Der (T)Euro - eine Heraus- forderung für unser Gewerbe

Von Thomas Flatt

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/01

     

Als der Euro eingeführt wurde, wurde er von vielen Europäern als «Teuro» verspottet, da viele Angst hatten, dass mit der Einführung still die Preise angehoben würden. Für viele Teilnehmerstaaten wurde er aber zur Erfolgsgeschichte, denn bis 2007 wuchs das BIP in Euroland und die Währung erstarkte gegenüber dem Franken und dem Dollar. Man sprach sogar von der neuen Reservewährung. Die Euphorie ist nun verflogen und seit dem Entscheid der SNB ist der Euro für uns Schweizer alles andere als ein Teuro. Wir können günstig in Europa einkaufen. Was aber bedeutet dies für unseren IT-Mittelstand? Erste Gespräche lassen mich folgendes Fazit ziehen: Importieren wird günstig – exportieren wird anspruchsvoll. Und folgendes steckt konkret dahinter:
1. Wenn wir (Dienst-)Leistungen exportieren, dann sind wir teurer geworden. Dies tut speziell weh, wenn das Erbringen der Leistung einen hohen variablen Kostenanteil hat und diese Kosten in der Schweiz anfallen.
2. Sind die direkten Kosten für die Produktion (z.B. Software als Produkt) relativ niedrig, tut der Margenverlust zwar weh, kann aber eher absorbiert werden. Ein klarer Hinweis darauf, in welche Richtung sich Unternehmensstrategien entwickeln sollten.
3. Bei Produkten mit einem Alleinstellungsmerkmal wird es möglich sein, einen Teil des Wechselkursnachteils über höhere Preise wieder reinzuholen. Bei «Commodities» aber nicht.
4. Exporteure haben ein Dilemma wenn sie – ihre Kunden beruhigend – versprechen, zumindest einen Teil des Wechselkursnachteils selbst zu absorbieren. Die Kunden fürchten dann, dass sie weniger fürs Geld bekommen. Verspricht man ihnen aber die gleiche Leistung zu einem in CHF tieferen Preis, so könnte der Kunde sich im Nachhinein abgezockt fühlen, wenn der Anbieter nun plötzlich 20% Margenverlust wegstecken kann.
5. Unternehmen, welche einen Teil der Produktion im Ausland haben – also faktisch importieren –, haben zumindest auf diesen Teilen einen Vorteil durch tiefere Einkaufskosten, konkret Near- und Offshoring.
Natürlich sind wir auch im Heimmarkt betroffen. Es gibt Ängste, dass Dienstleister aus der EU jetzt in die Schweiz kommen und uns im Heimmarkt noch mehr angreifen. Diese Befürchtung wird fast am Meisten genannt – noch öfter als die Klage, dass wir im Export zu kämpfen haben.

Keine einfache Situation, trotzdem bin ich zuversichtlich für unsere Branche. Glücklicherweise machen wir viele Geschäfte im Binnenmarkt. Kommen aber unsere Kunden in ihren Märkten unter Druck, dann werden auch wir dies spüren. Deshalb nochmals: wir müssen uns als Branche vom reinen Dienstleister, der Leistungen im Tagessatz verkauft, zum Produktanbieter entwickeln, der sich über Alleinstellungsmerkmale, tiefe direkte Produktkosten und einer Präsenz in internationalen Märkten differenziert.


Dr. Thomas Flatt ist Präsident swissICT, Unternehmer, Berater und Verwaltungsrat


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