Die Idee ist eigentlich weder neu noch originell: Allyou.net bietet eine Plattform, auf der man sich ohne Programmierkenntnisse den eigenen Webauftritt zusammenstellen kann. Nun existieren in diesem Bereich schon dermassen viele Tools und Angebote, dass sich sofort die Frage stellt, wie ein Zürcher Kleinunternehmen auf die Idee kommt, ausgerechnet hier mitmischen zu wollen.
Klare Ausrichtung auf Kreative
Schaut man sich kurz auf Allyou.net um, wird sofort klar, dass eine genau umrissene Zielgruppe angesprochen wird – in erster Linie Grafiker und Fotografen, aber auch andere Kreative. Die Vorlagen, die der User zur Wahl hat, wirken sorgfältig und professionell gestaltet. Sie lassen ausserdem viel Raum für eigene Ideen, es wird wenig starr vorgegeben. Für typografische Finessen stehen über 1000 verschiedene Webfonts bereit. Durch diese Ausrichtung unterscheidet sich Allyou.net bereits von anderen Angeboten.
Firmengründer Christian Weber ist von Haus aus Designer. Er leitet gleichzeitig die Agentur Plasma Design und war Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Allyou.net entstand, weil immer wieder Kunden nach einer entsprechenden Möglichkeit gefragt haben. Also stampfte Plasma Design kurzerhand selbst ein Tool aus dem Boden. Dieses ist schon seit 2011 verfügbar, aber erst im Februar des letzten Jahres wurde daraus eine eigenständige Firma. Alle Mitarbeiter von Plasma Design arbeiten auch bei Allyou.net mit. Insgesamt legen sich fünf Leute dafür ins Zeug.
Persönlicher Kontakt
Die ersten Kunden waren Personen aus dem Bekanntenkreis, und auch heute noch spielt der lokale Bezug eine wichtige Rolle. Obschon die Seite zuerst nur in Englisch aufgeschaltet wurde und die Preise in Dollar angegeben sind, liegt der Anteil der deutschsprachigen Nutzer nach wie vor bei etwa 20 Prozent. «Viele Leute schätzen es, wenn sie direkt bei uns vorbeikommen können – wir bieten auch Workshops in unseren Büros an», erklärt Judith Schmidt, bei Allyou.net für Marketing und Kommunikation zuständig. Und offensichtlich ist dies auch eine Möglichkeit, gegenüber der Konkurrenz aus den USA zu punkten. Dass diese vom Budget her in einer anderen Liga spielt, wird an einem Extrembeispiel deutlich: «Ein Konkurrenzunternehmen hat eine Werbung in der Pause des Super Bowl geschaltet. Das ist wohl der teuerste Werbeplatz überhaupt», erzählt Christian Weber. Allyou.net dagegen verbreitet sich bis heute zu einem grossen Teil über Mund-zu-Mund-Propaganda.
Die kleineren Dimensionen haben aber auch Vorteile. Das Unternehmen aus dem Stadtzürcher Kreis 4 setzt nicht auf Massenabfertigung, sondern auf individuellen Support. «Wir haben einen sehr engen und lebendigen Kontakt mit unseren Kunden», so Judith Schmidt, «sie sagen uns ständig, was ihnen gefällt, was wir noch besser machen könnten oder welche weiteren Funktionen sie noch wünschen». Deshalb glaubt man bei Allyou.net genau zu wissen, was die Kunden wollen und brauchen. Und man kann tun, was man für richtig hält – wo keine potenten Geldgeber im Hintergrund sind, redet auch niemand drein.
Vollständige Eigenentwicklung
Die Plattform wurde von Grund auf selbst entwickelt, und zwar praktisch im Alleingang von einer einzelnen Person. Weber dazu: «Wir haben zuerst mit vorgefertigten Elementen gearbeitet und in einem zweiten Schritt alles selbst gemacht. Das Vorgehen erlaubte uns, schnell etwas auf die Beine zu stellen, um genauer herauszufinden, was wir brauchen.» Die jetzige Lösung ist in Python programmiert und nutzt die Amazon Cloud. Sie wird immer noch laufend weiter entwickelt. Ein wichtiges Feature ist der Frontend-Editor: Anpassungen können direkt auf der Webseite vorgenommen werden. Man strebt eine intuitive Bedienung an, das Erstellen einer Webseite soll Spass machen – so das erklärte Ziel.
Etwa 24’000 User haben sich bis jetzt registriert. Daraus sind laut Schmidt etwa 4000 bis 5000 aktive, fertige Webseiten entstanden. Ein Teil davon – wie viele genau, will man nicht verraten – nutzt das eingeschränkte Gratisangebot, bei dem keine eigene Domain und nur 50 MB Speicher zur Verfügung stehen. Auf jeden Fall zeigt man sich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. «Am schwierigsten ist es am Anfang. Sobald man ein paar bekannte Künstler als Referenz vorweisen kann, muss man nicht mehr alles von Grund auf erklären», meint Weber. Für die Zukunft wünscht man sich mehr Reichweite und ein «natürliches» Wachstum, unter anderem durch Partnerschaften.
(dl)