 400 Augenkontakt mit dem Bildschirm, 250 schauten länger hin und 100 haben ein paar Sekunden gelacht. Das sind einfache Anwendungsszenarien, die Rückschlüsse über die Effektivität einer Werbung zulassen. Führt man dem System zusätzliche Daten zu, lassen sich noch weitere Schlüsse ziehen. Denn das System reagiert neben der Kameraauswertung auf eine Vielzahl von Inputs wie Bluetooth, Beacons oder ein WiFi-Signal.

Spricht Kunden vor Ort an

In der Werbebranche spricht man bei dieser Art von Technologie von "out of home". Möglich werden so zusätzliche Verknüpfungen von online getrackten Interaktionen mit dem realen Menschen. "Natürlich nur mit deren Einverständnis", kommentiert Naef. So kann ein über Newsletter oder App angesprochener Konsument anhand seines Telefons identifiziert werden. "Händler können so noch detailliertere Informationen über ihre Kunden erhalten und diesen mit den richtigen Inputs dienen", so Naef.


Bleibt noch die Frage des Datenschutzes: "Wir speichern keine Bilder und die Analyse der Daten erfolgt am Bildschirm, nicht irgendwo in der Cloud", sagt Naef. Ausserdem steht für ihn nicht die Werbung im Zentrum der Technologie, sondern das Erlebnis für den Kunden. "Schon bald ruft Ihnen an der Bushaltestelle Brad Pitt zu, wann der Bus kommt, und Sie bedanken sich mit einem hochgestreckten Daumen", ist Naef überzeugt.
Das grösste Problem dürfte zurzeit die Unkenntnis der Branche über die Möglichkeiten einer solchen Technologie sein. So wollte Advertima initial eigentlich nur die Software bauen und an Dritte verkaufen. "Leider waren die Agenturen zunächst überfordert", so Naef. Deshalb baute das Start-up ein eigenes Content Creation Team auf und ging direkt auf die Kunden zu. "Das hat funktioniert. Jetzt gilt es, diese Ergebnisse Dritten in die Hand zu geben", kommentiert Naef.


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