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Sich ein Jahr Pause gönnen
Quelle: SITM

Sich ein Jahr Pause gönnen

Von Sabine Prohaska

Bevor eine Sinnkrise aufzieht, kann ein Sabbatical helfen, wieder zu erkennen, was wirklich zählt. Denn eine Auszeit ist keineswegs verlorene Zeit.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2016/06

     

Alles wird mir zu viel!» Dieses Gefühl haben viele Arbeitnehmer. Und so mancher spürt: Wenn ich nicht aufpasse, steuere ich auf einen Burn-out oder eine Sinnkrise zu. Dann kann ein Sabbatical sinnvoll sein, um den eigenen Lebensweg neu zu definieren. Doch Vorsicht! Eine solche Auszeit sollte vorbereitet sein.
«Du musst mobil sein.» «Du musst stets erreich- und ansprechbar sein». «Du musst mehr Eigenverantwortung zeigen.» Mit solchen Anforderungen werden Arbeitnehmer heute zunehmend konfrontiert – beruflich und privat. Sie sollen nicht nur mehr, sondern auch stets neue Anforderungen erfüllen; Anforderungen zudem, die sich oft schwer vereinbaren lassen.

Erfülltes oder gefülltes Leben?

Viele Menschen reagieren hierauf, indem sie versuchen, immer mehr Dinge in stets kürzerer Zeit zu bewältigen. Die Folge: Sie führen ein Leben im High-Speed. Und zunehmend verstärkt sich in ihnen das Gefühl: Ich bin nicht mehr Herr meiner Zeit; ich werde zunehmend fremdbestimmt. Doch: Wer nur noch funktioniert, verliert irgendwann die Balance im Leben. Er schlittert fast zwangsläufig in eine Krise – körperlich oder psychisch.
Solche Krisen können wir nur vermeiden, wenn wir uns regelmässig fragen:
• Was ist mir in meinem Leben wirklich wichtig?
• Welche (Lebens-)Ziele möchte ich erreichen?
• Wie kann ich meine (Lebens-)Ziele erreichen?

Auf diese Fragen finden wir in der Alltagshektik meist keine Antwort – vor allem, weil uns dann die nötige Distanz zum Alltag fehlt. Deshalb sollten wir uns regelmässig eine Auszeit gönnen. Diese Auszeiten können vielfältiger Natur sein. Hierbei kann es sich zum Beispiel um einen Kurzurlaub in den Bergen oder ein Verwöhn-Wochenende in einem Wellness-Hotel handeln. Entscheidend ist, dem Trubel des Alltags zu entfliehen, um innerlich zur Ruhe zu kommen. Denn nur dann haben wir die Musse, um uns mit den wirklich wichtigen Fragen zu befassen.
Eine besondere Form der Auszeit ist das Sabbatical. Eine solche Auszeit über mehrere Monate oder gar ein Jahr empfiehlt sich, wenn wir das Gefühl haben: Ich stecke fest. Auf meinem jetzigen Lebensweg kann ich keine Erfüllung finden. Ich muss einen neuen Weg für mich entwerfen, weil es in mehreren Lebensbereichen zwar noch nicht brennt, aber bereits die ersten Flammen einer künftigen Krise lodern. Dann sollten wir eine längere Auszeit nehmen, denn in ein, zwei Tagen oder Wochen können wir kein neues Lebenskonzept entwerfen.

Ausgetretene Pfade verlassen

Auch aus folgendem Grund: Wenn wir uns auf einen neuen Lebensweg begeben, müssen wir unsere ausgetretenen (Verhaltens-)Pfade verlassen. Das fällt uns in der Alltagsumgebung meist schwer. Deshalb verbringen die meisten Menschen ihr Sabbatical nicht zu Hause. Sie begeben sich vielmehr zum Beispiel auf eine Weltumsegelung oder ziehen sich in eine Almhütte zurück. Denn sie wissen: Dann finde ich eher die innere Ruhe, in der neue Gedanken in mir aufsteigen. Und fern von zu Hause wird mir eher bewusst, was mir wirklich wichtig ist.
Solche Auszeiten sind keine verlorene Zeit. Das zeigt die Erfahrung. Sie wirken sich meist auch positiv auf den beruflichen Erfolg aus. Wenn wir unseren Lebensweg (wieder-)gefunden haben, können wir voller Energie durchstarten. Nun wissen wir, was wir wirklich wollen. Entsprechend konzentriert und fokussiert gehen wir ans Werk. Wir laufen nicht mehr mit «angezogener Handbremse» durchs Leben.

Doch Vorsicht! Ein Sabbatical ist kein verlängerter Urlaub. Das zentrale Anliegen hierbei ist nicht das Ausspannen, sondern das Sich-neu-Besinnen. Deshalb sollte ein Sabbatical vorbereitet sein. Sie sollten vorab wissen: Worüber möchte ich Klarheit gewinnen? Welches Ziel möchte ich in dem Sabbatical erreichen? Sonst besteht die Gefahr, dass Woche für Woche und Monat für Monat verstreichen. Diese geniessen Sie zwar, doch wenn Sie nach dem Sabbatical in den Alltag zurückkehren, starten Sie wieder dort, wo Sie sechs Monate oder ein Jahr zuvor ausgestiegen sind.

Wenn das Geld nicht reicht: Wenigstens den Urlaub entspannt geniessen

Bei vielen Arbeitsnehmern herrscht vor dem Urlaub Hektik. Es sind noch so viele Dinge zu erledigen. Und nach der Rückkehr stapeln sich zu Hause erneut die unerledigten Aufgaben. Entsprechend schnell ist die Erholung verflogen. 14 Tipps zeigen, wie es auch anders geht.
1. Verreisen Sie offiziell einen Tag früher. Sagen Sie allen Freunden und Verwandten sowie den Kunden und Kollegen, mit denen Sie nicht direkt zusammenarbeiten, dass Ihr Urlaub einen Tag früher beginnt. Sonst stapelt sich am letzten Tag die Arbeit auf Ihrem Schreibtisch und Ihr Telefon klingelt unablässig.
2. Vereinbaren Sie für Ihren letzten Arbeitstag keine Reisetermine und Meetings, aber auch keine Arzt- oder Friseurbesuche. Denn diese dauern oft länger als geplant. Die Folge: Sie starten völlig ausser Atem in den Urlaub.
3. Erledigen Sie vor dem Urlaub alle wichtigen und dringlichen Aufgaben, die Sie nicht delegieren können. Sonst plagt Sie im Urlaub stets das schlechte Gewissen.
4. Urlaub ist Urlaub. Lassen Sie alle Unterlagen, die Sie an Ihre Arbeit erinnern, zu Hause. Packen Sie auch keine Fachliteratur ein, die im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit steht. Und: Lesen Sie keine Tageszeitungen oder Wirtschaftsmagazine, schon gar nicht den Börsenteil.
5. Sagen Sie Ihrem Assistenten oder der Stellvertreterin: Nach meinem Urlaub dürfen maximal so viele Vorgänge auf meinem Schreibtisch liegen, wie ich Urlaubstage habe. Sonst verleidet Ihnen der Gedanke an die Arbeit, die Sie erwartet, die letzten Urlaubstage.
6. Vergessen Sie Ihr Handy oder Smartphone. Wenn nicht, schalten Sie es im Urlaub ab, und lassen Sie die Telefonate in der Mailbox auflaufen. Dann entscheiden Sie, ob und wann Sie zurückrufen.



7. Beginnen Sie spätestens vier Tage vor Reiseantritt mit dem Packen. Dann können Sie noch rechtzeitig einen neuen Bikini oder eine neue Badehose kaufen, wenn Sie feststellen, dass Sie im alten Outfit keine gute Figur mehr machen.
8. Stimmen Sie sich bereits zu Hause auf den Urlaub ein. Zum Beispiel, indem Sie abends im Bett Reiseführer schmökern oder sich ein Video von Ihrem Urlaubsziel anschauen.
9. Feiern Sie Ihren Urlaubsbeginn. Zum Beispiel, indem Sie im Flugzeug ein Gläschen Sekt trinken.
10. Vergessen Sie im Urlaub alles, was Sie über das Thema Zeit- und Selbstmanagement gehört haben. Im Urlaub gibt es nur eine wichtige Aufgabe: sich erholen.
11. Übertragen Sie das Leistungsdenken, dem Sie im Alltag huldigen, nicht auf Ihren Urlaub. Sie müssen nicht jeden Berg erklimmen und jedes Museum besuchen.
12. Lassen Sie Fünfe gerade sein. Bei der Arbeit können Sie dem Null-Fehler-
Prinzip huldigen. Doch im Urlaub sollten Sie es leicht nehmen. Sonst ärgern Sie sich über jeden lahmen Kellner und jedes zu warme Getränk.
13. Verlängern Sie Ihren Urlaub. Sagen Sie allen Personen, mit denen Sie nicht direkt zusammenarbeiten, dass Sie erst zwei Tage später zurückkehren. Sonst klingelt Ihr Telefon nach der Rückkehr unablässig. Dann ist die Erholung im Handumdrehen verflogen.
14. Behalten Sie den Urlaub in Erinnerung. Stellen Sie ein Urlaubsfoto auf Ihren Schreibtisch. Oder klemmen Sie es sich an Ihren Badezimmerspiegel. Dann können Sie ab und zu von der Südsee oder von den Bergen träumen.

Die Autorin


Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmen Seminar Consult Prohaska aus Wien, das unter anderem Trainer und Coaches ausbildet (www.seminarconsult.at).


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