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Der Klügere bleibt gelassen
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Der Klügere bleibt gelassen

Von Gudrun Fey und Frank Seeger

Wütende Anrufe von Kunden lassen Berater und Manager nicht gern über sich ergehen. Es empfiehlt sich, trotzdem ruhig Blut zu bewahren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2016/04

     

Im Berufsalltag gibt es immer wieder Situationen, in denen man platzen könnte. Doch das hilft in der Regel selten weiter. Denn wer die Fassung verliert, hat verloren – unter anderem, weil er nicht mehr souverän wirkt. Also empfiehlt es sich, sich eine dicke Haut zuzulegen und Strategien zu erarbeiten, wie man mit solchen Situationen umgehen könnte, in denen man am liebsten aus der Haut fahren möchte.
Dies gilt insbesondere für Berufstätige, bei denen viele (Kommunikations-)Fäden zusammenlaufen, etwa Kundenbetreuer oder Projektleiter. Denn sie sind die ersten Ansprechpartner und werden entsprechend häufig mit Fragen und Wünschen sowie mit Klagen und Beschwerden konfrontiert, für deren Ursache sie nichts können. Also ist die Gefahr gross, dass sie sich zu Unrecht angegriffen fühlen und entsprechend scharf reagieren.

Bewusst Blitzableiter sein

Zielführend ist das nicht. Denn aus Sicht der Beschwerdeführer sind Kundenbetreuer die Repräsentanten ihres Unternehmens. Also haben sie sich ihre Klagen und Probleme anzuhören, hierfür Verständnis zu zeigen und sich ihrer anzunehmen. Dasselbe gilt für Projektleiter. Auch sie werden, weil sie für das Projekt verantwortlich sind, immer wieder mit Beschwerden konfrontiert, bei denen sie denken: «Was habe ich damit zu tun?» oder: «Kann der das nicht selbst regeln?» Trotzdem müssen sie ruhig und gelassen bleiben. Denn Blitzableiter zu sein, ist Teil ihres Jobs.
Das sollten sich Kundenbetreuer und Projektleiter bewusst machen, wenn sie in ihrem Job glücklich werden wollen. Nicht nur, um Kunden nicht zu frustrieren. Entspannt zu bleiben, schont auch die Nerven und ist oft zielfördernder als loszupoltern oder beleidigt zu reagieren. Ausserdem stärkt es oft die eigene Position, wenn man bekannt dafür ist, souverän zu agieren.

Danach ist fluchen erlaubt

Kritik oder Beschwerden anzunehmen, fällt den meisten Menschen leichter, wenn diese nicht ungefiltert auf sie einprassen. Wenn ein Anrufer aber gleich losschimpft: «Warum dauert es so lange, bis das IT-Programm wieder funktioniert? Ich warte schon ewig!» Dann besteht die Gefahr, dass der Angerufene gereizt erwidert: «Nun mal langsam…!» und die Situation eskaliert. Noch grösser ist diese Gefahr, wenn sich Menschen persönlich angegriffen fühlen: «Warum dauert es stets bei Ihnen so lange? Ihre Kollegen kriegen das doch auch schneller hin.» Kommt hier als Reaktion ein verbaler Rückschlag, eskaliert die heikle Situation meist zum Konflikt. Deshalb rät es sich, persönliche Angriffe zu überhören und sachlich zu reagieren: «In zwei Stunden funktioniert das Programm wieder.» Nach dem Telefonat ist lautes Fluchen erlaubt.
Menschen neigen dazu, auf Angriffe wie ihre Ahnen in der Steinzeit zu reagieren: mit Kampf oder Flucht. Dabei wissen wir aus Erfahrung, dass es meist wenig bringt, sich mit Kunden oder Vorgesetzten anzulegen. Erstere haben bekanntlich immer Recht, und letztere sitzen meist am längeren Hebel. Und zu fliehen, also sich zum Beispiel für etwas zu entschuldigen, wofür man keine Schuld hat? Das ist auch nicht empfehlenswert, denn so macht man sich klein. Der Beschwerdeführer wird schlimmstenfalls immer massloser und einem fortan wie einen Handlanger behandeln. Unterwürfig und devot zu sein, hilft also auch nicht weiter. Der einzige Lösungsweg, der somit bleibt, lautet, lösungsorientiert mit dem Beschwerdeführer zu kommunizieren.

Eigene Einstellung hinterfragen

Beschwerdeführer fragen oft: «Warum dauert das so lange?» oder «Warum ist das so kompliziert?» In der Tat erwarten sie meist keine detaillierte Antwort auf ihre Frage. Sie wollen vielmehr, dass ihnen schnell geholfen wird oder man ihnen zumindest glaubwürdig versichert, sich rasch um eine Lösung ihres Problems zu bemühen. Es empfiehlt sich also, auf die Frage gar nicht erst lang einzugehen. Vielmehr sollte man dem Beschwerdeführer aufzeigen, was bereits getan wurde und was noch getan wird, damit er so rasch wie möglich etwa wieder mit dem IT-Programm arbeiten kann.
Wie nervenschonend man mit emotionalen Stress-Situationen umgeht, hängt auch von der eigenen Einstellung ab. Kundenbetreuer können Beschwerden auch als etwas ansehen, das ihren Arbeitsplatz sichert. Wenn Kunden keine Fragen, Wünsche, Klagen und Probleme mehr hätten, müssten ihre Arbeitgeber keine Kundenbetreuer beschäftigen. Und wenn Projekte, in die viele Personen und Bereiche mit teils unterschiedlichen Interessen involviert sind, einfach zu managen wären, dann bräuchte es keine Projektleiter. Darüber hinaus hilft es, sich grundsätzlich Formulierungen und Fragen, die heikle Situationen entschärfen können, zurechtzulegen. Und diese zu üben.

Zielführend ist auch, Schimpftiraden unzufriedener Kunden über sich ergehen zu lassen. Denn danach ist meist die erste Wut verraucht, und Berater können das Gespräch in eine ruhige Bahn lenken. Wenn der Wortschwall jedoch nicht enden will, oder die Person unstrukturiert wichtige Informationen um sich wirft, sollten Berater unterbrechen. Die Zauberformel hierfür lautet: «Moment bitte».
Sie können auch fragen: «Moment bitte, bevor Sie weiterreden, würden Sie mir Ihren Namen nochmals sagen?» Dann unterbrechen Sie mit Namensnennung und fassen das Gehörte zunächst zusammen: «Moment, Frau Schneider, ich habe Folgendes verstanden… Ist das richtig so?» Nach der Antwort können Sie gezielt weiterfragen.
Wenn der Beschwerdeführer eine Frage hat, neigen Techniker dazu, Dinge detailliert und mit Fachbegriffen ausgeschmückt zu erklären. Wenn ein Kunde das nicht versteht und unterbricht, ist das vollkommen in Ordnung. Falls die Unterbrechungen aber nicht zielführend ist, ist eine angemessene Reaktion: «Moment bitte, Herr Meyer, noch eine Minute.»
Die Formulierung «Da kann ich Ihnen nicht helfen» sollten Berater ersatzlos aus ihrem Wortschatz streichen. In irgendeiner Form kann man immer helfen, und sei es nur durch Zuhören. Oder indem man den Beschwerdeführer mit einem Kollegen verbindet, der sich um das Anliegen kümmert. Nicht selten hilft auch der Tipp: «Schauen Sie mal im Internet unter der Adresse www. …» oder «...in unserem Intranet nach» – viele Beschwerdeführer wissen nicht, dass sie dort oft Antworten auf die meisten (Anwender-)Fragen finden.

Tee trinken und anrufen

Und noch ein Tipp zum Schluss, weil die Kommunikation mit Kunden und Kollegen heute zunehmend per Mail erfolgt und sich Beschwerdeführer hierin besonders oft im Ton vergreifen. Nie direkt auf Mails antworten, die einen ärgern. Dann ist die Gefahr gross, dass die gewählten Formulierungen zu einer Eskalation führen. Stattdessen empfiehlt es sich, solche Mails zeitverzögert zu beantworten. Und wenn die Antwortmail formuliert ist, trinkt man in Ruhe eine Tasse Tee, bevor die Mail nochmals auf Formulierungen gecheckt wird, die das Gegenüber als Angriff empfinden könnte. Erst dann darf die Mail versandt werden. Häufig ist es bei solchen Beschwerdemails sogar noch sinnvoller, zeitlich verzögert anzurufen. Ein so persönliches Engagement überrascht den Beschwerdeführer in der Regel positiv, er fühlt sich als Person wahr- und ernstgenommen, sein Ton verändert sich. Und der Job ist erledigt.

Mit Beschwerden sachlich umgehen

Beschwerdeführer ernst nehmen.
- Das Gefühl vermitteln: Man bemüht sich um die Lösung des Problems.
- Beginnen Sie mit: «Ich helfe Ihnen gern, …»
- Erklären Sie, warum etwas länger dauert.
- Geben Sie an, wann das Problem voraussichtlich gelöst sein wird.

Wichtige Informationen einholen.
- Ungeschickt ist es, nachdem eine Person ihre Beschwerde vorgetragen hat, diese direkt nach der Kundennummer zu fragen.
- Kundenorientierter und verbindlicher wirkt es, wenn Sie dieser Frage eine Begründung voranstellen: «Damit ich Ihnen sofort helfen kann, benötige ich Ihre Kundennummer.», oder: «Damit ich mich rasch um Ihr Anliegen kümmern kann, sagen Sie mir bitte.…»


Ruhe bewahren.
- Verärgerte und wütende Kunden verallgemeinern oft: «Bei Euch klappt nie etwas!», oder: «Von Euch ruft nie jemand zurück!»
- Rechtfertigen Sie sich in solchen Situationen nicht, denn das bringt Sie nicht weiter.
- Fragen Sie stattdessen: «Was hat denn konkret nicht funktioniert?»

Die Autoren

Dr. Gudrun Fey ist eine der beiden Geschäftsführerinnen des Trainingsunternehmens Study & Train aus Stuttgart (www.study-train.de). Sie schrieb unter anderem das Buch «Gelassenheit siegt! Mit Fragen, Vorwürfen, Ärger und Angriffen souverän umgehen».
Frank Seeger arbeitet als Rhetorik-, Präsentations-, Telefon- und Kommunika-
tionstrainer für Study & Train.



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