Wer Fernsehen will, das über den Cablecom-Grundanschluss hinausgeht, muss heute einigermassen tief in die Tasche greifen. So bezahlt man bei UPC Cablecom für das günstigste Angebot Horizon Classic monatlich 29 Franken. Dafür kriegt man im Wesentlichen 135 TV-Sender, davon 72 in HD, eine mehrfache Aufnahmefunktion, eine Timeshift-Funktion sowie 20-Stunden-Replay. Bei Swisscom beginnt der Preis bei monatlich 40 Franken – im Bundle mit einem Internetanschluss. Dafür kriegt man 100 Sender (40 in HD), allerdings keine Replay- und keine Aufnahmefunktion.
Neben den Angeboten der beiden grossen Anbieter waren die Möglichkeiten, ohne grossen Aufwand ein vernünftiges TV-Bild auf seinen Fernseher zu zaubern, bislang überschaubar. Der Schweizer Web-TV-Anbieter Wilmaa lancierte vor knapp zwei Jahren die Wilmaa Box, die je nach Abo über 200 Sender unabhängig vom Internetanbieter verspricht und zudem Aufnahmen in die Cloud, zeitversetztes Fernsehen und einiges mehr bietet. «Swiss IT Magazine» hat die Wilmaa Box damals getestet, und konnte dem Angebot durchaus Positives abgewinnen, vermisste allerdings einen brauchbaren Elektronischen Programm Guide (EPG) und bemängelte die lange Umschaltzeit zwischen den Sendern und ganz grundsätzlich die Bedienung. Ausserdem ist das Angebot mit 290 Franken pro Jahr für den vollen Funktionsumfang auch nicht ganz günstig.
Auch eine Suchfunktion bietet die App, wobei die Eingabe mit der Apple-TV-Fernbedienung etwas Geduld braucht. (Quelle: Teleboy)
Das EPG ist das Herzstück der Teleboy-App und zeigt nicht nur das Tagesprogramm, sondern auch dasjenige bis zwei Wochen in die Zukunft sowie sieben Tage zurück. (Quelle: Teleboy)
Die Fernbedienung von Apple TV 4: Die Tasten Home (Bild oben links) und Siri (unten Mitte) werden von der Teleboy-App nicht genutzt, dafür ist zum Beispiel das Vor- und Zurückspulten über die Touch-Oberfläche (links) komfortabel. (Quelle: Apple)
Auch eine Suchfunktion bietet die App, wobei die Eingabe mit der Apple-TV-Fernbedienung etwas Geduld braucht. (Quelle: Teleboy)
Das EPG ist das Herzstück der Teleboy-App und zeigt nicht nur das Tagesprogramm, sondern auch dasjenige bis zwei Wochen in die Zukunft sowie sieben Tage zurück. (Quelle: Teleboy)
Die Fernbedienung von Apple TV 4: Die Tasten Home (Bild oben links) und Siri (unten Mitte) werden von der Teleboy-App nicht genutzt, dafür ist zum Beispiel das Vor- und Zurückspulten über die Touch-Oberfläche (links) komfortabel. (Quelle: Apple)
Live-TV zeigt in einer Kachelübersicht, was aktuell auf welchem Sender läuft. (Quelle: Teleboy)
Apple TV 4 eröffnet neue Möglichkeiten
Im Herbst 2015 nun stellte Apple die Version 4 von Apple TV vor, die es erlaubt, Apps zu installieren. Und mit Apple TV 4 ist Bewegung in das hiesige (Web-)TV-Angebot gekommen. So bieten heute alle namhaften Schweizer Web-TV-Anbieter bereits eine App für Apple TV, um über die Apple-Box fernzusehen. Am weitesten geht hier Teleboy. Teleboy hat Anfang November nicht nur als erster Schweizer Internet-TV-Anbieter eine kostenlose Live-TV-App für Apple TV 4 lanciert. Seit Anfang Jahr subventioniert Teleboy den Kauf von Apple TV 4 auch mit 30 Franken, sofern der Kunde ein Jahresabo für 75 Franken dazukauft. Gleichzeitig erklärt Teleboy auch, dass man sich mit der Kombination von Apple TV und App gegenüber den klassischen TV-Anbietern durchsetzen und den Kunden eine gleichwertige Lösung zu einem tieferen Preis anbieten wolle.
«Swiss IT Magazine» hat die Probe aufs Exempel gemacht und die Teleboy-App auf Apple TV 4 getestet.
Vorzüge und Tücken der Touch-Fernbedienung
Teleboy bietet mit dem Plus-Abo für die erwähnten 75 Franken pro Jahr beziehungsweise 8.50 Franken pro Monat 113 Sender, davon 48 in HD. Ebenfalls im Angebot enthalten sind 300 Stunden Aufnahmespeicher, 7-Tage-Replay und unbegrenzter Download von TV-Sendungen.
Einmal auf Apple TV 4 installiert, muss man sich lediglich in der App bei Teleboy anmelden beziehungsweise den Teleboy-Plus-Code eingeben, um den vollen Funktionsumfang der App nutzen zu können. Die Navigation geschieht über die Fernbedienung von Apple TV, die mit der neuesten Version bekanntlich völlig neu designt wurde. Anstatt mit den gefühlt 100 Knöpfen der TV-Fernbedienung navigiert man so mit den sechs Buttons sowie dem Touchpad der Apple-TV-4-Fernbedienung durch das Teleboy-Fernsehprogramm. Das hat Vor- und Nachteile. Ein Nachteil ist zum Beispiel, dass man kein Nummernpad hat und so nicht einfach rasch zum Programmplatz 102 und zurück zum Programm 13 springen kann. Schade ist zudem, dass nicht alle Tasten der Fernbedienung innerhalb der App genutzt werden können. So kommt man beispielsweise beim Drücken der Home-Taste auf der Fernbedienung auf die Hauptoberfläche von Apple TV zurück und muss die App neu starten, und beim Drücken auf die Siri-Taste wird nicht etwa das Fernsehprogramm durchsucht (die Funktion gibt es nämlich durchaus), sondern – Sie ahnen es – Apple TV. Oder drückt man bei der Übersicht aller Sender beispielsweise auf die Wiedergabetaste der Fernbedienung, wird nicht das gewählte Programm abgespielt, sondern es passiert gar nichts. Immerhin: Ist man nicht in der Senderübersicht, sondern schaut tatsächlich eine Sendung, funktioniert die Play/Pause-Taste, und auch innerhalb des EPGs kommt man mit der Taste direkt auf eine Sendung.
Dafür kann man aber von der Touch-Oberfläche der Fernbedienung im vollen Umfang profitieren, was ein grosses Plus ist. Ein Wisch von unten nach oben ruft das Teleboy-Menü mit seinen Menüpunkten Player, Live-TV, Programm, Aufnahmen, Suchen, Shop und Einstellungen auf. Ein Wisch von oben nach unten zeigt Audio-Optionen, und mittels Wischen nach links und rechts kann man innerhalb einer Sendung vor- und zurückspulen, und das viel präziser, als das mit einer herkömmlichen Fernbedienung möglich wäre.
Flinke App, umfassendes EPG
Zu den einzelnen Menüpunkten: Der Punkt Einstellungen ist eigentlich überflüssig, denn Einstellungen kann man zumindest aktuell keine vornehmen. Den Punkt Shop braucht man auch nur einmal, nämlich um die Plus-Option zu kaufen.
Der Punkt Player steht im Prinzip für die Vollbildansicht des gewählten Programms. Spannend ist hierbei die Navigation. Mit einer Berührung rechts auf dem Touchpad springt man ein Programm vor, mit einer Berührung links eines zurück, und eine Berührung in der Mitte ruft von unten eine Übersicht der Sender in unmittelbarer Nähe auf. Etwas gewöhnungsbedürftig, weil recht sensibel, aber durchaus intuitiv.
Live-TV zeigt derweil in einer Kachelübersicht, was aktuell auf welchem Sender läuft. Mit der Funktion Suche kann man das Programm aller Sender nach einem beliebigen Begriff durchsuchen, sofern man die Geduld hat, einen Suchbegriff über die etwas haklige Eingabe mittels Apple-TV-Fernbedienung einzutippen – dafür kann Teleboy aber nichts, tippen macht mit Apple TV 4 grundsätzlich keinen Spass.
Beim Menüpunkt Aufnahmen kann man einmal aufgenommene Sendungen anschauen, wobei im Plus-Abo wie erwähnt Platz für 300 Sendestunden ist. Etwas doof: Aufgenommene Sendungen löschen kann man innerhalb der App nicht, man muss dazu auf ein anderes Device wechseln. Eine Löschfunktion soll aber nachgeliefert werden, verspricht Teleboy.
Bleibt noch der Punkt Programm. Seit einem Update Anfang Februar ist die Teleboy-App mit einem EPG erhältlich, und dank diesem EPG kann sie in unseren Augen durchaus mit anderen, «richtigen» TV-Angeboten mithalten. Über das EPG kann man das TV-Programm nicht nur bis zwei Wochen in die Zukunft anschauen und Aufnahmen planen, sondern auch die Replay-Funktion, die sieben Tage zurückgeht, nutzen. Die Navigation – wir haben die Teleboy-App mit einem Internetanschluss (via WLAN) getestet, der 15 Mbit/s Bandbreite aufweist – ist dabei wirklich blitzschnell. Das gilt allerdings für die gesamte App inklusive für den Senderwechsel. Man zappt für eine Internet-TV-Streaming-App recht rasch von Sender zu Sender, und kommt die App mit Laden nicht nach, zeigt sie während der ersten ein, zwei Sekunden das Bild einfach in tieferer Auflösung, was bedeutend weniger störend ist als wenn man auf den Sender warten müsste.
Neue Sender, neue Funktionen
Es gibt auch noch Features, die wir vermisst haben – ganz konkret beispielsweise die Möglichkeit, Sender selber zu ordnen, oder aber die Unterstützung von Zweikanalton. Wie Teleboy aber gegenüber «Swiss IT Magazine» erklärt hat, arbeite man daran, Zweikanalton-Support mit einem der nächsten Updates nachzuliefern. Und auch sonst werden weitere Funktionen hinzukommen. Via Facebook liess Teleboy verlauten, dass man plane, Trailer zu allen Filmen zu integrieren und auf den Homescreen Replay-Charts sowie zuletzt geschaute beziehungsweise nicht beendete Sendungen à la Netflix zu bringen. Ebenfalls kläre man ab, ob Dolby Digital 5.1 und Streams mit 50 fps möglich sind, und es sollen schon bald 15 weitere Sender hinzugefügt werden.
(mw)