Das Silicon Valley ist weltweit berühmt und berüchtigt für seine Tellerwäscher-Geschichten – oder besser Garagengeschichten. Doch zu viel Respekt vor den grossen Playern ist fehl am Platz. Auch für kleine und mittlere ICT-Unternehmen aus der Schweiz bieten sich spannende Optionen.
Die Aufmerksamkeit für innovative Technologien und Service-Ideen ist hoch. In diesem beeindruckenden Ökosystem blühen viele bunte Start-ups, gewinnen Investoren und wachsen in die Profitabilität. Daran können sich Schweizer selbstverständlich beteiligen. Darüber hinaus gilt das Silicon Valley als sehr kompetitiv, und wer mit einer guten Idee hier vorankommt, der ist damit sicher auch gerüstet, noch viel weiter in die Welt hinauszugehen.
Schweizer Werte und Schweizer Hürden
Einigen Kindern ihres Ingenieurs- und Technologieheimatlandes ist der Sprung über den Teich bereits gelungen. Schweizer Werte helfen weiter, meint Samuel Müller, CEO bei Scandit, deren Kerntechnologie auf einem mobil und breit einsetzbaren Barcodescanner-System basiert. «Indem wir unsere Schweizer Hochtechnologie mit einem Marketing- und Vertriebsteam aus San Francisco im Epizentrum der Innovation kombinieren, können wir das beste aus beiden Welten liefern. Dadurch, dass wir in die USA gegangen sind, konnten wir auf die Trends hier aufspringen – Bring Your Own Device und die ganze Consumerization der IT – und unsere Marke noch weiter stärken.»
Die Schweizer Firma Pixlcloud hat derweil einen grossen internationalen Kundenstamm von Fortune-500-Firmen aus San Francisco heraus aufgebaut. Die Firma entwickelt Security-Big-Data-Analytics-Lösungen. CEO Raphael Marty erklärt, dass Schweizer Firmen oft nicht «first movers» bei neuen Technologien sind. Sie wollen solche einsetzen, die sich bereits bewährt haben. Dies macht es für innovative Firmen schwer, in einem vergleichbar kleinen Markt wie der Schweiz schnell neue Innovationen einzuführen.
Ein anderes erfolgreiches Beispiel in den USA ist
Zkipster, eine schnelle und zuverlässige Gästelisten-App für die Veranstaltungsindustrie. Ob bei Eröffnungen, Premieren, Gala-Nächten, Promotionen oder Konferenzen, Zkipster kommt zum Einsatz, wenn der Zulass exklusiv ist und ohne Ticket erfolgt. Die Eincheck-App läuft auf iOS, Android sowie Windows und wird von Event-Profis genutzt. Daniel Dessauges, Mitgründer von Zkipster, hat sein Unternehmen in den USA gross gemacht. Seiner Erfahrung nach «muss jedes Start-up zuerst einmal Klinken putzen – im Gegensatz zu Europa öffnen in den USA aber alle ihre Türen, wenn jemand mit einer innovativen Lösung für ein existierendes Problem anklopft. Viele der weltweit grössten Brands, Medienhäuser, Kunsthändler, Sportklubs, Wohltätigkeitsorganisationen, Marketing- und Event-Agenturen haben hier ihren Hauptsitz und gleichzeitig auch ihren grössten Absatzmarkt. Für uns ist es klar der beste Ort, zu starten.»
Umdenken ist gefragt
Alles geht in den USA in der ICT ein wenig schneller als in der Schweiz. Ideen entstehen, werden vermarktet, gekauft und gehen auch wieder unter. Ein Bankrott gilt als Versuch, den es braucht, um Erfahrungen zu sammeln. Eine Technologie oder eine Dienstleistung muss noch nicht perfekt sein, um Finanzmittel zu gewinnen, wenn der Ansatz vielversprechend ist. Dies erfordert ein Umdenken bei einigen Schweizer Start-ups. Gesucht ist im Silicon Valley und in den USA nicht nur technologische Innovation, sondern auch geschäftliche und marketingtechnische Professionalität – die Fähigkeit, eine grosse Idee zu verkaufen. Und diese Fähigkeit hilft sicher nicht nur in den USA.
Der Nachteil an dieser Mentalität? «Es ist schwieriger als in der Schweiz, nachhaltige Geschäftsbeziehungen aufzubauen», weiss Daniel Dessauges. «Das Geschäftsleben in den USA ist sehr transaktionsbasiert und auf den schnellen Handel aus. Wir möchten unserer Herkunft treu bleiben und arbeiten sehr schweizerisch. Präzis und wenn möglich nie überstürzt. Langfristig glauben wir, ist das der richtige Weg. Ein Geschäft aufbauen ist ein Marathon, kein 100-Meter-Sprint.»
Das Erfolgsgeheimnis vieler Firmen scheint von daher genau der Spagat zwischen beiden Welten zu sein. Diese komplexe Angelegenheit will individuell gut vorbereitet sein, zumal sich die USA rechtlich stark unterscheiden von den Schweizer Rahmenbedingungen. Diverse Trainer und Inkubatoren lassen Start-ups den richtigen Investorenpitch üben – es gilt zu eruieren, ob und welche Services in Anspruch genommen werden sollen. Vor Ort in San Francisco hilft seit August 2014 ein eigenes Büro des Swiss Business Hubs USA Schweizer Unternehmen beim Netzwerken und beim systematischen Markteintritt.
B2B-Reise im September 2015
Switzerland Global Enterprise und der Swiss Business Hub in den USA haben mit dem Branchenverband TCBE und anderen Partnern im September eine Unternehmerreise nach San Francisco und ins Silicon Valley durchgeführt, wo oben erwähnte und weitere erfolgreiche Unternehmer und Unternehmen zu Wort kamen. Im September 2015 wird es wieder eine Möglichkeit geben, sich einer Gruppe von Schweizer Unternehmern anzuschliessen.