1. Welche Probleme sehen Sie bei Arbeitgebern, die Angestellte 45+ beschäftigen?Die Lohn- und Lohnnebenkosten steigen mit zunehmendem Alter. Dafür bringen ältere Berufsleute einen grossen Erfahrungsschatz mit ein und sind tendenziell länger im gleichen Unternehmen tätig. Dabei müssen sie beachten, leistungsfähig zu bleiben und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Denn dies sind die Bedenken, die am meisten gegenüber älteren Angestellten geäussert werden. Aufgrund der demografischen Entwicklung in der Schweiz tun wir gut daran, altersgemischte Teams zu fördern und unser Personal weiterzubilden. Durch die kommenden geburtenschwachen Jahrgänge sind wir auf fähige und motivierte Kräfte Ü50 angewiesen.
2. Welche bei Arbeitnehmern?Arbeitnehmer ab 45 Jahren benötigen erfahrungsgemäss mehr Zeit, um eine neue Stelle zu finden, als jüngere Berufsleute. Dementsprechend häufiger sind sie dann auch von einer Aussteuerung nach 18 Monaten Stellensuche betroffen. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Die Profile passen nicht immer auf die Anforderungen der Unternehmen, vor allem in Branchen, die sich schnell entwickeln. Das sehen wir ganz exemplarisch bei der IT. Viele Berufsleute sind Quereinsteiger, mit Erfahrung «on the job», aber Lücken in der Aus– und Weiterbildung. Zieht man dann noch die höheren Lohn- und Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber in Betracht, so müssen die älteren Berufsleute nebst guten Qualifikationen mit Flexibilität und Leistungsbereitschaft punkten.
3. Entsteht der Fachkräftemangel aus Ihrer Sicht, weil man 45+ nicht beschäftigen oder weiterentwickeln will?Nein, das würde ich so nicht sagen. Es ist viel eher eine Frage von Angebot und Nachfrage. Auf dem Arbeitsmarkt sind flexible, gut ausgebildete Fachkräfte unabhängig ihres Alters gesucht. Bringen Bewerber die geforderten Qualifikationen mit, so bestehen auch über 45 gute Chancen. Aber die Suche gleicht häufig dem Finden der Stecknadel im Heuhaufen. Es braucht Geduld und vielleicht ein Coaching oder eine Weiterbildung, wenn kleinere Lücken zu schliessen sind. Und in gewissen Fällen macht eine Umschulung oder Neuorientierung dann auch Sinn.
4. Was planen Sie als neuer Nationalrat allenfalls in diesem Bereich?Wir wissen ganz genau, wie hoch unsere Arbeitslosenquote ist. Doch die Ausgesteuerten werden darin nicht berücksichtigt. Und dies obwohl wir im vergangenen Jahr mehr als 3500 Personen pro Monat ausgesteuert haben. Dazu habe ich bereits einen Vorstoss eingereicht. Zudem ist es unumgänglich, dass wir den Inländervorrang einführen. Solange ältere Arbeitssuchende arbeiten wollen und können, sollen keine vergleichbaren Fachkräfte einwandern.
5. Wie sehen Sie diesbezüglich die Rollen von Verbänden und Interessensgemeinschaften wie Ihrer Stiftung? Als Gründer und Stiftungsrat der Schweizerischen Stiftung für Arbeit und Weiterbildung setze ich mich mit dem Schicksal der Langzeitarbeitslosen auseinander. Wir beraten und vermitteln mit dem Programm power50-Plus ältere Stellensuchende in allen Berufskategorien. Unsere Erfolgsquote stimmt mich zuversichtlich, dass man mit gezielter Förderung einiges mehr bewirken könnte. Die Menschen rasch einzugliedern, lindert den finanziellen und seelischen Druck enorm. Denn sind sie einmal ausgesteuert, müssen sie von ihrem Ersparten zehren, bis sie im schlimmsten Fall sogar in die Sozialhilfe abrutschen.
Es muss uns gelingen, diese Abwärtsspirale mit geeigneten – vielleicht sogar privaten Initiativen zu durchbrechen.
Franz Grüter
Franz Grüter ist Verwaltungsratspräsident der green.ch Gruppe (
http://www.green.ch/), Stiftungsrat der Schweizerischen Stiftung für Arbeit und Weiterbildung
(http://ssaw.ch/) sowie seit November 2015 Nationalrat (SVP Luzern).