Wir schreiben den 24. August 2015, und die NZZ Online-Redaktion hat die dpa Meldung entdeckt. Es hat jemand Geburtstag: «Start me up» sangen die Rolling Stones damals zur Geburt im Werbespot und die Welt war in Aufregung. Nun ja, fast alle waren in Aufregung, ausser ein paar Unverbesserliche. Ich war einer von ihnen. Jahrelang durfte ich mich in User Groups und an Insiderparties darüber streiten, wieso eine grafische Benutzeroberfläche effizienter, besser und einfach cooler ist als eine Command Line.
1995 geschah das Unfassbare: ich kaufte mir meine erste eigene Wintel Machine. Nachdem ich mich vom Apple II über fast die ganze «Mac»-Modellpalette hochgearbeitet habe. Warum ich untreu wurde? Sie waren zu perfekt. Bei den Wintel Maschinen war das anders. Verschiedene Boot Konfigurationen waren notwendig, je nachdem welche Software funktionieren sollte. Hardware war richtig schön inkompatibel und nur richtige Nerds brachten die Dinge zum Laufen (das «Plug & Play»-Konzept von Windows 95 war eine der grössten Errungenschaften von Microsoft).
Bis 1995 aber war die Funktionalität und Stabilität von MacOS in Kombination mit streng definierter Hardware und linearem Adressraum bei den 680x0 und PowerPC Prozessoren ungeschlagen. Einschalten und losarbeiten. Netzwerkboxen zusammenstecken und kommunizieren (AppleTalk seit 1985!). Es hat einfach funktioniert. Trotzdem war der Mac und damit Apple mit seiner exotischen neuen CPU, seinem in die Jahre gekommenen Betriebssystem und den tiefen Stückzahlen im Markt dem Untergang geweiht. Das Konzept eines geschlossenen, von Apple streng kontrollierten und dafür funktionierenden Systems war gescheitert. Obwohl mein Mac IIfx von 1991 immer noch Klassen besser war als mein neuer PC mit Windows 95.
Heute ist es mein iPhone, von dem ich mich nicht mehr trennen will. Mit dem iPhone waren die Leute von Apple die Ersten (fast), sie waren die Innovativsten, die Besten und sie haben heute die höchsten Margen. All dies war Apple mit dem Macintosh auch. Die Offenheit der Wintel Architektur hat aber trotz allen Kinderkrankheiten gewonnen. Heute, 20 Jahre später, glaube ich, könnte es für Apple funktionieren. Die Zeit der Bastler ist vorbei und das Telefon – so sehr es ein Computer ist – muss einfach funktionieren, schön aussehen und cool sein. Und cool, das waren die Apple Produkte schon immer. Herzliche Gratulation zum Geburtstag, Windows 95.
Dr. Thomas Flatt ist Präsident swissICT, Unternehmer, Berater und Verwaltungsrat