Binnen zweier Jahre gelang es dem Schweizer Start-up Mibex, seine Software nicht nur rund um die Welt, sondern auch in den verschiedensten Branchen zu platzieren. Zu den Kunden der Zürcher gehören heute Hersteller von Rauchmeldern und Hotelmanagementsoftware, Solarenergie-Unternehmen, Regierungsstellen und Ingenieurbüros, Banken sowie Health-Care- und Raumfahrtzulieferer. Für dieses Kunststück peilte Mibex gezielt eine Nische an – und zwar Software-Werkzeuge für Entwickler, genauer gesagt Add-ons für Software von Atlassian.
Kleiner Player im grossen Ökosystem
Das australische Unternehmen ist spezialisiert auf Lösungen für Software-Entwickler und hat einen Marktwert von 3,5 Milliarden Dollar. Berührungspunkte ausserhalb der Entwicklerszene sind die Projektmanagement-Lösung Jira sowie das Enterprise-Wiki Confluence. Im Wesentlichen reitet Atlassian aber auf dem Erfolg der IT-Branche und profitiert vom Umstand, dass heute Unternehmen in praktisch allen Branchen Software-Entwickler anstellen. Diese brauchen Werkzeuge – das ist gut für die Australier, birgt aber auch Probleme. Denn von Branche zu Branche gibt es zahlreiche Spezialanforderungen. Hier kommen Unternehmen wie Mibex ins Spiel.
Als kleiner Player im grossen Atlassian-Ökosystem bieten die Zürcher ihre Software über den AtlassianMarktplatz an. Im Gegenzug bleiben 25 Prozent aller Umsätze beim grossen Partner. Es ist also ein Modell nicht unähnlich Apples App Store oder Google Play für Android. «Als neues Kleinunternehmen ohne Werbebudget kann man global kaum für Aufmerksamkeit sorgen. Deswegen hängten wir uns an Atlassian», so Michael Rüegg, CEO und Co-Founder von Mibex.
Mibex liess dabei bewusst die Flaggschiffprodukte Jira und Confluence aussen vor. Hier gibt es schon zahlreiche Anbieter – sogar in der Schweiz. Stattdessen nahm man Atlassian Bamboo, ausgerichtet auf Continuous Integration, und Stash, ein Enterprise-Repository-Verwaltungstool basierend auf Git, ins Visier. Für diese Produkte entwarf Mibex eine Reihe von Add-ons und stiess auf Interesse. Entwickler aus der ganzen Welt erwerben mittlerweile Lizenzen für Mibex-Produkte wie zum Beispiel Sonar for Stash, welches von Sonarqube gefundene Probleme in Bezug auf Code-Qualität bei Code Reviews direkt in Stash anzeigt.
Zweites Standbein
Natürlich stellt sich auch hier die Frage nach der Nachhaltigkeit des Businessmodells. Schon bei Google und Android sieht man deutlich die Gefahr, Opfer des eigenen Erfolgs zu werden. Denn je erfolgreicher ein Add-on, desto schneller wird es von den Grossen kopiert. Bei den Consumer-Produkten ist das nicht selten gleichbedeutend mit einer Blockade, so dass man nicht einmal mehr als Alternative weiterbestehen kann. Michael Rüegg sieht diese Gefahr bei Atlassian weniger. «Bevor wir eine grössere Produktidee umsetzen, holen wir uns Feedback von Atlassian. Die Australier kommunizieren sehr klar, ob sie etwas Ähnliches geplant haben. Ausserdem ist das Feld so weit, das Atlassian gar nicht alle Anforderungen allein bedienen kann.»
Allein von der eigenen Software kann man bei Mibex noch nicht leben, deswegen hat das Unternehmen ein zweites Standbein: Man hilft Drittunternehmen, Atlassian-Produkte auf die eigenen Prozesse und Workflows anzupassen oder programmiert gleich massgeschneiderte Erweiterungen. Zum Beispiel um Add-ons zu integrieren, die gar nicht zum Atlassian-Kosmos gehören. Parallel arbeitet man bei Mibex an weiteren neuen Lösungen und hofft auf wachsende Popularität der eigenen Produkte. «Anfangs haben vor allem kleinere Unternehmen unsere Add-ons gekauft. Seit mehreren Monaten steigt aber die Lot-Grösse der Lizenzen. Vor kurzem wurde die erste 2000er Lizenz verkauft», freut sich Michael Rüegg.